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Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness
Autoren: Aufbau
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ich zurückkam, war sie verschlossen.«
    Ich lege meine Sachen auf die Umzugskiste und lasse den Zettel mit einer schnellen Bewegung in der Tasche verschwinden. Wolfboy scheint nichts zu merken.
    »Ich hatte vergessen dir zu sagen, dass es keine Toilette gibt.«
    »Schon okay. Ich hab mich in die Büsche geschlagen.« Ich setze mich aufs Sofa. Jetzt bin ich wieder da, wo ich angefangen habe. Angriff ist die beste Verteidigung. »Und wo duschen Thom und Paul?«
    »Bei mir. Oder gar nicht. Auf der anderen Seite des Brunnens ist eine öffentliche Toilette, aber bis dahin ist es ein ganzes Stück. Warst du auch eingeschlafen?«
    , fragt Wolfboy.
    »Hmm. Was glaubst du, wie lange wir gepennt haben?«
    »Keine Ahnung.« Wolfboy strubbelt sich durchs Haar und setzt sich neben mich. Ich riskiere einen Blick zu ihm. Er sieht wieder aus wie er selbst, nur mit müden Augen und zerzausten Haaren. »Ich hab ein bisschen nachgedacht.«
    Mein Magen zieht sich zusammen. »Ja?«
    »Ich frage mich, ob meine Eltern wohl wissen, dass Ortolan wieder im Land ist.«
    Das nervöse Gefühl legt sich. Ich dachte, er wollte etwas anderes sagen.
    »Fragen sie dich nie, ob du sie siehst?«
    »Wenn überhaupt, spreche ich nur mit meiner Mutter. Und die hab ich seit Monaten nicht angerufen. Wir reden sowieso nie über irgendwas Wichtiges.«
    »Hast du dir nie Gedanken über Diana gemacht, über das Kind, meine ich?«
    »Als ich erfahren hab, dass Ortolan ein Baby hat, war ich ja noch jünger. Da hab ich keine Fragen gestellt. Ich hab einfach nicht darüber nachgedacht. Aber jetzt, wo ich darüber nachdenke, möchte ich etwas machen.«
    »Was denn?«
    »Ich möchte mit Ortolan sprechen. Sie ein paar Sachen fragen.«
    »Das ist eine gute Idee«, sage ich. Schweigend zwirbelt er die Enden seines T-Shirts in den Händen. »Dumeinst jetzt gleich, oder?«
    Hier kann man vermutlich alles zu jeder Zeit machen.
    »Ich will zu ihr, bevor ich Schiss kriege.« Er verstummt.
    »Soll ich mitkommen?«
    , frage ich.
    »Ich glaub, da muss ich allein durch.«
    »Ach so.« Ich spüre einen Stich der Enttäuschung, obwohl ich selbst eben noch abhauen wollte.
    »Ich dachte mir, ich könnte dich ein Stück begleiten und dir zeigen, wo du ein Taxi bekommst. Dann kann ich weiter zu Ortolan.«
    Das klingt gut. Damit komme ich klar.
    »Du bist mutig«, sage ich.
    Er sieht mich mit einem seltsamen Blick an. »Du bist auch in Orphanville eingebrochen, weißt du noch?«
    »Ich meinte etwas anderes.«
    Wolfboy muss Paul eine Nachricht schicken, um an Ortolans Adresse zu kommen.
    »Wieso hat Paul Kontakt zu ihr?«
    »Weil er weiß, dass ich keinen habe.«
    Wolfboy schaltet das Licht aus und lässt die Schokoriegel für Paul und Thom da. Ich rette die Unterhose aus dem Milchkrug und spanne sie über den Lampenschirm, damit die beiden was zum Nachdenken haben.
    An der Tür dreht Wolfboy sich zu mir um. »Was stand auf dem Zettel?«
    »Auf welchem Zettel?«
    Die Lüge kommt ganz automatisch. Er soll nicht wissen, dass ich beinahe ohne Abschied gegangen wäre. Ich weiß nicht, ob er mir das verzeihen würde.
    »Das Blatt Papier, das du vom Couchtisch genommen und in die Tasche gesteckt hast.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.« Wenn ich einmal angefangen habe zu lügen, kann ich nicht mehr aufhören. Ich schäme mich zu sehr, um die Gedanken zu erklären, die ich hatte. Er würde mich für total neurotisch halten.
    Er zuckt die Achseln und geht hinaus. Ich hole ihn schnell ein und hake mich bei ihm unter.
    Wir gehen durch die Seitenstraßen von Shyness, einen Weg, den ich nicht kenne. Der Mond ist schon wieder gewandert und hat sich hinter einer Wolkendecke versteckt. Oder die Wolken sind gewandert und der Mond ist geblieben, wo er war. Wer weiß, wie das hier funktioniert.
    »Dann siehst du gleich den Morgen in Panwood.« Ich ziehe Wolfboy am Arm. »Bist du aufgeregt?«
    »Das ist ganz schön lange her.«
    »Ich würd dir ja meine Sonnenbrille leihen, aber ich hab sie bei dir zu Hause vergessen.«
    »Du hast so einiges bei mir vergessen.« Er schweigt einen Moment. »Wann sehen wir uns wieder, damit ich es dir zurückgeben kann?«
    »Ich dachte mir, du könntest meine Sachen bei ein paar Kidds deponieren, und dann breche ich in ihr Geheimversteck ein, hol sie mir zurück und verschwinde, ohne mich erwischen zu lassen.«
    »Toller Plan.« Er lächelt, aber er bedrängt mich nicht weiter. Schade. Ich hätte einfach bald sagen sollen, anstatt seine Frage ins Lustige zu ziehen.
    Die
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