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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Gibt es einen Unterschied und wenn ja: welchen?

    Ich bin fünfzehn.
    Seit genau einer Sekunde.
    Mein Herz schlägt einen Salto.
    „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!“, flüstere ich in die Dunkelheit.
    Der jaulende Klang einer elektrischen Gitarre bringt mich etwas aus dem Konzept. Obwohl ich nicht geschlafen habe (ich war viel zu aufgeregt, um überhaupt ein Auge zuzubekommen), zucke ich zusammen und würge den Klingelton meines Uralthandys schnell ab. Das Gitarrensolo ist ein bisschen zu laut um diese Uhrzeit. Nebenan schlafen meine Eltern, Jakob schnarcht gegenüber leise vor sich hin. Muss nicht sein, dass sie mitbekommen, dass ich mitten in der Nacht telefoniere.
    „Halloo?“, melde ich mich unschuldig und halte die Luft an. Natürlich weiß ich, wer dran ist. Es leuchtet mir in Großbuchstaben vom Display entgegen und ist nicht mal im Dunkeln zu übersehen: PHILLIP .
    „Happy birthday to you, happy birthday to you … “, singt er leise.
    Seine Stimme klingt verschlafen und ein bisschen kratzig. Im Gegensatz zu mir hat er bestimmt schon geratzt. Er muss sich extra den Wecker gestellt haben, um mir als Erster zum Geburtstag zu gratulieren. Der süßeste Junge der Welt hat zu meinem Geburtstag gesungen!
    Neben mir streckt sich Mau und schmatzt. Ich kraule ihn mit einer Hand, während ich Phillips Geburtstagsständchen lausche, das sich langsam in Richtung Finale bewegt. Mau sabbert begeistert.
    „Alles Liebe zum Geburtstag“, sagt Phillip feierlich. „Du hast einen Wunsch frei!“
    „Danke.“ Mein Herzschlag beruhigt sich etwas und macht einem äußerst wohligen Gefühl Platz. Ich kuschele mich tiefer in mein Kissen und presse das Handy ans Ohr.
    „Und?“, fragt Phillip.„Wie fühlst du dich? Anders als gestern?“
    Ich schüttele den Kopf. „Kein bisschen.“
    „Das kommt noch“, verspricht er. „Wart’s ab.“
    „Na, hoffentlich“, seufze ich.
    Phillip muss es wissen. Er ist schließlich ein ganzes Jahr älter als ich.
    Mau springt vom Bett auf die Fensterbank, schiebt seinen Kopf durch einen Spalt im Vorhang und späht hinaus in die Nacht. Sein Schwanz zuckt hin und her. Was er wohl sieht?
    Ich unterdrücke ein Gähnen und frage Phillip, was er mir schenkt. Immerhin ist seit ein paar Minuten offiziell mein Geburtstag. Da wird man sich doch wohl nach den Geschenken erkundigen dürfen, oder? Schließlich möchte ich wissen, worauf ich mich freuen kann. Aber Phillip bleibt stur.
    „Sei nicht so neugierig“, sagt er, sosehr ich auch bettele. „Lass dich einfach überraschen.“
    Wir reden ein bisschen hin und her, über den Vormittag in der Schule, der uns in wenigen Stunden bevorsteht und von dem wir nicht wissen, wie wir ihn überleben sollen, und über meine Geburtstagsparty, die am Abend steigen soll. Mit meinem Geburtstermin hätten meine Eltern sich ruhig ein bisschen mehr Mühe geben können, finde ich. Ich meine, wer hat schon freiwillig am 30. April Geburtstag? In unseren Breitengraden liegt da manchmal noch Schnee. Oder es regnet in Strömen. Echt super für Gartenpartys und Grillfeste. Der einzige Vorteil ist, dass morgen der 1.-Mai-Feiertag ist, denn das bedeutet – bingo! – schulfrei. Juhu!
    Bevor wir uns verabschieden, versuche ich es noch einmal: „Wann krieg ich mein Geschenk? Doch nicht etwa erst heute Nachmittag, oder? Das halt ich nicht aus!“
    „Soll ich’s dir lieber in der Schule geben? Vor allen anderen? Ist nicht dein Ernst, oder?“
    Ich kann geradezu spüren, wie Phillips dunkle Augen tief in meine blicken. Blicken würden, meine ich. Wenn er jetzt hier wäre. Neben mir. In meinem Zimmer. Äh, wo waren wir gerade?
    „Nee, nicht wirklich“, gebe ich zu. „Aber vielleicht vorher?“
    Phillip lacht, aber dann sagt er: „Okay. Wir treffen uns vor der Schule im Park. Halb acht an der Entenbrücke?“
    „Yes!“, jubele ich.
    „Freu dich nicht zu früh“, dämpft er meine Erwartungen. „Du weißt schließlich noch nicht, was es ist!“
    „Egal, ich freu mich trotzdem!“ Und das meine ich genau so, wie ich es sage. „Bis dann!“
    „Bis dann“, sagt Phillip und gähnt.
    Ich habe das Handy gerade fröhlich geknutscht und auf den Nachttisch zurückgelegt, als es sich noch einmal meldet. Diesmal ist es eine SMS , natürlich auch von Phillip: „ SGUTS !“
    SGUTS ? Was soll das denn heißen? Sieben Gartenzwerge unter tausend Socken vielleicht? Sechs große Ufos taumeln südwärts? Hmmm, das ergibt nicht wirklich Sinn. Ich versuche es noch
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