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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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nun passte oder nicht – der Abgeordnete Rudin hatte seine Tarnung auffliegen lassen. Damit war seine Tätigkeit an vorderster Front so oder so beendet. Zum Glück für den Abgeordneten hatte er – wahrscheinlich aus Feigheit – einen Schlussstrich gezogen. Damit war die Sache für Rapp erledigt.
    Als sein Flugzeug in Andrews landete, warteten einige Vertreter von CIA und FBI auf ihn, um sich Bericht erstatten zu lassen. Rapp sagte ihnen, dass das jetzt nicht der richtige Moment dafür wäre – doch sie ließen nicht locker, worauf er ihnen sagte, dass sie sich zum Teufel scheren sollten. Bevor er den Stützpunkt verließ, unterhielt er sich noch einige Minuten mit Irene Kennedy. Sie wollte von Anna anfangen, doch er gab ihr zu verstehen, dass er nicht über sie sprechen wollte. Er hatte schon einmal den Fehler begangen, Berufliches mit Privatem zu vermischen, und das würde ihm nicht noch einmal passieren. Sie berichtete ihm, was sich seit der Ansprache des Präsidenten am Montagabend ereignet hatte. So gut wie jede Zeitung und Fernsehshow hatte beim CIA-Büro für öffentliche Angelegenheiten angerufen und um ein Interview mit Amerikas neuem Helden gebeten.
    »Und was habt ihr ihnen gesagt?«, wollte Rapp wissen.
    »Dass nicht die geringste Chance besteht, dass du ein Interview gibst.«
    »Genau. Du kennst mich recht gut.«
    »Zu gut.«
    Sie wollte noch einmal von Anna anfangen, doch er ließ sie nicht aussprechen. Er sagte ihr, dass er sich erst einmal für ein paar Tage verkriechen und sie dann wieder anrufen würde. Irene Kennedy stand mit besorgter Miene da und sah ihm nach, als er mit dem Wagen wegfuhr. Sie spürte sehr wohl, dass er hinter der harten Fassade litt.
    Während Rapp über die Landstraßen Marylands fuhr, schwankte er zwischen Hoffen und Bangen. Vor dem Abflug aus Saudi-Arabien hatte er in ihrer Wohnung angerufen und ihr eine Nachricht hinterlassen. »Ich komme am Mittwochabend nach Hause. Ich vermisse dich sehr. Es würde mir viel bedeuten, wenn du in meinem Haus wärst, wenn ich zurückkomme.« Er fand, dass die Botschaft angemessen war; er kam ihr ein Stück entgegen, und jetzt lag es an ihr, den nächsten Schritt zu tun.
    Bei seiner Rückkehr nach Amerika war ihm die bittere Ironie seiner Situation so richtig bewusst geworden. Er hatte sich so sehr nach einem ganz normalen Leben, nach einer Familie und nach der großen Liebe gesehnt – und jetzt, da er frei dafür gewesen wäre und einen Menschen gefunden hatte, mit dem er all das hätte haben können, schien es wieder nicht zu klappen. Eines jedenfalls war ihm klar: Anna war für ihn die Richtige – trotz des Vorfalls in Mailand. Er wusste, dass er sich dennoch von ganzem Herzen wünschte, sein Leben mit ihr zu teilen. Er wusste aber auch, dass er es nicht erzwingen konnte. Anna war ein sehr eigenständiger Mensch und mochte es nicht, wenn man sie zu etwas drängte. Sie musste aus freien Stücken zu bestimmten Entscheidungen kommen.
    Rapp war in Herzensdingen nicht sehr erfahren, vor allem, wenn etwas nicht so ging, wie er es sich wünschte. Er vertraute für gewöhnlich auf seine Fähigkeit, mit jeder Situation fertig zu werden, doch an diesem kühlen Novemberabend spürte er, dass sein Panzer Risse bekam. In seinem Inneren machte sich ein Gefühl breit, das ihm fremd war: Verletzlichkeit. Er wollte sich keine allzu großen Hoffnungen machen, doch er konnte nicht anders – er wünschte sich so sehr, dass Anna auf ihn wartete, wenn er heimkam.
    Als er in die Straße einbog, die zu seinem Haus führte, konnte er seine Aufregung nicht länger bezähmen. Die Beziehung zu Anna war so tief gegangen, dass er nicht anders konnte, als auf das Glück eines gemeinsamen Lebens zu hoffen. Er wusste außerdem, dass sie ihn liebte. Man konnte jede Geschichte von zwei Seiten betrachten; nachdem er ein wenig Zeit gehabt hatte, über den Abend in Mailand nachzudenken, konnte er verstehen, warum sie so außer sich war. Er brachte einigen Ballast in die Beziehung mit, der natürlich eine Belastung darstellen konnte. Dennoch wusste er in seinem tiefsten Inneren, dass sie füreinander bestimmt waren. Es war ganz einfach Schicksal.
    Umso größer war die Enttäuschung, als er in die Zufahrt zum Haus einbog und die Scheinwerfer seines Wagens den Hof erhellten. Es war elf Minuten nach acht, und sie war noch nicht da. Er ließ den Wagen langsam bis zur Garage rollen, hielt an und stieg aus. Er hatte keine Lust, das Gepäck mitzunehmen, und ging gleich zur
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