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Babel 2 - Dämonenfieber

Babel 2 - Dämonenfieber

Titel: Babel 2 - Dämonenfieber
Autoren: Cay Winter
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Babels 7. Geburtstag
    Nur fünf Minuten war Maria in der Küche gewesen, doch schon diese kurze Zeit hatte genügt, um im Esszimmer ein weiteres Drama zu entfesseln.
    Zitternd stand Judith in der Ecke, das schmale Kindergesicht tränenverschmiert. Der Rotz lief ihr aus der Nase, und ihren Stoffhund drückte sie sich so fest unter das bebende Kinn, dass sich sein rechtes Ohr von ihren Tränen bereits dunkel gefärbt hatte.
    Marias fünfjährige Tochter war ein Bild des Jammers, und die unregelmäßigen Hickser deuteten darauf hin, dass sich dieser Jammer noch eine ganze Weile in die Länge ziehen würde.
    Babel dagegen saß zwei Meter entfernt an dem großen Eichentisch, stumm wie ein Fisch, und stocherte lustlos auf dem Teller herum, auf dem ein Stück ihres Geburtstagskuchens lag. Ihre Füße baumelten eine Handbreit über dem Boden, und nur die ständig wechselnde Farbe ihrer Strümpfe zeigte ihren inneren Aufruhr an, denn ihre Magie wirkte, ohne dass sie es zu bemerken schien.
    Das Geräusch der über das Porzellan kratzenden Gabel fügte sich unangenehm in Judiths Schluchzen ein.
    Seufzend stellte Maria die Kanne mit dem Kakao auf dem Tisch neben dem Kuchen mit den sieben Regenbogenkerzen ab. Von dem Schriftzug aus rosafarbenem Zuckerguss war nur noch BABE vorhanden. Das L hatten die Mädchen schon verschlungen.
    Natürlich stritten sie sich wieder einmal erst, wenn ihr Vater längst das Haus verlassen hatte, und es blieb Maria überlassen, die beiden zur Räson zu bringen. Dabei wäre es gut gewesen, wenn er den Grund für diesen Streit miterlebt hätte. Oft genug versuchte Maria ihm zu erklären, dass die Beziehung zwischen Hexengeschwistern von vornherein spannungsgeladener war als bei normalen Kindern. Ihre Instinkte sagten ihnen, dass sie die magischen Energien, die sie umgaben, für sich beanspruchen sollten, und sie mussten erst lernen, sie zu teilen.
    Aber davon wollte Christian nichts hören. Er glaubte immer noch, seine Töchter besäßen lediglich Dickschädel und müssten deshalb eben manchmal aneinandergeraten.
    Maria wünschte, es wäre so einfach.
    Während sie sich setzte, fragte sie ungehalten: »Was ist denn nun schon wieder?«, und sofort kam Judith angerannt, um auf ihren Schoß zu klettern. Kein leichtes Unterfangen mit dem Hund im Arm. Dabei berührte ihr kleines Gesicht Marias Bluse, wo es Spuren zweifelhafter Feuchtigkeit hinterließ. Missmutig zog Maria die Augenbrauen zusammen.
    Als ihre Jüngste endlich dort saß, wo sie hinwollte, strich Maria ihr die hellen Strähnen aus dem Gesicht und wischte mit einer Serviette den herunterlaufenden Rotz von der Nase. Große dunkelblaue Augen sahen zu ihr auf, aus denen es ununterbrochen floss.
    »Also?«, fragte sie noch einmal, aber Judith war so aufgebracht, dass sie außer Hicksern nichts hervorbrachte. Daher versuchte Maria ihr Glück bei Babel, deren ehemals weiße Strümpfe inzwischen grasgrün waren. »Willst du mir vielleicht erklären, was schon wieder bei euch los war?«
    Nur langsam hob Babel den Kopf, um ihre Mutter zwischen ihren Haarsträhnen hindurch anzusehen, wie sie es immer tat, wenn sie testen wollte, ob wirklich eine Antwort von ihr verlangt wurde. Der Blick der grauen Augen war ruhig, fast distanziert, und viel zu alt für ein Mädchen, das gerade seine ersten Sätze schreiben lernte.
    Wenn Maria ihre Töchter so nebeneinander sah, kam sie nicht umhin, die gravierenden Unterschiede zwischen ihnen festzustellen. Die meisten Leute bemerkten schnell, dass Judith die Aufgewecktere von beiden war. Sie lachte viel und verfügte über eine überschäumende Energie. Kaum eine Minute konnte sie still stehen, immer gab es für sie etwas zu entdecken.
    Babel hingegen war ruhiger, nachdenklicher. Oft konnte sie stundenlang in einer Ecke sitzen, in der sie Gott weiß was sah -wie eine Katze, die eine Maus belauerte. An den meisten Kinderspielen fand sie wenig Gefallen und tat das auch kund. Sie war in allen Dingen viel zögerlicher als ihre jüngere Schwester, skeptischer, aber auch anspruchsvoller. Daher war es nicht verwunderlich, dass Judith stets schneller Anschluss fand als ihre Schwester und ihr die Herzen der Leute nur so zuflogen. Alles an ihr schien einen Ton freundlicher; als hätte der Charakter auch das Äußere bestimmt. Ihr Haar war so hell wie Porzellan, während Babels von einem tiefen Blond war. Wo Judiths Augen strahlend blau leuchteten, blickten einem aus Babels Gesicht graue Augen entgegen.
    Als hätte jemand einen
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