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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht
Autoren: Vampira VA
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Heute aber hatte Tillys Heer Einzug gehalten.
    Am schwersten jedoch wog nicht die Tatsache, daß die Stadt genommen worden war. Hundertfach schlimmer waren jene, die in den Kriegstruppen mitzogen und sich nach der Schlacht über die Geschlagenen hermachten, wie sich die Geier aufs Aas stürzten. Viele von ihnen waren Söldner, die sich gegen Handgeld hatten anwerben lassen und weil sie im Heeresdienst eine Beschäftigung mit auskömmlicher Nahrung sahen. Abenteuerlust hatte sie getrieben - und die Aussicht auf Beute. Wenn die Truppen einen Ort genommen hatten, nahmen sie den Leuten des Ortes ihre Habe - und wer Widerstand leistete, verlor sein Leben obendrein.
    Freilich wußten die Feldherren und Offiziere um dieses Marodieren. Und man hieß es keineswegs gut. Aber man unternahm auch nichts dagegen, sondern sah nur weg. Schließlich brauchte man in den Truppen jeden Mann, wurden sie doch fast stündlich dezimiert. Denn die wenigsten - obwohl natürlich viele - starben im Kampf; der größte Feind der Kriegführenden waren Krankheiten wie die Pest, die unsichtbar jeden Truppenzug mitmachten und so in alle Winkel des Landes gelangten.
    All diese Gedanken gingen Balthasar Auer durch den Sinn, und obgleich sie sein Denken kaum länger als eine Sekunde beanspruchten, kosteten sie ihn doch ums Haar das Leben!
    Im buchstäblich allerletzten Augenblick - und vielleicht nur, weil der andere seinen Schwerthieb mit einem markerschütternden Gebrüll begleitete - riß Auer den Schemel in die Höhe. Damit hatte sich der Schmied den Söldner bislang halbwegs vom Leibe gehalten. Jetzt aber zersplitterte ihm der Schemel unter dem Schwertstreich in den Händen.
    Eines der hölzernen Beine behielt Balthasar Auer in der Hand, den Rest warf er dem anderen entgegen. Der holte schon zu einem weiteren Schlag aus. Zu weit jedoch, und zu langsam. Auer nutzte die Gelegenheit, um aus der Stoßrichtung des wüsten Gesellen zu kommen, und versetzte ihm eins mit dem Holz. Der andere wankte einen Schritt zur Seite und schüttelte murrend den Kopf, als müßte er darin alles zurück an seinen angestammten Platz rücken.
    Derweil sah Balthasar Auer sich nach etwas um, mit dem er sich wirkungsvoller gegen den Eindringling zur Wehr setzen könnte.
    Wie ein fleischgewordener Sturmwind war der zerlumpte Soldat mit gezücktem Schwert ins Haus des Schmieds gekommen und hatte, ohne groß zu reden und zu fordern, Auer angegriffen. Der hatte zuvor beobachtet, daß andere vom Schlage dieses Kerls in weitere Häuser der Umgegend eingedrungen waren. Und die Schreie, die an sein Ohr geklungen waren, hatten ihm gezeigt, daß diese Söldner nirgends großes Federlesen gemacht hatten.
    Weil er in der Hast nichts fand, was ihm als Waffe dienen konnte, brachte Auer zumindest den Tisch der Stube zwischen sich und den anderen, der sich von dem Treffer erholt hatte. Der Schmerz schien seine Lust aufs Morden noch angestachelt zu haben.
    »Das bezahlst mir«, drohte er, und ein Speichelfaden rann ihm übers Kinn. Dabei drehte er die Augen in den Höhlen und stieß die Klinge über die Tischplatte nach dem Schmied, der sich mit einem hastigen Sprung außer Reichweite brachte. Dabei glich er aber auch die Bewegung des Soldaten aus, der um den Tisch herumkommen wollte.
    »Reiß nur aus«, meinte der Söldner. »Katz und Maus spielen, das mag ich. Aber am End' gewinnt doch immer die Katz!«
    Er täuschte einen Schritt nach links an - und kam dann rechts um den Tisch herum, nur scheinbar schwerfällig wie ein Bär.
    Balthasar Auer versuchte zur Seite hin auszuweichen, aber er wußte, daß er nicht schnell genug sein konnte. Das Schwert war dem Söldner wie ein verlängerter Arm, und damit würde er ihn auf jeden Fall packen.
    Nur einen Ausweg sah Auer noch, und zugleich konnte der seine Rettung bedeuten.
    Mit einem gewaltigen Sprung warf er sich gegen die niedrige Tür, die von der Stube in seine Schmiede hinüberführte. Er hatte längst schon in den Anbau gelangen wollen, nur hatte ihm der andere buchstäblich den Weg verwehrt. Dort nämlich mochte sich etwas finden, mit dem er sich gegen den mordlustigen Kerl verteidigen konnte.
    Die Tür brach unter dem Ansturm des gewichtigen Auer aus Schloß und Angeln. Hart schlug er auf, daß es ihm pfeifend die Luft aus den Lungen trieb. Trotzdem er kaum Atem holen konnte, gönnte sich Balthasar Auer keine Ruhe, sondern kroch auf allen Vieren von der Tür weg. Aus vor Schmerz tränenden Augen sah er sich nach einer behelfsmäßigen
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