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Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis

Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis

Titel: Die vergessenen Welten 07 - Das Vermächtnis
Autoren: R. A. Salvatore
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Vorspiel
    Der Ausgestoßene Dinin bewegte sich vorsichtig durch die Straßen von Menzoberranzan, der Stadt der Dunkelelfen. Als Abtrünniger, der seit fast zwanzig Jahren nicht mehr den Schutz und die Unterstützung einer Familie genossen hatte, wußte der erfahrene Kämpfer sehr wohl um die Gefahren der Stadt, und er wußte, wie er sie vermeiden konnte.
    Er kam an einem verlassenen Anwesen an der zwei Meilen langen Westwand der Höhle vorbei und blieb unwillkürlich stehen. Zwei kleine Stalagmitenhügel hatten einst den Zaun gestützt, der jetzt zerstört war. Er zog sich um den gesamten Besitz, dessen Türen aufgebrochen waren, eine zu ebener Erde und eine auf einem zwanzig Fuß hohen Balkon, und in verbogenen und verkohlten Angeln hingen. Wie oft war Dinin zu diesem Balkon hinaufgeschwebt und hatte so die Privaträume der Adligen dieses Hauses betreten, des Hauses Do'Urden?
    Das Haus Do'Urden. Es war verboten, auch nur diesen Namen in der Stadt der Drow auszusprechen. Einst war Dinins Familie die achte in der Rangfolge der etwa sechzig Drowfamilien von Menzoberranzan gewesen; seine Mutter hatte dem Herrschenden Konzil angehört, und er, Dinin, war ein Meister von Melee-Megthere gewesen, der Schule der Kämpfer, der berühmten Akademie der Drow.
    Als er jetzt vor dem Anwesen stand, war es ihm, als wäre der Ort tausend Jahre von den Tagen seines Glanzes entfernt. Seine Familie existierte nicht mehr, sein Haus war eine Ruine, und Dinin selbst hatte sich, nur um zu überleben, der Bregan D'aerthe anschließen müssen, einer berüchtigten Söldnertruppe.
    »Einst«, formten die Lippen des ausgestoßenen Drow lautlos. Er zog den verhüllenden Piwafwi-Mantel fester um die schlanken Schultern, als er sich daran erinnerte, wie verletzlich ein hausloser Drow sein konnte. Ein kurzer Blick auf das Zentrum der Höhle, auf die Säule Narbondel, sagte ihm, daß es bereits spät war. Beim Anbruch eines jeden Tages schritt der Erzmagier von Menzoberranzan dorthin und erfüllte die Säule mit einer magischen, anhaltenden Hitze, die aufsteigen und dann wieder abklingen würde. Für die empfindlichen Drowaugen, die im infraroten Spektrum sehen konnten, war der Hitzegrad in der glühenden Säule eine Zeitangabe auf einer riesigen Uhr.
    Jetzt war Narbondel fast kühl; ein weiterer Tag näherte sich seinem Ende.
    Dinin mußte mehr als die halbe Stadt durchqueren, um die geheime Höhle im Klauenspalt zu erreichen, einer großen Schlucht in Menzoberranzans nordwestlicher Wand. Dort wartete Jarlaxle, der Anführer von Bregan D'aerthe, in einem seiner zahlreichen Verstecke.
    Der Drowkämpfer durchquerte das Zentrum der Stadt, kam direkt am Narbondel vorbei und passierte mehr als hundert ausgehöhlte Stalagmiten, die ein Dutzend verschiedene Familienanwesen bildeten, deren fabelhafte Skulpturen und Wasserspeier in vielfarbigem Feenfeuer leuchteten. Drowsoldaten, die entlang der Hauswände oder an den Brücken, die eine Vielzahl tückischer Stalaktiten miteinander verbanden, auf Patrouille waren, hielten inne und beobachteten den einsamen Fremden wachsam. Sie hielten ihre Armbrüste und vergifteten Speere bereit, bis Dinin weit weg war.
    So war es in Menzoberranzan: Alle waren immer auf der Hut, immer mißtrauisch.
    Dinin warf einen wachsamen Blick in die Runde, als er den Rand des Klauenspalts erreichte. Dann glitt er über die Kante und benutzte seine angeborene Fähigkeit der Levitation und ließ sich langsam in die Kluft hinabsinken. Mehr als hundert Fuß tiefer blickte er erneut auf die Bolzen gespannter Handarmbrüste, aber diese wurden zurückgezogen, sobald die Wachen der Söldner Dinin als einen der Ihren erkannten.
    Jarlaxle hat auf Euch gewartet, signalisierte eine der Wachen in der komplizierten Zeichensprache der Dunkelelfen.
    Dinin machte sich nicht die Mühe einer Antwort. Er schuldete einfachen Soldaten keine Erklärungen. Rüde drängte er sich an dem Wachposten vorbei und ging einen kurzen Tunnel hinunter, der sich schon bald in ein wahres Labyrinth aus Korridoren und Räumen verzweigte. Nach mehreren Abbiegungen hielt der Dunkelelf vor einer schimmernden Tür, die dünn und fast durchscheinend war. Er legte seine Hand auf ihre Oberfläche und ließ durch seine Körperwärme einen Eindruck entstehen, den wärmesehende Augen auf der anderen Seite wie ein Anklopfen interpretieren würden.
    »Endlich«, hörte er einen Augenblick später Jarlaxles Stimme. »Kommt herein, Dinin, mein Khal'abbil. Ihr habt mich viel zu lange
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