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Die Lady in Weiß

Titel: Die Lady in Weiß
Autoren: Miranda Jarrett
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tun, nicht mit ihm. Sie konnte es nicht tun. Leise seufzend riss sie sich los und trat einen Schritt zurück.
    Sir Harry wirkte verärgert, genau wie ihre Mutter. „Die Scheu und die Furcht eines unerfahrenen Mädchens, mein Herr, das ist alles“, sagte Miriam schnell und legte die Hände auf die Schultern ihrer Tochter. Eine Demonstration mütterlicher Sorge, die darüber hinaus Caroline davon abhielt, sich noch weiter zu entfernen. „Ich sagte Ihnen ja, dass sie erst seit zwei Wochen in der Stadt ist.“
    „Seit zwei Wochen erst?“ Sein gieriger, lüsterner Blick verursachte Caroline Übelkeit. „Dann schwörst du also, dass sie noch Jungfrau ist?“
    „Kein Mann hat sie je berührt, mein Herr“, antwortete ihre Mutter und unterdrückte ein Husten. „Nicht einmal geküsst.“
    „Dann komm mit mir, kleines Mädchen“, sagte er zufrieden, „und ich werde dir alles beibringen, was du wissen musst.“ Er legte Caroline den Arm um die Taille und zog sie näher zu sich heran. Sie wand sich krampfhaft in seiner Umklammerung und könnte noch einen letzten Blick auf ihre Mutter werfen, die allein zurückblieb, das blutgetränkte Taschentuch auf den Mund gepresst. Der hohe Federschmuck wippte sanft über ihrem gefassten, ausdruckslosen Gesicht. Oh, Mama ...
    Die Musik und die Gespräche um sie herum gingen ungestört weiter, während Sir Harry Caroline mit sich zog und mit ihr in Richtung der Türen ging, die zum Garten hinausführten. Gütiger Gott, zum Garten: Schon jetzt wollte er mit ihr allein sein. Er würde nicht einmal warten, bis sie in seinem Haus waren. Sie wehrte sich, wobei sich ihr Absatz im Saum ihres Kleides verfing und sie mit einem leisen Aufschrei nach vorn stürzte.
    Fluchend riss er sie auf die Füße zurück. „Komm schon, du kleines Miststück. Eine Frau mit Esprit ist eine Sache, aber trotziger Eigensinn ist etwas völlig anderes. Oder möchtest du vielleicht mit mir spielen? Du spielst das unartige Mädchen, und ich werde dir Manieren beibringen?“
    Caroline schüttelte den Kopf und starrte ihn verwirrt und verzweifelt zugleich an. „Nein, Sir, vergeben Sie mir! Ich hatte nicht vor, mit Ihnen zu spielen! “
    Seine kleinen Augen funkelten, als er sie plötzlich so grob am Handgelenk packte, dass sie vor Schmerzen aufschrie. „Wir werden schon noch miteinander spielen, nicht wahr, mein kleine Katze? Du mit mir, und ich mit dir! “
    „Lassen Sie die Lady los, Wrightsman“, sagte eine sanfte Stimme hinter ihnen. Mit wild klopfendem Herzen drehte Caroline sich um, damit sie sehen konnte, wer sie verteidigte. Er sah nicht gerade wie ein Held aus - dürr und mager wie ein Storch, in einem einfachen braunen Mantel, sein graumeliertes Haar kurzgeschoren wie bei einem Mönch -, aber Caroline erschien er im Augenblick wie ein Ritter auf einem weißen Pferd. „Ich glaube nicht, dass sie länger in Ihrer Gesellschaft bleiben möchte.“
    „Es ist völlig belanglos, was sie möchte, Byfield“, entgegnete Sir Harry unfreundlich. „Sie ist Miriams Tochter, und ich habe mir ihre Dienste von Miriam persönlich erkauft.“ Ein Schauder überkam den grauhaarigen Mann. „Ihre eigene Mutter hat sie an Sie verkauft?“
    „Jawohl, und sie hat dabei mehr verdient als ein Wucherer“, antwortete Sir Harry säuerlich. „Sie sollten wissen, dass mich die Jungfräulichkeit dieser kleinen Hure ein Vermögen gekostet hat.“
    „Wenn sie noch jungfräulich ist, kann sie schwerlich eine Hure sein“, erklärte Byfield. „Sie erscheint mir außerdem zu jung für derartige Tätigkeiten. Seit wann bevorzugen Sie Kinder, Wrightsman?“
    Sir Harry schnaubte ungeduldig. „Seit Weihnachten mit dieser unmöglichen Schauspielerin in Bath. Sie hat mir die Syphilis angehängt, Gott verfluche sie! Selbst ein alter Puritaner wie Sie sollte wissen, dass es nur eine sichere Heilmethode gibt, nämlich eine Jungfrau, und das bedeutet, dass das Mädchen eben einfach sehr jung sein muss. Wie sonst kann ein Mann sicher sein, dass die Kleine wirklich das ist, was sie zu sein vorgibt?“
    Byfield sah den anderen Mann ungläubig an. „Sie würden das Leben dieses armen Mädchens hier absichtlich zerstören? Sie wollen sie anstecken in der sinnlosen Hoffnung, selbst dabei geheilt zu werden?“
    „Seien Sie versichert, dass sie sehr gut für ihre Unannehmlichkeiten bezahlt wird.“
    „Es ist mir egal, was Sie der Mutter gezahlt haben, Wrightsman. Ich werde keinesfalls danebenstehen und Ihnen bei Ihrem schändlichen Treiben
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