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Die Patin

Titel: Die Patin
Autoren: Kerstin Gier
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ihm.
    »Musste weg, wollte dich nicht wecken. Du hattest den Schlaf wirklich verdient. A.«
    Ich küsste den Zettel verliebt. Dann erst entdeckte ich den Zettel darunter. Es war eine meiner Listen, und zwar eine mit der Überschrift: »Was ich unbedingt noch erleben muss, bevor ich vierzig werde«. Keine Ahnung, wo Anton die gefunden hatte, aber er hatte hinter einige Punkte ein Häkchen gemacht, und unten drunter stand: »Um die anderen Dinge kümmern wir uns später.«
    Ich küsste auch diesen Zettel, nahm dann eine Dusche, machte mir einen Kaffee und überlegte, welche meiner Freundinnen ich als erste anrufen und von meinem Wochenende erzählen sollte.
    Ach, vielleicht sollte ich einfach zuallererst bei Anton anrufen. Ich hatte schon so lange nicht mehr seine Stimme gehört. Und wir konnten gleich klären, welchen Punkt wir als Nächstes abhaken wollten.
    Antons Handy war abgestellt, also versuchte ich es in der Kanzlei. Nach dem zweiten Klingeln hob Antons Sekretärin ab, die Wurzelholzbrille, die in Antons Partner verliebt war.
    »Kanzlei Alsleben und Janssen, guten Tag, was kann ich für Sie tun?«
    »Constanze Bauer, hallo, Frau Wu - Frau Möller!«, sagte ich. »Könnte ich bitte mit Anton sprechen?«
    »Oh, Frau Bauer, tut mir Leid, Herr Alsleben ist nicht im Hause. Er ist gerade eben zum Maritim aufgebrochen. Dort findet das Essen mit der Familie statt. Das Verlobungsessen.«. Die Wurzelholzbrille lachte. »Sollte wohl ein Geheimnis bleiben, aber Herr Alsleben hat sich verraten. Wir sind ja hier aus allen Wolken gefallen, und Sie?«
    Ich fiel auch gerade aus meiner Wolke Sieben. »Verlobungsessen? Familie?«, wiederholte ich völlig verdattert. »Wer verlobt sich denn?«
    »Ach, dann wissen Sie es noch gar nicht?«, rief die Wurzelholzbrille, entzückt, mich informieren zu dürfen. »Na, der Herr Alsleben verlobt sich.«
    »Der Herr Alsleben verlobt sich?«, echote ich. »Mit wem denn?«
    »Ja, wir sind hier auch alle völlig aus dem Häuschen, das können Sie mir glauben. Das ging ja auch so schnell, da hat ja nun keiner mit gerechnet«, sagte die Wurzelholzbrille. »Herr Alsleben und Frau Körner, wer hätte das gedacht?«
    Na, ich jedenfalls nicht.
    »Körner? Frederike Körner?«, fragte ich.
    »Genau«, sagte die Wurzelholzbrille. »Waren ja auch lange genug allein, die beiden.«
    Das hübsche Gesicht von Frederike Körner, ihre roten Locken und ihre tadellose Figur erschienen vor meinem inneren Auge. Ich sah ihre Hand, wie sie auf Antons Arm lag, ich sah ihr zweideutiges Zwinkern, und ich sah, wie sie sich mit ihrer Zunge über die Lippen fuhr, wenn sie mit Anton sprach.
    »Die kennen sich ja von Kindesbeinen an, da hätten sie sich ja nicht so viel Zeit lassen müssen, was? Aber so ist das, nicht wahr? Manchmal braucht man ein paar Jahre, bis man begreift, wer derRichtige ist.« Die Wurzelholzbrille kicherte. »Fast acht Jahre hatten sie sich nicht gesehen, dann ein Abendessen und - Bingol«
    »Bingo«, wiederholte ich. Eine Art Schüttellähmung hatte meinen ganzen Körper erfasst, die Zähne klapperten, die Beine wackelten, und ich hatte große Mühe, das Telefon festzuhalten, so sehr zitterten mir die Hände. In meinem Kopf begannen sich tausend ineinander greifende Rädchen zu drehen. Und alles mündete in einer einfachen, ziemlich platten Formel: Ich war verarscht worden!!! Ich war verarscht worden!!!!
    »Das ist ja so romantisch«, sagte die Wurzelholzbrille. »Da wäre ich gern dabei gewesen, bei diesem Abendessen.«
    »Ich war dabei«, sagte ich. Oh Gott, ja, ich war dabei gewesen. Ich war Zeuge dieser denkwürdigen Wiederbegegnung gewesen. Anton hatte mich ja so was von dreist angelogen, hinterher. Von wegen, er hatte gar nicht bemerkt, wie diese rothaarige Schlange ihn beflirtet hatte! Ha! Gegen ihn war ja selbst Lorenz ein Waisenknabe. Obwohl er schon gewusst hatte, dass er sich mit Frederike verloben würde, hatte er mich noch ins Bett gelockt.
    »Das ist wahrscheinlich alles wegen der Firmenfusion«, sagte die Wurzelholzbrille vertraulich. »Man sagt ja nicht umsonst, dass Geld immer Geld heiratet, nicht wahr? Die Eltern sind, wie man hört, trotz des überstürzten Tempos, ganz begeistert. Sind aber auch ein nettes Paar, die beiden. Finden Sie nicht?«
    Das war zu viel. »Ganz und gar nicht«, brüllte ich in den Hörer. »Nett ist etwas anderes!« Und dann nahm ich das Telefon und warf es so fest ich konnte gegen die Wand, wo es in seine Einzelteile auseinander brach und auf den Boden
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