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Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
Autoren: Melissa Marr
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Prolog
    Der Sommerkönig kniete vor ihr nieder. »Du hast dich also wirklich entschieden, das Wagnis einzugehen?«
    Sie sah ihn an – den jungen Mann, in den sie sich während der letzten Wochen verliebt hatte. Nicht im Traum hätte sie gedacht, er könnte etwas anderes sein als ein Mensch, doch nun glühte seine Haut, als flackerten Flammen darunter, so sonderbar und schön, dass sie gar nicht mehr wegschauen konnte. »Ja, ich will es tun.«
    »Du weißt, wenn du nicht die Richtige bist, wirst du die Kälte der Winterkönigin in dir tragen – so lange, bis die nächste Sterbliche denselben Mut aufbringt wie du. Versprichst du, sie dann davor zu warnen, mir zu vertrauen?« Er verstummte und betrachtete sie sorgenvoll.
    Sie nickte.
    »Und wenn sie mich abweist, warnst du das nächste Mädchen und das danach?« Er kam näher. »Und erst wenn eine von ihnen trotzdem einwilligt, wirst du von der Kälte erlöst.«
    »Ich weiß.« Sie lächelte so tapfer sie konnte und ging zu dem Weißdornbusch. Die Blätter streiften ihre Arme, als sie sich bückte und unter den Busch griff.
    Ihre Finger legten sich um das Zepter der Winterkönigin. Es war schlicht und abgegriffen, als hätten schon zahllose Hände das Holz umklammert. Doch an jene Hände, jene Mädchen, die bereits vor ihr hier gestanden hatten, wollte sie jetzt nicht denken.
    Sie richtete sich auf, ängstlich und gleichzeitig voller Hoffnung.
    Er trat von hinten an sie heran. Das Rauschen der Bäume wurde lauter, fast ohrenbetäubend. Seine Haut, seine Haare leuchteten in einem immer helleren Glanz. Auf dem Boden vor ihr war plötzlich ihr eigener Schatten zu sehen.
    »Bitte. Lass sie die sein, die ich suche«, flüsterte er.
    Sie hielt das Zepter der Winterkönigin fest in der Hand und hoffte – ein kurzer Moment der Zuversicht. Doch dann bohrte sich das Eis in sie hinein, breitete sich wie Glasscherben in ihren Adern aus.
    »Keenan!«, schrie sie.
    Sie stolperte auf ihn zu, doch er entfernte sich, leuchtete nicht mehr, schaute sie nicht mal mehr an.
    Dann war sie allein. Nur ein Wolf leistete ihr Gesellschaft, während sie darauf wartete, dem nächsten Mädchen zu sagen, wie dumm es war, ihn zu lieben, ihm zu vertrauen.

Eins
»SEHER oder Menschen mit dem ZWEITEN GESICHT …
haben schreckenerregende Begegnungen mit [den ELFEN,
die sie Sleagh Maith nennen oder das Gute Volk].«
    Robert Kirk /Andrew Lang: Die verborgene Gemeinschaft (1893)
    »Die Vier, mittleres Loch.« Ashlyn stieß das Queue in einer kurzen, schnellen Bewegung nach vorn; die Kugel fiel mit einem befriedigenden Klacken in das Loch.
    Denny, ihr Spielpartner, zeigte ihr einen schwierigeren Stoß an, einen über die Bande.
    Sie verdrehte die Augen. »Was ist los? Hast du’s eilig?«
    Er gestikulierte weiter mit dem Queue.
    »In Ordnung.« Konzentration und Beherrschung. Allein darauf kommt es an. Sie versenkte die Zwei.
    Er nickte kurz – seine höchste Form der Anerkennung.
    Ashlyn ging um den Tisch herum, blieb stehen und kreidete den Stock. Das Klacken der zusammenstoßenden Kugeln im Raum, das leise Gelächter, selbst die endlose Country- und Blues-Musik aus der Jukebox gaben ihr Halt in der normalen Welt: der Menschenwelt, der sicheren Welt. Das war nicht die einzige Welt, sosehr Ashlyn es sich auch wünschte. Aber manchmal überlagerte sie die andere – die schreckliche – für kurze Augenblicke. »Die Drei, Eckloch.« Sie nahm ihr Ziel ins Visier. Es war ein einfacher Stoß.
    Konzentration. Beherrschung .
    Dann spürte sie es: ein warmer Luftzug auf ihrer Haut. Ein Elf beschnüffelte ihr Haar. Sein spitzes Kinn drückte sich in ihre Haut, sein zu heißer Atem drang an ihren Hals. Keine Konzentration der Welt reichte aus, um Spitzgesichts Aufdringlichkeiten auszublenden.
    Sie rutschte ab: Die weiße Kugel war die einzige, die ins Loch fiel.
    Denny nahm sie wieder heraus und legte sie sich auf dem Tisch zurecht. »Was war das denn?«
    »Voll daneben?« Sie rang sich ein Lächeln ab und sah Denny an, den Tisch, alles, nur nicht die Meute, die gerade zur Tür hereinkam. Aber sie hörte sie, auch wenn sie wegschaute: Sie lachten, kreischten, knirschten mit den Zähnen, schlugen mit den Flügeln; eine Kakophonie, der sie nicht entfliehen konnte. Sie liefen jetzt hordenweise draußen herum. Wenn es Abend wurde, bewegten sie sich irgendwie freier. Dann drangen sie in ihre Sphäre ein, und mit dem Frieden, den sie gesucht hatte, war es unwiderruflich vorbei.
    Denny schaute sie nicht lange
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