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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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sich. Laut sagte er:
    »Sei still und such allein! Du vertreibst mir die Seimenn mit deinem Geschrei!«
    Zu spät bemerkte er seinen Fehler, den er machte, indem er dem Jungen das Gesicht zuwandte.
    »He, du bist doch der Kyrrispörr Hæricson! Du bist doch selbst ein Seimar! Du …«
    »Red keinen Unsinn«, unterbrach Kyrrispörr ihn, wandte sich brüsk um und setzte seinen Weg fort. Aber der Junge ließ sich nicht beirren.
    »Da, dein Kittel ist ganz verbrannt! Du bist einer von denen! Du bist einer von denen!«
    »Halt den Mund!«, rief Kyrrispörr. »Sei still, oder …«
    »Ich hab einen Seimann!«, kreischte der Junge. Diesmal wurde er gehört: Ein Schemen kam geduckt auf sie zugestürmt, die Axt über den Kopf erhoben und den Schild vor sich gestreckt. Kyrrispörr stolperte zurück und wollte gerade die Beine in die Hand nehmen, da bremste der Angreifer plötzlich ab.
    »Kyrrispörr?«
    »Hvelpr?«
    Für einen Augenblick sahen sie sich an: Der zerschundene Kyrrispörr und ein rotschopfiger, einige Jahre Jüngerer, fast noch ein Knabe, dem das Erstaunen ins Gesicht geschrieben stand.
    »Ich … Ich dachte, du seiest verbrannt«, keuchte Hvelpr. In seinem Gesicht leuchteten Erstaunen und Freude auf. Er breitete die Arme aus, um seinen tot geglaubten Freund zu umarmen. Für einen Unbeteiligten mochte es von Weitem so aussehen, als wolle er zu einem Schlag ausholen.
    »Nein!«, schrie Kyrrispörr – da erklang schon das scharfe Zischen vom Grubenhaus herüber, und Hvelps Grinsen verwandelte sich mit einem Schlag in eine Grimasse aus Schmerz. Schild und Axt fielen ihm aus den Händen, er griff sich an den Hals und stürzte nieder. Kyrrispörr sprang zu ihm hin. Die Befiederung eines Pfeiles ragte auf Halshöhe aus seinem Gewand. Er starrte voller Unglauben zu Kyrrispörr empor.
    »Du bist doch mein Freund«, stieß er hervor, dann kippte sein Kopf zurück.
    »Du hast Hvelp getötet!«, kreischte der Kleine und rannte davon.
    »Lass ihn gehen!«, schrie Kyrrispörr mit sich überschlagender Stimme in Richtung Grubenhaus, damit Eyvindr nicht noch einmal schoss. Aber der Meisterseher war schon bei ihm, packte ihn am Arm und zerrte ihn auf die Beine, sodass Laggar verzweifelt mit den Flügeln schlug.
    »Renn, Kyrrispörr, renn, es geht um unser Leben!«
     
    Und sie rannten. Kyrrispörr liefen die Tränen über die Wangen, während er Eyvind Kelda über die mondhelle Schneedecke folgte, und mehr noch die Verzweiflung als die Furcht gab ihm die Kraft, die er dazu brauchte: Erst sein Vater, verbrannt mit all den anderen durch König Tryggvasons Hand, und jetzt auch noch Hvelpr, erschossen von seinem Retter im Glauben, Kyrrispörr vor einem Angriff schützen zu müssen. Bei jedem Schritt fuhr ihm Schmerz in die Knie, und Blut pappte an seiner Schulter, dort, wo Laggars Krallen ihm die Haut aufkratzten, da er den Falken längst nicht mehr auf der Faust hatte halten können. Die Flügel des Vogels klatschten ihm ins Gesicht. Sein Atem begann zu pfeifen und seine Brust zu schmerzen, aber er lief weiter, warf dem Schmerz seine ganze Verzweiflung entgegen und rannte, rannte – bis er auf einem losen Stein ausrutschte. Laggar kreischte protestierend und flatterte auf, als Kyrrispörr flach hinschlug und nicht einmal mehr die Kraft hatte, den Sturz mit der freien Hand aufzufangen.
    Da lag er nun und glaubte, ersticken zu müssen, obwohl er panisch nach Luft schnappte. Er merkte noch, wie Eyvindr Kelda ihn unter Kniekehlen und Achseln fasste und mit ihm in den Armen weitereilte, dann wurde es dunkel um Kyrrispörr Hæricson.

Eyvind Keldas Magie
    Da waren Stimmen, die aufgeregt diskutierten. Kyrrispörr hörte Eyvind unter ihnen heraus. Da war wohlige Wärme, die ihn bis zur Brust umgab, und eine samtweiche Wolke, die über seinen Rücken strich, und das Plätschern von Wasser. Eine Hand hielt ihn sanft aufrecht. Sein ganzer Körper tat weh, als hätten ihn Riesen mit Hämmern durchgeklopft. Kyrrispörr öffnete die Augen. Das Gesicht einer wunderschönen Frau schwebte dicht vor ihm. Ihr Haar glänzte golden im Sonnenlicht.
    »Bist … du … Walküre? Walhall?«, brachte er hervor und verzog das Gesicht unter den Schmerzen, die das Sprechen in seiner Kehle hervorrief.
    Die junge Frau lachte glockenhell auf. Es war ein wunderbarer Klang.
    »Nein, ich bin nur die Æringa! Findest du, ich bin so dick?« Gutmütig versetzte sie ihm einen Nasenstüber. »Oder willst du Schelm dich einschmeicheln, bevor du noch richtig wach
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