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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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das Wort ›christlich‹ als guten Werbespruch in ihren Namen aufgenommen haben, um vor allem eine konservative und in starren Traditionen verhaftete Gefolgschaft anzusprechen. Und schließlich ist es in unseren Tagen ein sogenannter Wiedergeborener Christ, der die Kunst des Folterns und der jahrelangen vollständigen Einkerkerung ohne Prozess zur Meisterschaft gebracht hat.
    Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass das Christentum für Personen wie König Olaf Tryggvason von außerordentlichem Reiz gewesen ist nicht etwa wegen irgendwelcher transzendentaler Erleuchtungen, sondern schlicht wegen seinem überaus praktischen administrativen und politischen Nutzen für eine Einkönigsherrschaft. Dass die Æringas der Welt seit jeher in der Minderzahl sind und sich als weltfremde Schwärmerinnen und, welch eine widerlich zynische Wortschöpfung, als ›Gutmenschen‹ bezeichnen lassen müssen, ist die Krux der Religion, deren höchster Prophet doch aus dem rachsüchtigen, menschenverachtenden und hochgradig rassistischen Gott des Alten Testaments – der im Übrigen jeden Oinn oder Þórr um Längen schlägt, wenn es um derlei menschliche Fertigkeiten geht – einen Gott der Mitmenschlichkeit und Gnade machen wollte. Dass seine hochsymbolischen Sündenmahle von Festmählern der Gleichheit zu exklusiven Verwandlungszauberstücken nur für Mitglieder der Institutionen verkommen sind, wie ein katholischer Theologieprofessor und Priester es kürzlich kritisiert hat, erstaunt wenig. Wo das Christentum in seinem von Christus propagierten zutiefst guten Geiste herrscht, tut es dies zumeist nicht etwa in jenen Institutionen, die sich es zu vertreten anmaßen, sondern in einzelnen Menschen selbst.
     
    Die Schreibweise der Namen orientiert sich an der altnordischen Schreibung, und hier insbesondere an dem Transkript der Saga Ólafs Tryggvasonar. Da es keine vereinheitlichte Orthografie – und zu Tryggvasons Zeiten kaum altnordische Schriftsprache überhaupt – gab, ist dies nur eine von zahlreichen Möglichkeiten. Was die Grammatik betrifft, so wäre konsequente Anwendung nur verwirrend gewesen. Um aber ihre Sprachästhetik wenigstens im Ansatz erlebbar zu machen, wurde die Endung ›-r‹ für Nominativformen genutzt, und beim Begriff ›Seimar‹ komplett angewendet.
    Die Niederschriften der Sagas stammen vor allem aus dem Hochmittelalter und aus Island, was die Frage nach der ›richtigen‹ Schreibung zu Zeiten des Königs weitgehend überflüssig macht. Zwar verfügten die Wikinger mit der Runenschrift über eine vielgestaltige und vergleichsweise junge Schriftsprache, die sie jedoch eher spärlich und überwiegend zu bestimmten Anlässen anwendeten, von Geschäftspost über Liebeserklärungen auf Holzstöckchen bis hin zu den bekannteren Runensteinen. Daher ist die schriftliche Saga-Überlieferung überwiegend auf jene beschränkt, die aus der Feder christlicher Autoren oder Mitglieder der christlichen Institutionen stammt. Sie ist zudem selten von Zeitzeugen geschrieben und entsprechend kritisch zu beurteilen.
     
    Die Götterwelt des alten Skandinavien war jedoch auch nicht gerade friedfertig, ganz im Gegenteil. In der Mythologie scheint der tägliche Kampf ums Überleben durch, den gerade die abgelegeneren Höfe ebenso wie die Krieger und Händler bei jeder Seefahrt durchzustehen hatten. Man könnte sagen mit einem Verständnis von Verantwortung, von der man sich heutzutage vielleicht ein wenig in die von persönlicher Verantwortung fast vollständig befreite Politik zurückwünschen würde, ›haftete‹ ein König persönlich für ein schlechtes Jahr – mit nichts Geringerem als seinem Leben. Und wenn Olafr Tryggvason die Bœndi an einer Stelle vor die Wahl stellt, sich entweder bekehren zu lassen oder aber sich selbst, die Herrenschicht also, als Achtungserweis ihren ›heidnischen‹ Göttern zu opfern, so ist dies zweifellos ein sehr geschickter politischer – oder von Sturluson erfundener hochsymbolischer – Schachzug, dem er auch mit blanker Klinge Nachdruck hätte verleihen können; es ist aber auch zugleich eine Reminiszenz an die Opferpraxis in der altnordischen Glaubensausübung.
    In dieser Glaubensausübung sind Zauberer und Magier ein verbreitetes Phänomen. Besonders den Finnen wurden übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Die Seimenn hingegen sind in der Saga Olafs eine besondere Klasse: Immer wieder begegnen sie dem Leser als mächtige und einflussreiche Gegenspieler Olafs, die er mal
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