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Die Patin

Titel: Die Patin
Autoren: Kerstin Gier
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erstatten, wenn auch unter Tränen. Ihr Vater, ein Beamter im Ruhestand, hatte zwar seine ganze Rente für seine Pflegekosten aufgewendet, aber die Lebensversicherung, die ihm zu seinem fünfundsechzigsten Lebensjahr ausgezahlt worden war, hatte er Gewinn bringend angelegt und vierzehn Jahre völlig unangetastet auf der Bank liegen lassen.
    »Und ich hatte keine Ahnung davon«, schluchzte Anne. »Wie viele Sorgen hätte ich mir gar nicht erst gemacht, wenn ich gewusst hätte, dass ich mal so viel Geld erben würde!«
    »Na ja, dein Vater hatte es wahrscheinlich selber vergessen«, sagte ich. Das war doch wirklich mal eine gute Neuigkeit. Die höhere Ordnung hatte einen ihrer besseren Tage, heute.
    Nur Trudi tat so, als wäre es völlig normal, mal eben eine halbe Million zu erben, gerade, wenn man das Geld am nötigsten brauchte.
    »Du hast nach Geld gerufen, und das Universum hat es dir geschickt«, sagte sie. »So funktioniert das eben in unserem kosmischen System: Jeder bekommt, was er benötigt.«
    »Schön wär's«, sagte ich. Mein Vertrauen in unser kosmisches System war nicht ganz so grenzenlos. Die meisten Dinge hatten doch irgendeinen Haken, oder?
    »Jetzt kann ich Jo wenigstens sagen, ich hätte eine schlechte und eine gute Nachricht«, sagte Anne. »Ich bin schwanger, Schatz, aber ich kann selber für das Kind sorgen.«
    »Hast du den Test denn überhaupt schon gemacht?«, fragte ich.
    »Ich bin Hebamme, ich kenne mich damit aus«, sagte Anne. »Dafür brauche ich keinen Test. Ich habe ein Brötchen im Ofen. Ein Huhn im Rohr. Einen blinden Passagier an Bord. Bin angepiekst, guter Hoffnung, erwarte ein Kind, bekomme Nachwuchs ...«
    »Ist ja gut, ich hatte es schon beim Brötchen verstanden«, sagte ich.
    »Auf das Universum!« Trudi goss uns allen Champagner ein. Als Anton klingelte, war auch die dritte Flasche schon geköpft. Und ich war ziemlich beschwipst. Wir alle waren ziemlich beschwipst. Der Einzige, der nüchtern war, war Jasper, und der lag oben in Julius' Bett. Soweit ich mich erinnerte, hatte er uns allen einen Kuss gegeben, sich selber den Schlafanzug angezogen, die Zähne geputzt und war ins Bett gegangen. Die Sache hatte bestimmt auch einen Haken.
    Anne öffnete Anton die Tür, weil sie die Einzige von uns war, die angezogen war.
    »Wir sind alle in der Küche«, sagte sie.
    »Alle?«, hörte ich Antons Stimme fragen. Es klang entgeistert.
    Als er in die Küche kam, konnte man seinem Gesichtsausdruck noch ansehen, dass er sich nicht besonders gefreut hatte, Anne zu sehen. Als sein Blick nun auf die nackte Trudi fiel, sah er noch weniger erfreut aus.
    »Überraschung«, flötete Trudi.
    »Wieder mal Probleme, Mädels?«, sagte Anton.
    »Kann man wohl sagen«, sagte Trudi und schlug kokett ihre Beine übereinander.
    Anton sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Man könnte glatt denken, du hast Angst, mit mir allein zu sein«, sagte er, aber dabei lächelte er sein umwerfendes Anton-Lächeln, und mein Herz machte einen Satz vor Freude.
    »Bin ich froh, dich zu sehen«, sagte ich und fiel ihm um den Hals. Vor lauter Freude vergaß ich, das Handtuch über meiner Brust zusammenzuhalten. Es fiel zu Boden.
    »Ich bin auch froh«, sagte Anton, als er mich wieder losließ. Er hatte auch noch eine Flasche Champagner mitgebracht, die er ohne zu fragen in den Kühlschrank stellte. Und Rosen hatte er auch dabei, einen dicken Strauß purpurroter, duftender Rosen. Die waren von seiner Mutter für mich, aus dem eigenen Garten. Anton füllte meinen Bowle-Topf mit Leitungswasser und stellte die Blumen hinein.
    »Wie nett von deiner Mutter«, sagte ich entzückt.
    »Als kleines Dankeschön für deinen Anteil an der Fusion mit Körner«, sagte Anton und bückte sich nach meinem Handtuch.
    »Bitte schön«, sagte er und hielt es Trudi hin.
    »Champagner?«, fragte Trudi, das Handtuch ignorierend. Ich nahm es Anton aus der Hand und wickelte mich wieder darin ein.
    »Also, was genau liegt denn an?«, fragte Anton in einem sehr sachlichen Tonfall. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich. Man hätte meinen können, er sitze im Konferenzsaal seiner Kanzlei und beriete sich über einen wichtigen Fall.
    »Och, nichts Besonderes«, sagte Anne. »Nur dass ich soeben eine halbe Million geerbt habe und schwanger bin.«
    Trudi und ich beeilten uns, noch ein paar zusätzliche Informationen beizusteuern, damit Anton die Kompliziertheit der Lage begriff. Aber er zog nur seine Augenbraue hoch und sagte: »Also, ich finde,
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