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Babel 2 - Dämonenfieber

Babel 2 - Dämonenfieber

Titel: Babel 2 - Dämonenfieber
Autoren: Cay Winter
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seinen eigenen Willen an sie verlor und in einer verrottenden Hülle gefangen wurde. Lieber ertrug sie den Schmerz, den sein Verlust ihr bereitete.
    Noch einmal schaute sie sich zu der Grabstelle um. Dort stand noch immer der Mann im Overall, der gelangweilt mit der Schuhspitze Erde in das Loch kickte, während er darauf wartete, ob weitere Leute zu Sonjas Beerdigung auftauchten, die er informieren musste.
    Sie wandte sich wieder ab und ging nachdenklich weiter.
    Vielleicht sollte sie sich auch gar keinen Kopf machen. Vielleicht gab es im Universum mehr Zufälle, als sie annahm, und irgendein Angestellter hatte tatsächlich einen Fehler begangen. Das kam vor. Das Internet war immerhin voll mit Videos, in denen Menschen die verrücktesten Dinge passierten.
    Zufällig.
    Und manchmal überlebten sie die sogar. Sonja würde es dort, wo sie jetzt war, schließlich gleichgültig sein, ob ihre Leiche den Weg in dieses ausgehobene Loch fand oder mit einer falschen Beschriftung in irgendeinem Kühlraum lag. So viel stand fest.
    Hexen waren von Natur aus nicht besonders religiös, weil sie genau wussten, dass der von den meisten Kirchen propagierte Himmel nicht auf die Toten wartete, sondern einfach eine neue Daseinsform auf einer anderen Ebene. Solange ihre sterblichen Überreste nicht in nekromantischen Ritualen verwendet wurden, die ihre Ruhe störten, interessierte es die Toten nicht, was genau damit geschah. Das war auch der Grund, warum sich die meisten Hexen für eine Feuerbestattung entschieden. So gingen sie sicher, dass mit ihren Körpern kein Schindluder getrieben wurde.
    Sollte Babel die Sache also einfach auf sich beruhen lassen und darauf vertrauen, dass irgendwem schon einfallen würde, in welchem Kühlraum Madame Vendome aus Versehen gelandet war?
    Wahrscheinlich wäre es für ihre geistige Gesundheit besser, wenn sie nicht überall Gefahr witterte. Nicht hinter jedem Ereignis steckte eine Verschwörung der magisch Aktiven.
    Nein, aber es schadet nicht, auf der Hut zu sein. Wer über große Macht verfügt, wird immer irgendwann von Gier erfasst, da kannst du jeden Politiker oder auch Konzernchef fragen. Die Gier äußert sich nur unterschiedlich.
    Aber was geht mich das an? Ich bin nicht für alles verantwortlich.
    Natürlich. Du kannst dich zurücklehnen und entspannen.
    Warum sollte dich der Gedanke an eine verschwundene Leiche und das, was man möglicherweise damit anstellen könnte, auch beunruhigen? Die Bilder daran werden dich schon nicht um den Schlaf bringen …
    Verdammt!
    Misstrauisch schaute sie in den Himmel, als würde dort eine Antwort auf die Frage stehen, ob sie dieser Sache nachgehen sollte. Aber das Blau leuchtete noch genauso unschuldig wie zuvor.
    Nein, der Himmel interessierte sich wirklich nicht für die Toten.
    Tief beunruhigt ließ Babel den Friedhof hinter sich.

2
    Während der Fahrt in das kleine Büro, das sich Babel mit ihrem Geschäftspartner Karl teilte, kreisten ihr die Bilder von Toten im Kopf, die zurück ins Fleisch gezwungen worden waren. Das unangenehme Gefühl in ihrem Magen verband sich mit der ohnehin dünner werdenden Geduld zu einer angriffslustigen Grundstimmung.
    So war es kein Wunder, dass sie keineswegs freundlich auf den Polizisten reagierte, der sie zur Seite winkte, als sie mit ihrer alten MZ 250 in die Straße einbog, in der das Büro lag.
    »Wissen wir denn, was wir falsch gemacht haben?«, fragte der Beamte selbstgefällig und brachte damit Babels Fass zum Überlaufen.
    Genervt schob sie ihr Visier hoch und erwiderte barsch: »Ich weiß ja nicht, was Sie heute schon falsch gemacht haben, aber ich bin falsch in eine Einbahnstraße gebogen.«
    »Wenn Sie es wissen, warum tun Sie es dann, junge Frau?«
    »Weil hier Gott verdammich noch mal kein Aas langfährt!« Sie deutete auf die wie tot daliegende Straße. Sein Blick folgte ihrem Fingerzeig, wobei er die Stirn runzelte, als wäre ihm gerade erst bewusst geworden, wo er sich eigentlich befand.
    Unsanierte Häuser hielten sich gerade so aufrecht, und mit Plakaten überklebte Schaufenster vermittelten den Eindruck von Barrikaden. Es schien, als hätte die Stadtverwaltung die Straße vergessen. Wenn sich doch einmal ein Auto hineinverirrte, fuhr es so langsam, dass bei einem Unfall höchstens Blechschaden entstand, weil sich der Autofahrer die ganze Zeit fragte, wieso er überhaupt hier eingebogen war. Warum die Stadt ausgerechnet an dieser Stelle eine Verkehrsstreife einsetzte, war Babel ein völliges
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