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Babel 2 - Dämonenfieber

Babel 2 - Dämonenfieber

Titel: Babel 2 - Dämonenfieber
Autoren: Cay Winter
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Schleier über Babel gelegt, der sie verdunkelte.
    Über die eigenen Gedanken erschrocken, schüttelte Maria den Kopf. Laut hätte sie es nie zugegeben, aber manchmal überlief sie eine Gänsehaut, wenn sie Babel anschaute, und eine unbestimmte Furcht überfiel sie. Als würde Babel eines Tages auf Wegen wandeln, auf denen Maria ihr nicht folgen konnte. Schon jetzt war zu erkennen, dass sie über sehr viel magisches Potenzial verfügte, und die Möglichkeiten, die eine solche Macht mit sich brachte, konnten immer Fluch und Segen gleichzeitig sein.
    »Sie ist dumm«, sagte Babel plötzlich, und ihre Stimme zitterte vor Aufregung, während ihre kleinen Finger weiterhin die Gabel fest umklammerten und die Zinken über den Teller schabten.
    »Das ist aber nicht nett, so etwas zu sagen«, erwiderte Maria und stützte das Kinn in die Hand.
    Babels Gesicht verzog sich in der typischen Manier eines Kindes, das sich ungerecht behandelt fühlt.
    »Ist aber wahr!«, stieß sie hervor, worauf Judith erneut laut aufschluchzte. Unwillig presste Babel die Lippen aufeinander.
    »Warum sagst du das über deine Schwester?«
    »Weil sie immerzu Angst hat.«
    »Wovor denn?«
    Wieder dauerte es eine Weile, bis Babel antwortete, und ihre Worte waren so leise, dass Maria Mühe hatte, sie zu verstehen. »Vor Urgroßmutter Käthe …«
    Beunruhigt schaute Maria auf Judith herab, die inzwischen dazu übergegangen war, das bereits nasse Ohr des Stoffhunds in den Mund zu stecken und darauf herumzukauen. Auf Marias Frage: »Ist das wahr?«, brachte sie nur ein erneutes, gedämpftes »… hicks …« heraus.
    »Himmel noch mal. Macht jetzt mal eine von euch den Mund auf, oder muss ich euch alles aus der Nase ziehen?« Manchmal glaubte Maria wirklich, dass sie die stursten Kinder der Welt hatte. Sie war sich mit Christian nur noch nicht einig, ob die beiden den Dickschädel von ihr oder von seiner Seite der Familie geerbt hatten.
    »Oma Käthe ist zu Besuch …«, flüsterte Babel und schaute kurz in eine Ecke des Zimmers, doch als Maria ihrem Blick folgte, konnte sie dort nichts weiter erkennen als einen Stapel alter Platten und einen halb eingegangenen Affenbrotbaum. Die Sonne ließ die Staubpartikel in der Luft tanzen.
    »Sie ist hier?«
    »Seit heute Morgen.«
    Maria stellte es die Nackenhärchen auf, als sie versuchte, in dem flackernden Licht etwas auszumachen. Aber ihre Augen konnten nichts erkennen, und auch die Energien zeigten keine Veränderung an.
    Es war nicht das erste Mal, dass Babel die Toten sah. Dieses Talent war zwar mit den Jahren schwächer geworden, aber nie ganz verschwunden. Mit Toten, die eine Verbindung zu ihr besaßen, wie zum Beispiel längst abwesende Verwandte, konnte sie immer noch sehr leicht in Kontakt treten, dabei war Käthe eigentlich nicht Babels Großmutter, sondern Marias. Sie war lange vor der Geburt der Mädchen gestorben. Was sie wohl an diesem Tag bei ihnen wollte?
    Weder Maria noch Judith konnten sie sehen, und manchmal verspürte Maria so etwas wie leise Eifersucht. Aber die magischen Talente verteilten sich nun einmal nicht danach, wie es den Empfängern am genehmsten wäre. Sie hatte immer geahnt, dass ihre älteste Tochter über Kräfte verfügte, die ihr und Judith fremd bleiben würden. Das hatte einen Graben geschaffen, der zwischen Mutter und Tochter nicht existieren sollte. Auch nicht zwischen Schwestern – und Maria versuchte mit allen Mitteln zu verhindern, dass Babel vor der Zeit davon erfuhr. Manchmal hegte sie jedoch den Verdacht, dass Babel bereits ahnte, was in ihrem Kopf vorging.
    Jetzt zum Beispiel, als der Blick dieser grauen Augen fast sezierend auf ihr ruhte.
    Sie bemühte sich um ein Lächeln, aber es gelang ihr nicht.
    Auf einmal rutschte Judith wieder von ihrem Schoß und lief zur Terrassentür. Ihre winzige Hand legte sich auf das fleckige Glas, neben die Stelle, an der sich ein Schmetterling niedergelassen hatte. Vielleicht war er durch ein offenes Fenster ins Haus gelangt. Es war ein schönes Exemplar, burgunderrote Schwingen mit gelbem Rand, die im Sonnenlicht leuchteten.
    Plötzlich schien aller Jammer vergessen, Judith strahlte, als sie sich begeistert umdrehte und rief: »Guck, Mama!«
    So war es immer mit ihr. Zwischen zu Tode betrübt und himmelhoch jauchzend in weniger als zehn Sekunden.
    Könnten wir doch alle so sein, dachte Maria. Stattdessen sagte sie leise zu Babel: »Geh zu ihr. Sie ist deine Schwester.« Dabei beugte sie sich zu ihrer Tochter, um ihr die Hand auf
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