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Die Lüge im Bett

Die Lüge im Bett

Titel: Die Lüge im Bett
Autoren: Gaby Hauptmann
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versuchen, sich über dich hinwegzusetzen, sein eigenes Süppchen zu kochen! Also, Augen auf, altes Mädchen! Sie prostet sich zu und bestellt an den Japanern vorbei noch ein Glas Sekt.
    Ihr Nachbar nickt Nina freundlich zu: »First time in Brazil?«
    Nimmt denn sein Lächeln nie ein Ende? Sagt sie jetzt ja, wird er sie in ein spannendes Gespräch über lohnende Fotomotive verwickeln, sagt sie nein, wird er wissen wollen, welche Sehenswürdigkeiten sie schon fotografiert hat. Nina schaut ihn entschuldigend an und antwortet auf französisch:
    »Presque!«
    »Fast?« fragt der zweite Sitznachbar ungläubig und schüttelt verständnislos lächelnd den Kopf: »How presque?«
    Italienisch kann sie nicht. Russisch auch nicht. Deutsch kann er offenbar! »Das soll heißen, daß ich mit dem Finger auf dem Globus dort war!«
    Beide brechen in helles Gelächter aus. Nina hat keine Ahnung, was daran so witzig ist, vielleicht haben die beiden sie ja auch mißverstanden.
    Heftiges Nicken. »Ja, ja!« Ihre Blicke heften sich unübersehbar auf ihre Oberweite. »Ja, ja!« Sie lachen unentwegt.
    »Rund wie Globus!« gluckst der eine und sticht mit seinem Finger mehrmals in die Luft, was für Nina bedrohlich nach einer Expedition in Richtung ihrer Halbkugeln aussieht. Hat Globus in Japan eine andere, zweite Bedeutung? Will er jetzt etwa auf ihrem Globus Brasilien suchen? Sie will gerade heftig reagieren, da serviert der Steward das bestellte Glas Sekt. Die Unterbrechung kühlt die beiden Herren ab, sie beginnen sich leise zu unterhalten. Nina nimmt einen großen Schluck und hört zu. Wahrscheinlich hecken sie japanische Schweinereien aus, denkt sie. Oder koreanische. Könnten aber auch taiwanesische sein.
    Irgendwann schließt sie die Augen und läßt ihre Gedanken treiben. Eine Weile denkt sie noch über Brasilien nach, dann schieben sich andere, längst vergangene Bilder vor ihr geistiges Auge. Sie sieht die private Rundfunkstation wieder vor sich, bei der sie sich direkt nach dem Abitur beworben hat. Damals galten die privaten Radiomacher als Pioniere in der althergebrachten, festgefügten und verkrusteten Rundfunklandschaft. Ihre Bewerbung war ein Versuchsballon ohne rechten Glauben an den Erfolg. Was konnte sie einem solch jungen Medienbereich schon bieten? Nina erinnert sich noch genau an ihre Gefühle, als sie tatsächlich angenommen wurde und sogar einen Ausbildungsvertrag über zwei Jahre unterschrieb. Sie jubilierte vor Glück und Stolz, dachte, dies sei der Zenit, das Größte überhaupt. Danach würde nur noch der märchenhafte Aufstieg zur Radioprominenz kommen können.
    Doch der Sender stand auf wackeligen Füßen. Die Geschäftsführer hatten vom Radiogeschäft nicht sehr viel mehr Ahnung als sie. Die guten, erfahrenen Leute suchten sich bald was anderes. Anfangs war sie darüber nicht unglücklich, denn so konnte sie bald an allen Hebeln sitzen. Mit ihrem Aufnahmegerät war sie ständig auf Streifzügen, schnitt ihre Beiträge selbst, bastelte Reportagen, Features, Kommentare. Sie fand alles toll, bis sie sich nach den zwei Jahren mit ihrem selbsterkämpften Know-how auf dem Medienmarkt umsah. Da mußte sie feststellen, daß sie kein anerkanntes Volontariat hinter sich hatte. Eigentlich war sie nichts. Keine Journalistin, keine Redakteurin. Ein Wesen, das man bei Bewerbungen milde belächelte. Die arme Kleine. Sie blieb bei ihrem Sender, bis er nach einem Jahr vollends auf Musikprogramm umschaltete. Da war sie dreiundzwanzig. Und noch immer nichts. Schließlich ließ sich ein Anzeigenblatt erweichen. Es folgte die harte Schule der Karnickelzüchter, Musikvereine, Sportvereine. Und dann Gemeinderatssitzungen, Karnevalssitzungen, Treffen der Jungunternehmer. Am Ende hatte sie kapiert, wie dumm sie vorher gewesen war, daß sie jetzt aber den Stein der Weisen in der Tasche hatte. Trotzdem konnte sie noch immer kein richtiges Volontariat vorweisen. Dafür aber ein beachtliches Telefonregister mit den Geheimnummern der örtlichen Prominenz und eine Menge Bekannte aus allen Sparten des Gemeindelebens. Jeden Abend war sie unterwegs, beruflich und privat. Sie war die favorisierte Schreiberin, wurde zu jeder Veranstaltung eingeladen, zu jeder Privatparty.
    Als der erste Erfolgsrausch vorbei war, bewarb sie sich bei allen möglichen Tageszeitungen, Illustrierten und Fachblättern in Deutschland. Außerdem bei allen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Und allen Fernsehsendern. Wochenlang schrieb sie Bewerbungen, gab ein
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