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Die Patin

Titel: Die Patin
Autoren: Kerstin Gier
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fiel.
    Das war doch einfach nicht zu fassen! Drei Tage lang hatte dieser Mensch mit mir im Bett verbracht, drei Tage lang, in denen nicht selten der Satz »Ich liebe dich« gefallen war; allerdings hatte ich schon davon gehört, dass Männer durchaus inflationär mit diesem Satz umgingen, wenn es um Sex ging.
    Das konnte er aber mit mir nicht machen! Ich war die Patin! Ich hatte Bernhard und Paschulke das Fürchten gelehrt. Ichwürde auch Anton fertig machen. Er würde es noch schwer bereuen, dass er mich benutzt hatte, um seinen Junggesellenabschied zu feiern.
    Ich bestellte mir per Handy ein Taxi, warf mich in rasender Geschwindigkeit in meine Klamotten, dieselben, die ich auch in Bernhards Eck getragen hatte, und schminkte mich sorgfältig. Der Taxifahrer pfiff leise durch die Zähne, als er mich sah. Sehr gut. Genau diesen Effekt hatte ich erzielen wollen. Anton sollte sehen, was er für immer verlor, und es sollte ihm Leid tun!
    Um die Mittagszeit war das Restaurant im Maritim meistens bis auf den letzten Tisch besetzt. Ich sah mich suchend um. Da! Am Fenster mit Blick auf den Rhein, da saßen sie alle, genau wie neulich abends: Urs Körner, seine Frau, Rudolf mit der roten Nase, Polly, Johannes, Frederike und Anton. Nur Frederikes fetter Bruder und seine Frau fehlten.
    Ich hatte den Raum mit wenigen Schritten durchquert und baute mich am Kopfende des Tisches auf wie eine Rachegöttin.
    »Hallo, zusammen«, sagte ich laut, und alle Gesichter wendeten sich mir zu. Ja, da staunten sie aber, was? Vor allem Anton sah überrascht aus, auch wenn er nicht, wie ich gehofft hatte, leichenblass wurde und zu stammeln anfing. Er war so abgebrüht, dass er mich sogar anlächelte.
    »Constanze!«, sagte er und stand auf.
    »Setzen Sie sich doch, meine Liebe«, sagte Polly. »Wir waren gerade dabei...«
    »Ich weiß«, sagte ich und schüttelte Antons Hand ab, die er mir auf den Arm gelegt hatte. »Sie feiern Verlobung! Die Wurzelholzbrille hat es mir verraten. Ich bin auch nur vorbeigekommen, um zu gratulieren.« Ich wandte mich an Frederike, die ein tief ausgeschnittenes grünes Kleid trug und ganz zauberhaft aussah. An ihrem Ringfinger steckte ein fetter, goldener Klunker -ohne Zweifel der Verlobungsring. Gaaaaah! Und mir hatte er nur einen schäbigen Rosenstrauß überreicht, und der war noch nicht mal von ihm selber gewesen! »Herzlichen Glückwunsch zudiesem Verlobten, Frederike! Ich kann nur sagen, mit dem haben Sie das ganz große Los gezogen. Er hat die letzten drei Tage bei mir im Bett verbracht, und das war - überwältigend.«
    »Was?«, rief Frederike aus, und ich glaube, alle anderen riefen auch »Was?«. Vermutlich sogar die an den Nachbartischen.
    »Das stimmt nicht«, sagte Johannes. »Ich schwöre, dass das nicht wahr ist!«
    »Ach ja?«, fuhr ich ihn an und schüttelte erneut Antons Hand ab, diesmal von meiner Schulter. »Und woher willst du das wissen?«
    »Na ja, ich müsste es doch wissen, wenn das stimmte, was du sagst«, stotterte Johannes. Er fuhr sich nervös mit seiner Hand durch die Haare. »Außerdem würde ich nie mit der Freundin meines Bruders etwas anfangen, ganz bestimmt nicht.« An seinem Ringfinger glitzerte der gleiche dicke Goldklunker wie an Frederikes Hand.
    Ich stutzte. Wieso trug Johannes Antons Verlobungsring? Wieso?
    Es dauerte noch etwa eine Sekunde, dann fiel der Groschen, und ich kapierte, dass es Johannes war, der sich hier mit Frederike verlobte, und nicht Anton. Mich überkam wieder die Schüttellähmung von vorhin, Knie, Hände, Zähne, alles begann zu klappern. Diesmal vor Erleichterung. Alle Zahnrädchen in meinem Kopf liefen rückwärts: Anton hatte mich gar nicht verarscht.
    Gott sei Dank!
    Natürlich schauten mich immer noch alle ziemlich entsetzt an, das heißt, alle außer Anton. Der machte sein Nilpferdgesicht und war kurz davor, vor Lachen zu platzen.
    Okay, scheiße, aber wie kam ich nun aus dieser Nummer wieder heraus?
    »Ja, hahaha«, sagte ich. »Daaling as en neten dai! Alter Brauch daheim auf Pellworm. Auf der Verlobungsfeier wird der Bräutigam verarscht. Sind ja alle drauf reingefallen, oder?«
    Kollektives Ausatmen am Tisch.
    »Allerdings«, sagte Urs Körner. »Ich habe beinahe einen Herzanfall erlitten.«
    »Großartige Schauspieldarbietung«, sagte Frau Körner. »Das wirkte wirklich sehr echt.«
    »Täuschend echt«, sagte Polly.
    »Also, ich hab's keine Sekunde lang geglaubt«, sagte Frederike.
    »Wirklich nicht?«, fragte Johannes. »Ich fand's so
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