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Die Lüge im Bett

Die Lüge im Bett

Titel: Die Lüge im Bett
Autoren: Gaby Hauptmann
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heißen.
    »Außer Sarah!« brummelt Sven.
    »Kunststück«, faucht Nina, »in Rio ist jetzt nicht Mittag, sondern Vor mittag!« Er runzelt die Stirn. »Falls du das nicht wissen solltest«, fügt sie giftig hinzu.
    »Personalabbau dürfte ein Thema sein, über das sich die Leute auch in der Mittagszeit unterhalten. Oder sogar gerade in der Mittagszeit.« Er tritt an ihren Schreibtisch und schaut auf sie herunter.
    »Die Arbeiter vielleicht«, entgegnet Nina gelangweilt. »Die Leitung sicherlich nicht!« Nina spürt Sarahs Blick in ihrem Nacken brennen. Sie weiß natürlich, daß Nina heute noch keinen Finger gerührt hat. »Und außerdem bin ich urlaubsreif!« greift sie ihn an.
    »Du spinnst!« Sven dreht sich um und geht zur Tür, dort bleibt er kurz stehen. »Daimler ist ein Auftrag! Keine Bitte! Zwei Minuten für die Nachrichten sind eingeplant! Du hast noch fünf Stunden Zeit.« Damit ist er draußen.
    »Klappt's nicht mehr so zwischen euch beiden?« fragt Sarah unschuldig.
    »Doch, klasse! Besser denn je!« Unter der Tischplatte ballt Nina die Faust.
    Ihre Laune hat sich nicht gebessert, als sie spät abends den Sender verläßt. Sie ist unzufrieden - und das hat mit der Uhrzeit nichts zu tun. Sie ist es morgens, mittags und abends. Tief in ihr drin bohrt etwas, sitzt als Kloß im Magen, zieht die Mundwinkel nach unten. Fehlt nur noch, daß sie davon die ersten Falten bekommt.
    Nina winkt dem Pförtner zu, er nickt freundlich: »Na, alleine?« Sie nickt zurück, zuckt bedauernd die Achseln. »Ja, ja, die Arbeit!« sagt er wissend hinter der Glasscheibe und vertieft sich wieder in sein Kreuzworträtsel.
    Die Nacht ist warm, fast erstaunlich warm für Ende November. Nina atmet tief ein, es riecht irgendwie nach Frühling. Soll es doch, das ändert auch nichts. Sie geht zu ihrem Wagen, der rostig im Dunkeln steht. Sven ist noch im Schneideraum, kommt später nach. Soll er doch, sie ist nicht scharf darauf. Richtig, denkt sie und schließt ihr Auto auf. Das ist es. Ich bin auf überhaupt nichts mehr scharf. Nicht auf meine Arbeit, nicht auf Sven, nicht auf mein Leben. Alles Mist, ich fahre zu Mutter!

ZURECHTTRÄUMEN
     
    Ilse Wessel staunt nicht schlecht, als sie ihre Tochter völlig unerwartet vor der Tür stehen sieht.
    »Nina, ist etwas passiert? So spät? Wo ist Sven?«
    »Erstens ist es nicht spät, noch nicht einmal zehn Uhr, zweitens ist nichts passiert, und drittens ist es mir egal, wo Sven ist!«
    »Habt ihr etwa Krach?«
    »Wie kommst du bloß da drauf?«
    Ilse Wessel schließt leise die Tür hinter Nina.
    »Wo ist Vati?«
    »Beim Stammtisch. Es ist Mittwoch!«
    »Na, das trifft sich ja gut!«
    Kopfschüttelnd geht ihre Mutter voraus ins Wohnzimmer. Wie immer läuft der Fernseher um diese Zeit, schön eingepaßt in den maßgefertigten Einbauschrank, alles ist aufgeräumt, bürgerlich, spießig, in diesem Augenblick für Nina aber trotzdem warm und gemütlich. Hier ist sie aufgewachsen, am massiven Eßtisch hat sie das Einmaleins gelernt und später fürs Abi gebüffelt. Ihn gegen einen neuen auszutauschen wäre unverzeihlich.
    Ihre Mutter rückt ihr einen Stuhl zurecht. »Hast du Hunger? Magst du was essen?« fragt sie.
    Nina scheint gar nicht hinzuhören. »Warst du beim Friseur?«
    Ninas Mutter hat sich ihre schlanke Figur bewahrt, die vierundsechzig Jahre sieht man ihr nicht an. Auch im Gesicht nicht, das noch immer zart und ebenmäßig wirkt. Nina hätte gern mehr von ihr gehabt, aber zu ihrem Leidwesen hat sie die derberen Gesichtszüge ihres Vaters geerbt. »Meine kleine Indianerin«, hat Sven sie anfangs liebevoll genannt. Aber für sie war die Anspielung auf ihre hohen, breiten Wangenknochen eher verletzend als schmeichelnd.
    Ihre Mutter fährt sich schnell mit der Hand durch ihre stufig geschnittenen Haare und lacht: »Wie dein Vater. Der sieht auch nichts. Die Farbe trage ich jetzt schon seit drei Wochen!«
    »Ach ja?« Nina schaut erstaunt hin. Für sie war der Schnitt neu, nicht die Farbe. Sie setzt sich seufzend.
    Ihre Mutter schaltet den Fernseher aus und öffnet die Vitrine mit dem Sonntagsgeschirr. »Was möchtest du denn trinken?«
    »Ein eiskaltes Bier - falls Vati eines übriggelassen hat!«
    Sie weiß plötzlich nicht mehr, was sie eigentlich hier wollte. Mit Mutti über Sven reden? Unmöglich. Über ihre Arbeit? Ausgeschlossen! Über Sex? Völlig undenkbar!
    »So, was ist denn nun los? Ist etwas mit Sven?« Ihre Mutter schenkt sich ebenfalls ein Bier ein.
    »Es ist nichts! Oder
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