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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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fünfundvierzigminütige Fahrt von Umuahia nach Aba erschien ihr eher wie drei Stunden. Die ganze Zeit summte Augustina die ersten beiden Strophen von How Great Thou Art vor sich hin. Alle Pflanzen schienen außergewöhnlich zu leuchten, obwohl ihre Blätter dick mit dem Staub des Harmattanwinds bedeckt waren. Ein runzliger Mann auf dem Rücksitz eines entgegenkommenden Mercedes-Benz zwinkerte ihr zu, weil er irrtümlich meinte, ihr Lächeln gelte ihm. Augustina wandte den Blick ab und seufzte. Wie wäre es schön, wenn Paulinus noch lebte und sie heute auf der Reise begleiten könnte. Rasch schob sie den gierigen Gedanken beiseite. Ihr war der heutige Tag geschenkt, und sie war dankbar. Sie konnte für sie beide zusammen glücklich sein.
    Der Wagen bog von der Schnellstraße in einen ungepflasterten Weg. Ein Okada, beladen mit einer Frau und zwei kleinen Kindern, die zwischen ihr und dem Fahrer klemmten, und einem weiteren Kind in einem Tuch auf dem Rücken, überholte sie. Augustina sprach ein Gebet für die Sicherheit des Babys, als ihr Kopf ans Dach des MercedesBenz der S-Klasse stieß. Das zweite und dritte und vierte Schlagloch trafen sie nicht mehr unvorbereitet. Ihre Arme waren bereits fest um die Kopflehne des Beifahrersitzes geschlungen. Diese ganze Aufregung um Demokratie. Und immer noch war so vieles nicht gemacht worden.
    Schließlich gelangten sie auf eine geteerte Straße. Der Chauffeur hielt vor einem stattlichen mehrgeschossigen Gebäude und wartete, bis sie ausgestiegen war, um dann den Wagen irgendwo abzustellen. Das Gebäude war weiß gestrichen, breit und hoch. Augustina musste nicht nach dem Weg fragen. Das Schild im Erdgeschoss war genug. Mehr als genug. Für Augustina war es alles. Kings Ventures International .
    In dem großen Raum herrschte ein Getriebe wie in einem Termitenbau. Reihe um Reihe mit Computern, so viele, dass kaum Platz zum Sitzen blieb. Leute klapperten auf Tastaturen, vor manchen Bildschirmen standen Gruppen und kicherten, auf Bänken saßen die Leute Schlange und warteten auf die Plätze an den Rechnern. Neben Schildern in freundlichen Farben, die Benutzer mahnten, die Computer in Kings Cafés nicht zum Herunterladen von Pornographie oder der Planung und Verbreitung terroristischer Aktivitäten zu verwenden, prangten offizielle Aushänge des nigerianischen Amts für Wirtschaftskriminalität (EECC) – gestrenge Warnungen, dass Kunden, die bei Betrügereien über das Internet erwischt würden, sofort eine Anzeige bei der Polizei bekämen. Diese Aushänge des EECC waren ein Symptom der zahllosen Neuerungen in Nigeria. Seit kurzem brachte eine Fülle neuer Internetdienste und Kabelfernsehsender die anderen Weltteile der einfachen Bevölkerung etwas näher. Durch die GSM-Technologie konnten sich wesentlich mehr Leute Mobiltelefone leisten, auch wenn die Minutentarife immer noch mörderisch hoch waren. Neulich hatte Augustina doch tatsächlich gesehen, wie ein Paprikaverkäufer auf dem Markt in Nkwoegwu laut in ein Handy lachte. Es hieß sogar, dass es demnächst Geldautomaten und Einkaufszentren geben sollten.
    Kings Cafés waren die größten und beliebtesten BusinessCenter in Aba, Umuahia und Owerri. Neben den Computern, mit denen man im Internet surfen konnte, besaßen sie eine Abteilung mit schließbaren Telefonzellen und noch eine weitere, in der registrierte Kunden konstenlos die überregionalen Zeitungen lesen konnten. Alle Abteilungen waren voll klimatisiert. Die größte Filiale hier in Aba diente außerdem als Hauptbüro für die Firma Kings Ventures International , ein Im- und Exportunternehmen für Computerausrüstungen und GSM-Telefon-Bedarf.
    Der überwiegende Teil der Kunden in den Kings Cafés kam, um Bitten an die Verwandten in Übersee zu schicken oder mit ihren Liebsten in fernen Ländern zu chatten. Doch heute hatten sich zahlreiche Kunden, die eigentlich damit beschäftigt sein sollten, ihre hartverdiente Cyberzeit zu nutzen, von ihren Bildschirmen abgewandt und warteten hoffnungsfroh auf eine zünftige Keilerei.
    Der Geschäftsführer des Cafés war kurz davor, sich mit einem jungen Mann zu prügeln, der sein Haar in Zöpfen trug und dessen Augen mörderisch blitzten, und sie schrieen sich mit aufgebrachten Stimmen an.
    Wie erstarrt blieb Augustina stehen. Wenn die jungen Leute von heute doch nur begreifen würden, dass man mit Gewalt nicht weiterkam. Früher zu ihrer Zeit waren die jungen Leute ihre überschüssige Energie losgeworden, indem sie auf Bäume
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