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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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Haustür.
    Rapp sperrte die Tür auf und tippte den Code der Alarmanlage ein. Dann ging er in die Küche, um nach dem Anrufbeantworter zu sehen. Er war voll mit neuen Nachrichten, und Rapp begann sie eine nach der anderen durchzugehen. Sobald er wusste, dass eine Nachricht nicht von Anna war, ging er sofort zur nächsten weiter. Die Enttäuschung ging in Verzweiflung über, als er schließlich auch die letzte Nachricht abgehört hatte.
    Er drehte sich um und holte ein Bier aus dem Kühlschrank. Dann nahm er eine Jacke und ging auf die Terrasse hinaus. Aus irgendeinem Grund musste er jetzt das Wasser sehen. Als er auf die dunkle Bucht hinausblickte, versuchte er irgendeinen Grund zu finden, warum sie nicht gekommen war und ihm keine Nachricht hinterlassen hatte. Er kam sich selbst lächerlich vor, dass er der Wahrheit nicht ins Auge blicken wollte und nach jedem Strohhalm griff, der ihn weiter hoffen ließ. Er musste irgendetwas tun, das ihn von dem entsetzlichen Schmerz ablenkte, der ihn quälte, und so holte er ein paar Holzscheite und machte Feuer.
    Fünf Minuten später verspürte er einen kurzen Moment der Entspannung, als er dem Spiel der züngelnden Flammen zusah. Der Wind, der von der Bucht hereinwehte, trug den Rauch mit sich fort. Rapp trank einen Schluck Bier und erinnerte sich, dass Anna ihm den Feuerkessel geschenkt hatte. Plötzlich war es ihm, als versinke er in einem Meer der Einsamkeit. Jahrelang hatte er sein Innerstes verborgen gehalten; Gefühle waren ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte. Doch mit Anna hatte sich alles geändert. Ganz behutsam hatte sie Stück für Stück seine raue Schale entfernt, unter der Gefühle zum Vorschein kamen, die völlig neu für ihn waren. Und genau diese Gefühle waren es, die seinen Schmerz jetzt um ein Vielfaches verschlimmerten.
    Während er ins Feuer starrte, traten ihm Tränen in die Augen. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fragte sich, wie das Leben wohl ohne sie sein würde. Der Duft ihres Haars, ihre weiche Haut, ihre bezaubernden grünen Augen, ihr Lächeln, ihr Lachen – es war alles fort. Hatte er sich bei all den Entbehrungen, die er auf sich genommen hatte, nicht auch ein klein wenig Glück verdient – und eine Partnerin, die das Leben mit ihm teilte?
    Mit Tränen in den Augen versuchte er sich seine Zukunft vorzustellen. Er würde es überleben, das wusste er – er war schließlich der geborene Überlebenskünstler. Der Schmerz würde mit der Zeit nachlassen, wenn auch nicht ganz heilen. Es würde für eine lange Zeit keine anderen Frauen geben – und wenn sich irgendwann wieder etwas ergeben sollte, würde es nie so sein wie mit Anna, dachte er, während ihm die Tränen über die Wangen strömten. Sie war seine große Liebe, und er hatte sie verloren.
    Anna Rielly stand beim Haus und beobachtete ihn. Sie roch den Rauch, als sie aus dem Wagen stieg, und ging auf die andere Seite des Hauses. Sie wollte nicht da sein, wenn er zurückkam. Er sollte fühlen, was sie durchgemacht hatte. Doch als sie ihn so leiden sah, hielt sie es nicht länger aus.
    Sie trat aus der Dunkelheit hervor und ging zu ihm. Er starrte sie an wie ein Kind, das aus einem langen Schlaf erwachte. Als sie in seine tränennassen Augen blickte, wollte sie nichts anderes, als ihm seinen tiefen Schmerz zu nehmen.
    Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und sagte: »Liebling, es tut mir Leid.« Er sagte nichts. Er zog sie zu sich auf seinen Schoß, barg das Gesicht an ihrer Brust und legte die Arme um sie. Anna küsste ihn aufs Haar. »Wie war es, als du nach Hause kamst, und ich war nicht da?«
    »Furchtbar.«
    Sie sah ihn mit ernster Miene an. »Ich wollte, dass du spürst, wie es ist, auf mich zu warten, und dass du dich fragst, ob ich noch komme und ob du mich je wiedersiehst. Genau das habe ich in Mailand durchgemacht.«
    »Es ist nicht lustig«, murmelte er mit dem Gesicht an ihrer Brust.
    »Nein, ist es nicht.« Sie hob sein Kinn ein wenig an, damit sie ihm in die Augen schauen konnte. »Jetzt, da du weißt, wie weh es tut, wenn man glaubt, jemand Besonderen vielleicht für immer zu verlieren – versprich mir, dass du mich das nie wieder durchmachen lässt.«
    »Ich verspreche es«, sagte Rapp, ohne zu zögern. Sie küssten sich innig und hielten einander fest, als wären sie Monate getrennt gewesen.
    Nach einigen Minuten standen sie auf, und Rapp bat sie, einen Moment hier draußen zu warten. Er lief ins Haus und eilte die Treppe hinauf. Es dauerte nur einige
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