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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter
Autoren: Robert Gordian
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geschützt sein. Ich nahm an den religiösen Übungen teil, zog mich sonst aber von den Nonnen zurück. Ich gehörte ja nicht zu ihrer Gemeinschaft und hatte auch nie die Absicht, mich weihen zu lassen. Dann aber ergab sich doch, dass ich eine von ihnen näher kennenlernte. Diese Bekanntschaft war folgenreich, sie hat mich schließlich hierhergeführt. Der Name der Nonne, von der ich spreche, ist Chrona.« 
    »Die ältere Schwester unserer Königin?«, fragte der Bischof aufmerkend.
    »Ja. Ich suchte ihre Bekanntschaft nicht, es war umgekehrt – sie suchte die meinige. Eines Tages, während wir im Klostergarten arbeiteten, brach sie das Redeverbot und sprach mich an. Offenbar hatte sie Sehnsucht nach einer Vertrauten, doch unter den Nonnen fand sie keine. Was mich betraf, so war auch ich der ewigen Selbstgespräche überdrüssig. Wann immer sich nun eine Gelegenheit ergab, zogen wir uns in einen Winkel zurück, um miteinander zu reden. Sie war sehr unglücklich wie ich auch, und wir weinten viel.«
    »So ist sie also nicht gern ins Kloster gegangen?«
    »Nicht gern? Sie wurde brutal dazu genötigt! Kurz nachdem ihre Schwester hierhergereist war, um den König Chlodwig zu heiraten, hatte man sie dorthin gebracht. Man wollte sie loswerden, weil sie unbequem wurde. Weil sie nicht darüber hinwegkam, dass man ihr die Jüngere vorgezogen hatte, die nun ein glänzendes Leben als Königin führte. Weil sie sich unentwegt beklagte und drohte, Dinge bekannt zu machen, die man an den burgundischen Höfen nicht hören wollte. Man wollte sie wegschließen und damit mundtot machen.«
    »Ich verstehe. Und nun suchte sie jemanden, dem sie ihre Geheimnisse mitteilen konnte. Damit sie doch noch nach draußen gelangten.«  
    »Ja, so war es wohl, ehrwürdiger Vater. Jedenfalls war das einer der Gründe. Es dauerte natürlich einige Zeit, bis sie sich mir vollständig aufschloss. Aber dann vertraute sie mir etwas an, das ich nur mit großem Unbehagen hörte. Als Mitwisser ist man ja auch in Gefahr.«
    »Und ist es das, was du der Königin mitteilen sollst?«
    »Das und noch mehr. Vielleicht ist es gut, wenn du es zuerst erfährst. Weil du die Königin Chlotilde kennst und besser weißt, wie man es ihr beibringen kann, ohne ihre Gesundheit zu gefährden. Denn es ist schrecklich. Es ist grauenvoll.«
    »Nun denn … so sprich. Erzähle es mir!«
    »Der Vater der Schwestern, König Chilperich von Vienne, wurde ermordet. Sein eigener älterer Bruder hat es getan, der jetzt der Erste im Burgunderreich ist: König Gundobad. Er lockte Chilperich unter einem harmlosen Vorwand in seinen Palast und erschlug ihn dort mit dem Schwert.«
    »Gott im Himmel! Davon weiß die Königin nichts!«
    »Es wurde auch strengstens geheim gehalten. Nur die Frau des Ermordeten, Caratene, die Mutter der Schwestern, wusste es. Man begrub ihn heimlich und behauptete, dass er an einer Krankheit gestorben sei. Auch Caratene durfte nie und zu niemandem über die Untat sprechen – Gundobad drohte ihr für den Fall, dass sie es doch tat, auch sie und ihre Töchter zu töten. In dem Palast von Vienne, der ihm jetzt gehörte, hielt sie es nicht mehr aus. Sie floh mit den Kindern nach Genf zu ihrem Schwager Godegisel. Aber sie hütete sich zu reden. Erst als ihre jüngere Tochter außer Landes und verheiratet war, vertraute sie sich der älteren an, der Chrona. Sie war krank geworden und fürchtete zu sterben. Da wollte sie nicht, dass die Untat ganz in Vergessenheit geriet. Sie genas aber wieder.«
    »Doch Chrona drohte nun, alles bekannt zu machen …«
    »Ja, und das war der ausschlaggebende Grund dafür, dass König Gundobad als ihr Muntwalt befahl, sie ins Kloster zu stecken. Godegisel hatte ja von der Enthüllung nichts zu befürchten, sie hätte ihm sogar nützlich sein können. Denn er möchte die Oberherrschaft Gundobads loswerden und sucht nach Gründen für eine Empörung. Chrona lebte im Kloster nun in ständiger Angst, Caratene und ihr könnte etwas zustoßen. Ihre unbedachten Anspielungen und Drohungen waren für Gundobad ja der Beweis, dass ihre Mutter geredet hatte. Wie oft stürzte sie sich, zitternd am ganzen Leib, in meine Arme! Und eines Tages, vor etwas mehr als einem Monat …«
    »… ist Frau Caratene dann tatsächlich gestorben.«
    »Ja!«
    »Das wussten wir schon. Es wurde Frau Chlotilde, unserer Königin, in einem Schreiben Godegisels mitgeteilt.«
    »Was aber gewiss nicht mitgeteilt wurde …«
    »Nun? Nun?«
    »Auch sie starb keines
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