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Die Kunst des guten Beendens

Titel: Die Kunst des guten Beendens
Autoren: Katharina Ley
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Vollen. Voll-enden: ein erfülltes Ende, ein volles Ende. Das Wagnis könnte sein, einen Verlust als eine Vollendung anzunehmen. Nicht sofort danach, nicht als Abschluss des Beendens. Vielleicht erst Jahre oder Jahrzehnte später. Oder dann, wenn ein Beenden dem anderen folgt und es unausweichlich wird, die innere Lebenshaltung entsprechend anzupassen. »Ja, wenn das Lebensband zerreißt«, singt ein Tenor in der Bach-Kantate BVW Nr.16. Und der Tenor singt es in einer Schönheit, die den Text vertieft und die Schönheit von Bachs Melodie intensiviert. Der Kantatentext ist religiös; die Musik ist es nicht und will es auch nicht sein. Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass dann, wenn das Lebensband zerreißt, ein Mensch den geliebten Jesus allein als Reichtum seiner Seele betrachtet. Es geht hier auch gar nicht um den Wortlaut, sondern um die Lebenshaltung. Sie kann immanent oder transzendent sein. Wir wissen, dass eine transzendente Ausrichtung (es gibt noch etwas, das größer ist als wir) die seelische Widerstandsfähigkeit oder Resilienz entscheidend fördert.
    Wenn das Leben einen zerreißt, ist innerlicher Wandel unabdingbar, um gesund zu bleiben.
    Ein Beenden als Vollenden wahrnehmen zu können, mag ein solcher innerlicher Wandel sein.
    Auch wenn es schmerzt, hat sich etwas im Leben erfüllt.

Ausklang
    In der Einleitung bin ich auf die vorerst schwer erklärlichen Schwierigkeiten eingegangen, die sich mir beim Beginn des Schreibens über die Kunst des Beendens ergeben haben. Sie haben mich verwirrt und entmutigt. Es ergaben sich unsinnige Phantasien, dass ich nach dem Beenden dieses Textes tot umfallen würde. Ich begann zu verstehen, dass das Beenden kein einfaches Thema ist. Beenden konfrontiert zu sehr mit Ängsten um Leben und Sterben, mit Schuld und Scham, mit Trauer. Es gibt keinen Weg daran vorbei.
    »Vielleicht ist die Nacht heller als der Tag«?, habe ich mich damals gefragt. Lao Tse spricht von der Dunkelheit als Quelle aller Geheimnisse und aller Erscheinungen. Dunkelheit in der Dunkelheit sei das Tor zu allem Verständnis. Aber auch das Licht sei es. Denn beides, Licht und Dunkelheit, können von unseren Sinnen nicht durchdrungen werden. Wir kennen sie nicht. Wir sind nicht wissend.
    Wir können uns in der Liebe üben, das ist das Einzige, das die Dunkelheit durchdringt und uns im Licht sehend macht. In der Liebe zu uns, zu anderen Menschen, zum Leben. In die Liebe schließen wir ein, dass im Leben alles vorläufig und im Wandel ist. Wir haben keine andere Wahl. Wenn wir sie liebend durchdringen, wird sie zum Geschenk. Jetzt ist unser Leben.
    Beenden und vollenden. Leben und Tod. Geburt und Sterben. Sowohl als auch. So wie Herzeleid und Herzensfreude in ein und derselben Kantate bei Johann Sebastian Bach besungen werden. So wie eine Scheidung neben der Trauer auch Freude und Erleichterung auslöst. So wie das Leben immer auch ein Fragment bleibt.

Dank
    Ich habe sehr vielen noch lebenden und lebendigen Menschen für Anregungen und für Unterstützung zu danken. Und auch einigen mir nahestehenden Menschen, die in den Jahren meiner Arbeit am Thema des Beendens gestorben sind. Manches Mal habe ich bei einem Todesfall mit leiser Wehmut gedacht, dass dieser Mensch das stete Beenden, das im Leben immer wieder ansteht, nun hinter sich hat. Beenden macht auch müde. Abschiednehmen schmerzt. Aus dieser Müdigkeit und aus dem Schmerz gilt es wieder herauszufinden, um der ureigenen Lebensspur zu folgen. In solchen Situationen habe ich die Präsenz von Freundschaften und Familie als äußerst ermutigend erlebt.
    Ich danke Frau Mathilde Fischer vom Kreuz Verlag, die mir das Thema des Beendens unermüdlich nahegelegt hat. Sie hat immer daran geglaubt, dass sich aus der Beschäftigung mit diesem Thema ein Buch ergeben wird, das auch für andere Menschen hilfreich werden kann.
    Ich fühle Luise Reddemann gegenüber tiefe freundschaftliche Dankbarkeit für mannigfaltigste Inspirationen. Ich danke Alfred Willener, Geri Pfister, Adriano Vasella und Marianne Fankhauser, die sich mit meinen Texten auseinandergesetzt haben und mir so geholfen haben, an diesem anspruchsvollen Thema dranzubleiben. Ich habe ihre Ideen und Inspirationen gern und dankbar entgegengenommen. Es sind viele Beispiele aus meinen Lebenserfahrungen und aus meiner psychotherapeutischen Arbeit in das Buch eingeflossen. Ich bin jeder Frau, jedem Mann und jedem Kind dankbar, dass ich von ihrer Lebenserfahrung lernen durfte. Meine vielen wunderbaren
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