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Die Kunst des guten Beendens

Titel: Die Kunst des guten Beendens
Autoren: Katharina Ley
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geben ihr immer wieder andere Worte. Die stoische Gelassenheit beispielsweise ist eine Lebenskunst, eine Unerschütterlichkeit des Gemütes, eine Seelenruhe. Nach Epikur erreicht man sie, wenn man das richtige Maß des Umgangs mit sich selbst findet, und auch, wenn man sich vom Getriebe der Welt fernhält. Seneca betont die innere Festigkeit. Er erwähnt auch, dass es wichtig sei, sich aus sich selbst heraus zu freuen, denn »alle die anderen fröhlichen Anlässe füllen das Herz nicht, sie glätten nur die Stirn und sind flüchtiger Natur«. Von Horaz ist der Satz bekannt, dass durch Lust und Liebe auch schwere Arbeit leicht wird.
    Im Buddhismus bedeutet Gelassenheit auch Gleichmut: Es geht um ein Loslassen von Anhaftungen, von Gewohnheiten, von destruktiven Gedanken und Gefühlen. Durch die Meditation wird eine innere Gelassenheit angestrebt undpraktiziert. Diese Gelassenheit und innere Ruhe kann mit ausreichender Übung auch über die Meditation hinaus gespürt werden. Auch wenn es draußen tobt und stürmt, spürt ein Mensch in sich Gleichmut.
    Es gibt kaum eine Philosophie, keine Mystik und auch keine Religiosität und Spiritualität, die nicht die Gelassenheit als erstrebenswertes Ziel betrachtet. Das ist bemerkenswert, weil wohl alle Menschen zu allen Zeiten gespürt haben und spüren, dass Gelassenheit innere Freiheit ermöglicht. Für die meisten nicht ein für alle Mal, sondern immer wieder. Gelassenheit ist eine Lebenshaltung, um die man sich zu bemühen hat. Ein Immer-wieder-Loslassen und Freiwerden von Angst und Furcht ist eine lebenslange Aufgabe. Nötig ist ein Vertrauen in sich selbst, um loslassen und lassen zu können: sich selbst, die Ängste, den Ärger, die anderen Menschen. Gelassenheit hat mit »lassen« zu tun.
    Gelassenheit – das mag wie die Natur sein, die immer wieder zu neuem Blühen erwacht und sich von den furchtbarsten Verwüstungen erholt. Es mag der lächelnde Buddha sein. Vielleicht ist es ein alter Mensch, der sich vor gar nichts mehr fürchtet und gelassen dem Tod entgegenblickt.
    Es mag der liebende Blick auf die Verwobenheit allen Seins sein, auf die Verbundenheit aller Menschen auf diesem Planeten und auf das Eingebundensein in ein größeres Leben und in Kräfte, die wirken und die mächtiger sind als wir.
    Annette erzählt: »Im Laufe meiner bald fünfzig Jahre habe ich gelernt, gelassener zu werden. Dinge zu lassen, die ich nicht ändern kann. Ich glaubte früher, das sei nur möglich, wenn man sich von der Welt zurückziehe. Heute denke ich, dass es darauf ankommt, in meinem anspruchsvollen Alltag gelassener zu werden.
    Vor einem Jahr bin ich arbeitslos geworden und bin es leider bis heute geblieben. Das hat mich in einen Abgrund gestürzt, aus dem ich nur langsam wieder heraufkrabble. Ich merke nun, wie mein Selbstwert und mein Selbstvertrauen eng, zu eng mit meiner Arbeit und meinem Freundeskreis verknüpft waren undnoch sind. Beides hat sich vor einem Jahr radikal und erschreckend verändert. Ich bin daran, das Vertrauen in mich selbst, in meinen Wert als Mensch und Mitmensch, neu aufzubauen. Ich kann es nun endlich zulassen, dass ich Arbeitslosengeld beziehe. Ich kann es sein lassen, mich vor mir selbst bewähren zu müssen. Ich kann es stehen lassen, dass ich zurzeit kaum ein Lob, kaum eine Anerkennung erhalte. Ich weiß, dass ich zu mir selbst lieb sein muss. Das übe ich ganz bewusst. Und manchmal bin ich sogar dankbar dafür, dass ich mein früheres Leben ändern musste. Ich habe einiges hinter mir gelassen.«
    Großzügigkeit bedeutet, ein großes Herz zu haben, Zeit und Raum zu haben, anerkennend und tolerant zu sein, sich selbst gegenüber und auch im Hinblick auf andere. Es ist das Gegenteil von Kleinlichkeit, Enge und Berechnung, letztlich das Gegenteil der Angst, zu kurz zu kommen.
    Tamara erzählt von drei ihrer Freundinnen, die sie in ihrer Großzügigkeit beeindrucken. Sie habe festgestellt, dass es Frauen sind, die wenige Ängste haben, die wenig anhäufen und sichern müssen, die interessanterweise eher knapp bei Kasse seien, die mit einem Lachen Liebe verschenken würden und viel Phantasie hätten. Es sei ihr so wohl in der Nähe dieser Frauen. Deren Leichtigkeit und Großzügigkeit machten ihr einen tiefen Eindruck, weil sie bei sich die Großzügigkeit gar nicht kenne. Anfangs habe sie sich immer revanchieren wollen, dann aber festgestellt, dass keine der drei Freundinnen das erwarte. Das habe sie auf sich selbst zurückgeworfen und sie habe gemerkt,
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