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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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passieren, nur ruhig …
    Mit weichen Knien erreichte er das Haus. Bis hierher war alles glatt gelaufen. Jetzt aber musste er da hinein und den Falken befreien, und anschließend mit dem Vogel denselben Weg wieder zurück …
    Nachdem er sich vergewissert hatte, dass er wirklich nicht beobachtet wurde, drückte er vorsichtig die Tür auf. Für einen Augenblick fragte er sich, was er tun sollte, wenn jemand in der Hütte war. Aber in der Türöffnung regte sich nichts. Der Feuerschein reichte nur ein, zwei Schritt weit ins Innere.
    Kyrrispörr bereitete es Mühe, sich daran zu erinnern, wie das Langhaus ausgesehen hatte. Sein Kopf war wie ein Schlickklumpen. Erst vor zwei Tagen waren sie hier untergekommen. Geschlafen hatten sie an der rechten Längsseite, das wusste er noch. Aber war es die rechte Seite von dieser Tür aus gewesen oder von der, die am anderen Ende der Halle lag? Aber das ließ sich ja einfach feststellen. Kyrrispörr schloss die Tür. Nur durch das Rauchloch hoch oben drang Mondlicht und bot einen Orientierungspunkt. Verhalten stieß er ein »Ki-ki-ki« aus. Nichts.
    Noch einmal stieß er den Ruf aus, etwas lauter diesmal. Horchte. Und da hörte er es, ein zartes Tschilpen vom anderen Ende des Langhauses her. Mehr aus Freude denn aus Notwendigkeit wiederholte Kyrrispörr das »Ki-ki-ki« und erhielt Antwort. Wohl etwas zu eilig tappte er durch die Finsternis, denn auf dem Weg stieß er sich so heftig das Knie an einer Bank, dass er scharf die Luft einsog. Wenn er nur etwas mehr sehen könnte! Er tastete sich an der Bank entlang und verharrte erschrocken, als ein Gegenstand klappernd zu Boden fiel. Aber alles blieb still. Er war also wirklich mit seinem Falken allein.
    Fahl glimmende Umrisse verrieten ihm die Tür an der dem Feuer abgewandten Stirnseite des Hauses. Seine Bettstatt hatte sich … rechts … befunden. Glaubte er zumindest. Er tastete und hörte ein leises Rascheln, vergaß ganz, noch einmal zu rufen, sondern irrte durch das Dunkel, bis er die Wolldecke unter den Händen spürte. Da waren auch Köcher und Bogen, ein glücklicher Zufall. Kyrrispörr streifte sie sich über und verbiss sich den Schmerz, den das Gewicht des Köchers auf seinem wunden Rücken hervorrief. Am Kopfende stand der Ansitz seines Falken, das wusste er. Er fand ihn, ließ die Hände die Stange hinaufgleiten und ertastete schließlich das Lederband, mit dem Laggar angebunden war. Bunte Flecken tanzten vor seinen Augen, mit denen er die Finsternis zu durchdringen versuchte. Er löste den Knoten und pflückte den Falken von seinem Sitz und konnte kaum einen Schrei unterdrücken, als er den Vogel auf seine unbehandschuhte Faust setzte und die Krallen wie kleine Nadeln ins Fleisch stachen. Zum Glück fand er einen Lappen, den er sich um die Hand wickeln konnte. Der Falke tschilpte und schlug zwei-, dreimal unsicher mit den Flügeln.
    Jetzt nur heil zu Eyvind zurückkommen, dachte Kyrrispörr. Er lugte durch die Tür ins Freie. An diesem Ende des Langhauses war alles ruhig. Das Knacken und Prasseln drang gedämpft herüber.
    Kyrrispörr sicherte nach allen Seiten. Mehr um sich selbst als den Vogel zu beruhigen, strich er Laggar übers Gefieder. Im Gegensatz zu ihm war der Falke ganz ruhig: Er saß auf einer Faust und hatte die Kappe über den Augen.
    Wo war das Grubenhaus, hinter dem Eyvindr auf ihn wartete? Hektisch blickte Kyrrispörr sich um. Dort drüben war es, keine fünfzig Schritt entfernt, die er aber, für alle sichtbar, durch den Flackerschein hindurch überqueren musste … Er atmete tief durch und trat aus dem Schatten heraus. So ruhig, wie es ihm nur möglich war, schritt er voran. Das Grubenhaus schien nicht näherkommen zu wollen. Wenigstens, dachte Kyrrispörr, beobachtet Eyvindr mich, und er wird den Bogen schon gespannt haben, wenn mir einer in den Weg kommt. Die Vorstellung beruhigte ihn ein wenig.
    »He, du!«
    Kyrrispörr hätte vor Schreck beinahe einen Satz gemacht. Ein kleiner Junge von vielleicht sieben Jahren kam auf ihn zu. Kyrrispörr kannte ihn nur flüchtig.
    »Suchst du weggelaufene Seimenn? Ich helfe dir!«
    »Geh weg, such selbst«, befahl Kyrrispörr, zwang sich, ruhig weiterzugehen und drehte das Gesicht so, dass der Kleine ihn nicht zufällig erkennen konnte.
    »Mit einem Falken jagst du die?«, rief der Junge und kam neugierig näher. »Wozu das denn? Der ist doch kein Hund!«
    Du hetzt mir noch die Mannen des Königs auf den Hals mit deinem Geplapper, fluchte Kyrrispörr bei
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