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Die Lüge im Bett

Die Lüge im Bett

Titel: Die Lüge im Bett
Autoren: Gaby Hauptmann
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gebannt.
    Dann öffnet er die Faust und hält ihr einen zerknitterten Zettel hin. Sie versucht ihm in die Augen zu sehen, es gelingt ihr aber nicht, er schaut nach unten.
    »Da, nimm!« sagt er.
    Zögernd greift sie danach, glättet den Zettel und dreht ihn um.
    »Tut mir leit«, steht da. Er hat die Schule tatsächlich zu früh verlassen.
    »Kannst du das nicht sagen?« fragt Nina.
    Er schüttelt den Kopf, fixiert seine Fußspitzen.
    »Was soll aus dir denn werden?« fragt sie und kommt sich dabei vor wie ihre eigene Mutter.
    »Mir egal!« Jetzt blickt er hoch. In seinen Augen steht eine Mischung aus Trotz und Hilflosigkeit.
    »Und wenn ich mal mit dir zu einem Berater vom Jugendamt ginge, vielleicht kann der ja weiterhelfen?« Spinnst du, sagt sie sich im selben Moment. Jetzt lädst du dir den auch noch auf. Richtig so, sagt ihre zweite Stimme, schließlich hilft dir Rosa Heckschneider auch!
    »Wozu?« fragt er.
    »Wozu?« Nina schaut ihn groß an. »Du kannst natürlich auch so weitermachen, dann landest du eben irgendwann im Knast. Und wenn ich Strafantrag gegen dich stelle, ist das schon mal ein Schritt in diese Richtung.«
    Er zuckt die Achseln.
    Nina lehnt sich gegen die Tür, hineinbitten will sie ihn nicht.
    »Du kannst doch nicht behaupten, daß dir das völlig egal ist?«
    »Und warum nicht?« Breitbeinig steht er vor ihr, jetzt verschränkt er demonstrativ die Arme.
    Nina betrachtet ihn eine Weile, ohne etwas zu sagen. Die Stille ist ihm sichtlich unangenehm, er kratzt sich an seinem kurzgeschorenen Hinterkopf.
    »Weißt du was«, sagt Nina, »mir ist es auch egal. Piepwurschtegal. Was geht mich dein Leben an!« Sie löst sich von der Tür, »dann mach's gut«, und schließt sie langsam.
    »Halt, warte«, hört sie ihn sagen.
    »Ja? Was ist noch?« Mit mißmutigem Gesichtsausdruck öffnet sie die Tür wieder einen Spalt.
    »Ich komme mit!« Jetzt sieht er aus, als sei er eben zusammengeschlagen worden. Die Schultern hängen, die Hände hat er in den Jackentaschen vergraben. »Zu diesem ... Berater. Vom Jugendamt.«
    Nina muß fast lachen. Es ist wohl stets der gleiche Mechanismus, bei allen Pubertierenden der Welt. Redet man ihnen zu, wollen sie nicht. Redet man dagegen, sind sie dafür. Opposition aus Prinzip. Sie war auch so.
    »Gut«, sagt sie. »Mal sehen, was ich tun kann. Ich melde mich dann bei deiner Tante!«
    Er nickt und dreht sich zum Gehen um.
    Täuscht sie sich, oder hat sie ein: »und - es tut mir leid« gehört?
     
    Drei Tage vor ihrem Abflug nach Los Angeles sieht Nina Rosa Heckschneider ins Bistro hereinkommen. Ihr Herz schlägt sofort schneller. Das hat sicherlich etwas zu bedeuten. Nur hat sie jetzt überhaupt keine Zeit, sich darum zu kümmern. Es ist noch nicht einmal ein Platz für die alte Dame frei. Mit einem Stapel schmutziger Teller quetscht sich Nina an den vollbesetzten Tischen vorbei, stellt alles auf dem Tresen ab und geht schnell Rosa Heckschneider entgegen, um sie zu begrüßen.
    »Wo bleibt mein Bier?« fegt ein Mann sie dabei an, und eine junge Frau ruft: »Ich will endlich zahlen!«
    »Ja, gleich!« Nina winkt ab. Sie ist jetzt schon zu lange dabei, um sich über so etwas noch aufzuregen.
    Rosa nickt ihr zu. »Ich sehe schon, ich komme besser später noch mal!«
    Ein Klingelzeichen, das bedeutet, daß die Küche Essen ausgibt.
    Nina zuckt die Achseln. »Die Frau dort drüben will bezahlen - wenn Sie kurz warten wollen?«
    Rosa will und bestellt sich eine Kleinigkeit. Nach knapp einer Stunde ist das Schlimmste vorbei, die Tische lichten sich allmählich. Anna macht die Kasse, Nina setzt sich mit einer Tasse Kaffee zu Rosa.
    »Gefällt Ihnen das?« fragt Rosa mit einer Kopfbewegung über den gesamten Raum hinweg.
    »Gefallen?« fragt Nina erstaunt. »Nein, aber ich verdiene gutes Geld. Hundert Mark im Schnitt für die paar Stunden. Das ist schon top!«
    Rosa Heckschneider rechnet hörbar.
    »Stimmt«, sagt sie dann, »das ist mehr, als eine Theatergruppe am Abend verdienen kann, wenn sie richtig Pech hat.«
    Ist sie hergekommen, um ihr das zu sagen?
    »Wollen Sie auch hier anfangen?« fragt Nina. »Ich könnte vielleicht ein gutes Wort für Sie ...«
    Rosa Heckschneider lacht. Sie streicht ihr silbrig glänzendes Haar zurück.
    »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Welche wollen Sie zuerst?«
    »Die schlechte!« Nina hält die Luft an. Hoffentlich ist sie nicht zu schlecht.
    »Mona Lisa hat im Moment genügend freie Mitarbeiterinnen und keinen
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