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Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht

Titel: Sommerlicht Bd. 1 Gegen das Sommerlicht
Autoren: Melissa Marr
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der sein Leuchten verbarg, ihm ein menschliches Aussehen verlieh und ihn für jeden sichtbar machte.
    Das ist neu . Und neu war nicht gut, nicht, wenn es um die Elfen ging. Tag für Tag gingen Elfen an ihr – an jedem – vorbei, unsichtbar und unhörbar, es sei denn, sie wollten es anders. Die besonders Starken, die, die sich weiter in die Stadt hineinwagten, konnten einen Zauber weben – Elfenmagie – und sich als Menschen tarnen. Vor denen fürchtete Ashlyn sich noch mehr als vor allen anderen.
    Und dieser Elf war sogar noch schlimmer: Er hatte den Zauber von einem Moment auf den anderen übergeworfen und war schlagartig sichtbar geworden, als ob es für ihn eine Kleinigkeit sei, sich zu erkennen zu geben.
    Er blieb vor dem Tresen stehen, beugte sich vor, damit man ihn über die aus den Boxen dröhnende Musik hinweg verstand, und redete mit Eddy.
    Eddy sah kurz in Ashlyns Richtung und dann wieder den Elfen an. Er nannte ihren Namen. Sie konnte es nicht hören, aber sie sah es.
    Nein!
    Der Elfentyp kam lächelnd auf sie zu. Nach seinem Aussehen hätte er einer ihrer Mitschüler aus gutem Hause sein können.
    Sie wandte sich ab und griff nach einer alten Ausgabe von Nightmares and Fairy Tales . Sie hielt das Heftchen fest umklammert und hoffte, dass ihre Hände nicht zitterten.
    »Ashlyn, stimmt’s?« Er stellte sich neben sie, sein Arm viel zu nah an ihrem, schaute auf das Comic-Heft und lächelte ironisch. »Ist der gut?«
    Sie trat einen Schritt zurück und musterte ihn ausführlich. Wenn er glaubte, er würde als ein Typ durchgehen, mit dem sie reden wollte, täuschte er sich. Dazu war er viel zu geschniegelt, vom Saum seiner hellen Jeans bis zu seinem guten Wollmantel. Seine Kupferhaare hatte er zu einem matten Blond abgedämpft, das seltsame Sommerrascheln unhörbar gemacht, doch selbst in seinem Menschenkostüm war er zu schön, um echt zu sein.
    »Kein Interesse.« Sie legte das Heft wieder zurück an seinen Platz, ging den nächsten Gang hinunter und versuchte, ihre Angst in den Griff zu bekommen. Vergeblich.
    Er blieb hinter ihr, stetig und zu nah.
    Bestimmt würde er ihr nichts tun, nicht hier, in der Öffentlichkeit. Bei all ihren Fehlern benahmen Elfen sich besser, wenn sie sich als Menschen ausgaben. Vielleicht hatten sie Angst vor den eisernen Gitterstäben in Menschengefängnissen. Der Grund war aber eigentlich auch ganz egal. Wichtig war nur, dass sie sich dabei an eine Regel zu halten schienen.
    Aber wenn Ashlyn ihn ansah, wollte sie trotzdem nichts als weglaufen. Er war wie ein Raubtier im Zoo, das sein Opfer über den trennenden Graben hinweg belauert.
    Die Totenbleiche wartete am Eingang, wo sie unsichtbar auf dem Rücken des Wolfs saß. Sie sah nachdenklich aus, ihre Augen schimmerten wie öliger Schlick: merkwürdige Farbreflexe in einer schwarzen Pfütze.
    Schau unsichtbare Elfen nicht an. Regel Nr. 3 . Ashlyn lenkte ihren Blick ganz langsam wieder auf das Regal vor ihr, als hätte sie sich bloß ein wenig umgesehen.
    »Ich treffe mich mit ein paar Leuten zum Kaffee.« Der Elf kam näher. »Hast du Lust mitzukommen?«
    »Nein.« Ashlyn ging zur Seite, um mehr Abstand zwischen sie zu bringen. Sie schluckte, aber es half nicht gegen ihren trockenen Mund, gegen ihre schreckliche Angst und gegen die Versuchung, die sie spürte.
    Er kam ihr nach. »Dann ein andermal.«
    Das war eigentlich keine Frage. Ashlyn schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht.«
    »Ist sie gegen deinen Charme schon immun, Keenan?«, rief die Totenbleiche. Ihre Stimme schien fröhlich, aber ein harscher Unterton schwang mit. »Kluges Mädchen.«
    Ashlyn reagierte nicht: Die Totenbleiche war nicht sichtbar. Antworte niemals unsichtbaren Elfen. Regel Nr. 2.
    Er antwortete auch nicht, schaute nicht einmal in ihre Richtung. »Kann ich dir eine SMS schicken? Oder eine E-Mail? Irgendwas?«
    »Nein.« Ihre Stimme war rau, ihr Mund trocken. Sie schluckte erneut. Die Zunge klebte ihr am Gaumen und machte ein leises klickendes Geräusch, als sie versuchte zu sprechen: »Ich bin absolut nicht interessiert.«
    Aber sie war es.
    Sie hasste sich dafür, aber je näher er bei ihr stand, desto dringender wurde ihr Wunsch, zu allem, was er wollte, ja, ja, bitte ja zu sagen. Aber sie tat es nicht, durfte es nicht.
    Er zog einen Zettel aus seiner Tasche und kritzelte etwas darauf. »Hier ist meine Nummer. Falls du es dir anders überlegst.«
    »Tu ich nicht.« Sie nahm den Zettel – wobei sie versuchte, seiner Haut mit ihren
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