Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Nacht von Shyness

Die Nacht von Shyness

Titel: Die Nacht von Shyness
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
dass Wolfboy den gleichen Döner gegessen hat wie ich.
    Als ich ins Wohnzimmer zurückkomme, sitzt Wolfboy im Schaukelstuhl und schiebt sich einen Schokoriegel rein. Er hat die Plastiktüte mit Kräutern auf dem Schoß und im ganzen Zimmer riecht es nach Pizza. Wolfboy hat die Backen voll mit Schokolade und Karamell. Er hält mir das Handy hin, sodass ich die Nachricht auf dem Display lesen kann.
    bin VERLIEBT
    verliebt in Großbuchstaben Wolfboy grinst. »Dazu musst du wissen, dass Paul sich mindestens einmal pro Woche verliebt. Der kommt so bald nicht nach Hause. Er und Thom sind auf einer Party auf dem Land.«
    Ich kann den Blick nicht von der Tüte auf Wolfboys Schoß wenden. Die ganze Zeit hatten wir Schokolade dabei. Wieso wusste ich nichts davon? Mein Magen knurrt. »Hast du noch so was?«
    »Oh, ’tschuldigung.« Wolfboy hält mir die Tüte hin. Er sieht mir einen Moment zu lange in die Augen, dann senkt er den Blick. Ich frage mich, ob er es wohl auch so stark empfindet wie ich, dass wir miteinander allein in einem Haus sind. Es ist anders als vorher in Wolfboys Haus. Zum Glück sind Paul und Thom nicht zivilisiert. Wenn da nun ein riesiges Doppelbett mitten im Zimmer stünde … Das wär vielleicht peinlich.
    Ich krame in der Tüte, bis ich einen Riegel finde, reiße das Papier ab und futtere die Schokolade. Der süße Geschmack erfüllt meinen Mund. Kleine Organokrümel haben sich in meinen Bissen verirrt, aber das ist mir egal. So lecker!
    Wolfboy steht auf und geht zum Waschbecken.
    »Mir fällt gerade ein, dass wir Blakes Rad am Zaun gelassen haben«, sage ich zu seinem Rücken. »Und deins auch.«
    Seine Stimme schwebt um die Ecke. »Ich hole die Räder ein andermal. Wenn sie geklaut sind, besorge ich Blake ein anderes. Mit meinem fahre ich sowieso nie.«
    Ich ziehe mir noch einen Schokoriegel rein und sehe, dass Wolfboys Rucksack an der Haustür liegt. Ich legeden Pulli auf den Boden und räume meine Sachen darauf. Brieftasche, Handy, Schlüssel, Lippenpflegestift, der Bierdeckel, den ich im Little Death mitgenommen habe. Mein Handy ist immer noch ausgeschaltet.
    Mist.
    Meine Mutter.
    Ich bin bestimmt schon Stunden über die Zeit.
    Sie hat keine Ahnung, wo ich stecke. Ich bin schon öfter weggeblieben, aber meistens hatten wir uns dann vorher gestritten, und es war auch nie die ganze Nacht. Ich sage ihr immer, wo ich bin, das haben wir so abgemacht. Ich packe die Sachen in den Pulli, nur mein Handy lasse ich draußen.
    Dann setze ich mich aufs Sofa und warte darauf, dass mein Handy sich einschaltet.
    Wolfboy kommt ohne Hemd zurück ins Zimmer und trocknet sich mit einem kleinen Handtuch unter den Armen ab. Seine Brust ist nicht so behaart, wie ich gedacht hätte. Es ist noch keine Stunde her, dass ich mit meinem Gesicht ganz nah an seinem war, meine Lippen auf seinen. Mein Handy piepst einmal.
    Zweimal.
    Dreimal.
    Vier.
    »Deine Mutter?«
    , fragt Wolfboy.
    Ich habe vier Nachrichten – zwei auf der Mailbox und zwei SMS. Oje. Die Mailbox kann ich nicht abhören, nicht jetzt. Ich lese die Textnachrichten.
    Schatz, sag mir nur Bescheid, dass alles okay ist, mehr nicht.
    Meine Mutter ist der einzige Mensch, der SMS in korrekterRechtschreibung schreibt und sich weigert, Abkürzungen zu benutzen.
    Zweite Nachricht: PS: Ich bin nicht sauer. Bleib, wo du bist, aber sag mir, dass alles okay ist.
    Ich bin nicht sauer. Wieso nicht? Sie sollte sauer sein. Es sei denn … Vielleicht hat ihr jemand erzählt, was in der Schule abgeht. Mir fällt aber niemand ein, der das getan haben könnte. Ich bin die Einzige in den PlexusBauten, die zur Southside geht. Sie kann es nicht erfahren haben. Höchstens, wenn ein Lehrer …?
    Als ich von meinem Handy auf blicke, hat Wolfboy ein frisches Hemd angezogen und schaut mich besorgt an.
    »Von wem?«
    »Von meiner Mutter.«
    Er setzt sich mir gegenüber, auf die Umzugskiste, die Paul und Thom als Tisch benutzen. »Kriegst du jetzt lebenslangen Hausarrest?«
    »Nein. Sie will nur wissen, wo ich stecke. Oder eigentlich nicht mal das. Sie will nur wissen, ob alles okay ist.«
    »Deine Mutter ist ziemlich cool, was?«
    »Ja. Nein. Weiß nicht.«
    Ich strecke die Hand aus und packe seinen Arm; ich spüre, wie sich unter seinem Hemd und seiner Haut die Muskeln bewegen. Wenn meine Mutter weiß, was passiert ist, wird sie sich in der Schule für mich einsetzen und vermutlich alles nur noch schlimmer machen. Mir schnürt sich die Kehle zu. »Ich hab dir nicht alles erzählt.«
    Sofort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher