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Die Liebe ist eine Insel

Die Liebe ist eine Insel

Titel: Die Liebe ist eine Insel
Autoren: Claudie Gallay
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Büro und sieht die Post durch. Die Umschläge stapeln sich, er findet nicht die Zeit, alle zu öffnen.
    Er vermietet den Saal für zwei andere Stücke. L’Enfer um die Mittagszeit und ein Vaudeville um fünfzehn Uhr, aufgeführt von der Troupe du Sablier. Beide Theatergruppen streiken. Unmöglich, die Verträge zu ändern.
    Alles ist vollgestellt, um ihn herum, oben, in den Räumen nebenan, fünfzehn Jahre Archiv und alte Bühnenbilder.
    Er ruft den Direktor des Théâtre des Carmes an. Benedetto sagt, in seinem Viertel sei es noch nie so ruhig gewesen. Sein Theater bleibt geöffnet, doch die Vorstellungen sind abgesagt. Seine Bühne wird zu einem Diskussionsort. Keine Vorstellungen auch im Chêne-Noir.
    Odon führt weitere Telefongespräche.
    Er steht auf.
    Der Punchingball schwingt vor dem Fenster hin und her. Er war schon da, als er das Theater gekauft hat. Er streichelt ihn mit der flachen Hand und schlägt hinein. Mehrmals. Ein dumpfes Geräusch. Er schlägt fest zu.
    Anschließend ruft er seine Schwester an. Die Große Odile wohnt im selben Viertel, ganz in der Nähe, Rue des Bains. Er war mit ihr zum Mittagessen verabredet, nun sagt er, dass er nicht kommen wird.

D ie Jogar drückt das Tor auf. Die Angeln quietschen. Das tun sie seit ewigen Zeiten. Etwas roter Rost löst sich vom Eisen und bleibt an ihren Fingern haften.
    Sie macht ein paar Schritte und hebt den Kopf. Der gleiche Geruch, der gleiche Staub. Die Fahrräder der Jungs, die verstreuten Bälle. Die große Akazie. Das Licht prallt auf ihr Blätterkleid und fällt in den Hof wie in einen Brunnen.
    Der Müllraum.
    Die Fensterläden der Großen Odile sind geschlossen.
    Sie hebt einen Kieselstein auf und zielt. Der Kieselstein trifft.
    Noch einmal.
    Schließlich öffnet sich der Fensterladen.
    Die Große Odile beugt sich hinaus, Bubikopf, gestreifte Latzhose. Als sie die Jogar erkennt, stößt sie einen Schrei aus und stürmt hinunter. Im nächsten Augenblick umarmt sie sie im Hof.
    Sie schaut sie an, nimmt ihre Hand, zieht sie mit sich, schaut sie erneut an.
    »Wie ich mich freue, dich zu sehen!«
    In der Küche räumt sie hastig auf, macht die Unordnung nur noch größer. Die Wohnung ist ruhig, die Jungs verbringen den Nachmittag im Schwimmbad.
    Sie nimmt Wasser und Getränke aus dem Kühlschrank.
    »Komm, erzähl …«
    »Was soll ich dir erzählen?«
    »Du bist immerhin die Jogar geworden!«
    »Die Jogar, ja …«
    »Und was bedeutet das für dich?«
    Die Jogar trinkt einen Schluck Wasser.
    »Es bedeutet ein diszipliniertes und ziemlich arbeitsreiches Leben.«
    Die Große Odile legt eine Hand auf ihre.
    »Du fandest dich hässlich, du wolltest nicht, dass man dich anschaut, du hast dich unter dem Tisch versteckt, wenn jemand kam. Und heute bist du berühmt!«
    Sie zieht die Augenbrauen hoch.
    »Du hättest ruhig mal von dir hören lassen können …«
    Das ist kein Vorwurf.
    Die Jogar sagt, ich habe oft an dich gedacht.
    Es war eine so schöne Freundschaft. Eine Mädchenfreundschaft, die in der Schule begann und in der man sich alles erzählte. Mathilde hatte keine Schwester. Sie spielte immer allein. Für die Spiele zu zweit wechselte sie die Stühle, veränderte die Stimme, erfand sich eine Freundin. Sie sprechen über damals.
    Odile füllt ihr Glas.
    »Willst du Grenadine?«
    Sie steht auf, öffnet den Wandschrank und stellt eine Packung palets bretons auf den Tisch.
    »Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich einen Kuchen gebacken.«
    Auf dem Fernseher stehen Fotos ihrer vier Jungs in Muschelrahmen. An der Kühlschranktür selbst gebastelte Magneten. Jungen, jeder von einem anderen Vater.
    Die Jogar betrachtet sie.
    »Erinnerst du dich? Ich wollte immer Kinder, und du wolltest keine …«
    Der Große macht eine Mechanikerausbildung, Odile sagt, dass es ihm nicht gefalle, ihn aber von der Straße fernhalte.
    »Wollte er nicht Friseur werden, als er klein war?«
    »Das will er noch immer.«
    In einem Rahmen das Foto ihrer Eltern. Die Jogar erinnert sich an sie. Ihr Vater ist bei einem Sturz vom Fahrrad ums Leben gekommen, ihre Mutter zwei Jahre später vor Kummer gestorben. Odile ist in ihrem Haus geblieben.
    Sie öffnet eine Schublade und nimmt Zeitungsartikel heraus.
    »Ich habe alles ausgeschnitten, alles aufgehoben … Du hast ständig deine Texte rezitiert, das weiß ich noch. Sogar am Sonntag! Ich habe immer in deiner Straße gespielt und dich durchs Fenster gehört.«
    Die Jogar sieht die Artikel durch.
    »Ich habe damals schon meine
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