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Die Patin

Titel: Die Patin
Autoren: Kerstin Gier
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dritte. Ich hatte nicht vor, ihn so schnell wieder wegzulassen, wenn er kam. »Woher wusste Gitti das denn?«
    »Na, von Peters Frau! Sie und Gitti sind doch in demselben Sadisten-Mütter-Clübchen. Sabine hat ihren Kinderchen lauter feine Sachen mitgegeben, die sie in meiner Wohnung verstecken sollten. Das war der schreckliche Geruch, von dem ich dir erzählt habe. Die Schildkröte, Fischstäbchen, Kaugummi, Spinat, Blaubeeren, ein Forellenkopf - alles ganz raffiniert platziert! Du kannst dir die Schweinerei wirklich nicht vorstellen. Ohne Gitti hätte ich das vermutlich nie gefunden!«
    »Auf so etwas muss man ja auch erst mal kommen«, sagte ich und schüttelte mich vor Ekel. »Dass ihr es überhaupt ausgehalten habt in der Wohnung!«
    »Es wurde täglich schlimmer. Am Ende hat es sogar Peter gerochen.«
    »Vorher nicht?«
    Trudi schüttelte den Kopf »Er hat immer gesagt, bei ihm zu Haus röche es auch nicht besser. Kinder würden einfach Gestank verbreiten, das läge in der Natur der Sache.«
    »Und was hat er gesagt, als du ihm die Schildkröte gezeigt hast?«
    »Er hat gesagt, bei Kindern müsse man eben auf alles gefasst sein.«
    »Ja, bei seinen vielleicht«, sagte ich. »Das sind wirklich Ausgeburten der Hölle!«
    »Ja, das sagt Peter auch«, sagte Trudi.
    »Sie haben aber seine Gene«, sagte ich.
    »Richtig«, sagte Trudi. »Weißt du, was komisch ist? Diese tote Schildkröte, die hat mir irgendwie die Augen geöffnet. Sie war ein echtes Lerngeschenk, wenn man es so nennen will. Ich glaube, Peter wollte sich bei mir nur von seinen Kindern und seiner Frau erholen. Und von seiner Verantwortung. Die er ja dann auch noch auf mich abgewälzt hat. Ich sag's wirklich ungern, aber der Typ hatte nichts weiter im Sinn, als ungestört zu vögeln. Hätte ich die Schildkröte nicht gefunden, wäre mir vielleicht niemals klar geworden, dass ich mir dazu viel zu schade bin.«
    »Hört, hört!« Ich hob mein Champagnerglas. Ich war zwar ziemlich sicher, dass Trudi diese Erkenntnis weniger der Schildkröte als vielmehr dem neuen Tai-Chi-Lehrer zu verdanken hatte, aber das war im Grunde doch ganz egal. »Auf die tote Schildkröte!«
    »Auf die Schildkröte«, sagte Trudi feierlich.
    Als Anne klingelte, hatten Trudi und ich bereits die zweite Flasche Champagner geöffnet, und wir hatten beide geduscht. Allerdings hintereinander: Ich wollte immer noch kalt duschen, während Trudi den Toten-Schildkröte-Geruch, der an ihr haftete, lieber heiß abspülen wollte.
    »Du bist ja nackig«, schrie Jasper.
    »Nein, ich habe ein Handtuch an«, sagte ich. »Sogar zwei, siehst du?« Das zweite Handtuch hatte ich mir um die nassen Haare gewrungen. »Möchtest du auch noch duschen, bevor du ins Bett gehst, Jasper?«
    »Ich bin aber überhaupt nicht müde«, schrie Jasper.
    »Ist er wohl«, sagte Anne. »Lass dich nicht von ihm einwickeln. Er braucht seinen Schlaf Es kommen harte Zeiten auf ihn zu.«
    »Wie war's denn beim Anwalt?«, fragte ich.
    Anne antwortete nicht. Genau wie Trudi vorhin war sie schnurstracks in die Küche gelaufen und hatte sich auf einen Stuhl fallen lassen. Sie knallte eine Pappschachtel vor sich auf den Tisch.
    »Champagner?«, fragte Trudi.
    »Du bist ja nackt«, schrie Jasper.
    »Jepp«, sagte Trudi. Sie hatte nicht mal ein Handtuch an.
    »Ihr glaubt niemals, was passiert ist«, sagte Anne.
    Allmählich hatte ich diese Art dramatische Ankündigungen satt. »Fass dich kurz, bitte«, sagte ich.
    »Ist das ein Schwangerschaftstest?«, fragte Trudi und zeigte auf die Pappschachtel, die Anne auf den Tisch geknallt hatte.
    »Jepp«, sagte Anne.
    »Wow«, sagte Trudi. »Also, das ist noch besser als meine tote Schildkröte, das muss ich zugeben. Von Jo?«
    »Jepp«, sagte ich. »Denn Hansjürgen ohne Bindestrich ist kastriert.«
    »Sterilisiert«, sagte Anne.
    »Wow«, machte Trudi wieder. »Also, manchmal kann man nur staunen, was das Universum so alles für einen bereithält, nicht wahr?«
    »Und es kommt noch besser«, sagte Anne und ließ ihren Kopf auf die Tischplatte knallen. »Ich bin nicht nur von meinem heimlichen Liebhaber, den ich gerade mal einen Monat kenne, schwanger, sondern habe soeben auch eine halbe Million Euro geerbt. So über den Daumen gepeilt.«
    »Was?«, schrien Trudi und ich im Chor, und ich setzte kreischend hinzu: »Eine halbe Million Euro Schulden?«
    »Nein! Nein! Nein!« Anne ließ den Kopf bei jedem »Nein!« auf die Tischplatte donnern. Dann erst war sie in der Lage, uns Bericht zu
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