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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal
Autoren: Christa S. Lotz
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gedörrten Birnen, worin ein paar Scheiben Speck schwammen.
    »Das hatten wir noch bei unseren Vorräten«, meinte sie fast verschämt. Sie stellte Becher auf den Tisch, goss den heißen Wein ein.
    »Du darfst nicht vergessen, was Bernhard dem Bürgermeister und dem Gemeinderat sonst noch angekündigt hat«, verkündete Paul. »Er fordert die Stadt auf, eine große Summe zum Unterhalt seiner Soldaten aufzubringen, desgleichen alles, was noch an Nahrung in der Stadt aufzutreiben ist. Die ersten Bürger haben schon die Stadt verlassen.«
    »Was wir ebenfalls tun werden«, erklang eine Stimme. Es war die von Leander, der an der Spitze seiner Truppe die Wirtschaft betreten hatte. Die jungen Männer ließen sich am Nachbartisch nieder.
    »Muss grauenvoll gewesen sein, was ihr in Breisach erlebt habt«, sagte Leander, an Elisabeth gewandt.
    »Es war auch nicht grauenvoller als das, was wir in Calw erlebt haben, nicht wahr, Frau Mutter?« Die nickte dazu, mit feuchten Augen.
    »Auf jeden Fall sind Kaiser und Papst jetzt aus dem Rennen«, setzte Jakob mit einem Augenzwinkern hinzu.
    »Das müsst ihr uns noch ganz genau erzählen«, entgegneteLeander. »Also, wir müssen schnell handeln. In der eidgenössischen Schweiz herrscht kein Krieg. Wir wollen nach Stein am Rhein und die Gegend ein wenig unsicher machen. Wer kommt mit?«
    Elisabeth und die anderen starrten ihn sprachlos an.
    »Wir werden nach Calw zurückgehen«, sagte Elisabeths Vater entschieden. »Es ist Ehrensache, dass wir den Superintendenten Andreä unterstützen. Und nach deiner Schwester wollen wir sehen, Frau, ob die noch am Leben ist.«
    Die Mutter legte ihrem Sohn Lukas die Hand auf die Schulter.
    »Du kommst doch mit uns, nicht wahr? Du könntest zur Schule gehen, viel lernen, gar einmal Superintendent werden.«
    »Nein, ich möchte auch nach Stein«, gab Lukas zurück.
    »Wovon willst du denn leben?«, fragte sie entsetzt.
    »Wovon werdet ihr leben?«
    Die Eltern schwiegen.
    »Andreä wird für uns sorgen«, sagte der Vater dann leise. »So, wie er immer für seine Schäfchen gesorgt hat.«
    »Bernhard hat angedroht, nach der Einnahme Breisachs viele Leute ihrer Ämter zu entheben«, meinte Paul. »Da wird er uns auch die Lizenz entziehen.«
    »Aber warum macht er so etwas?«, wollte Elisabeth wissen.
    »Er wird sie mit eigenen Leuten besetzen wollen«, antwortete Melvine.
    »König Ludwig und Kardinal Richelieu brauchen sich keine Hoffnungen zu machen, dass Breisach an die Franzosen fällt«, setzte Paul hinzu. »Bernhard will es zu seinem eigenen Fürstentum machen.«
    »Also, nichts wie weg, ich sagte es schon«, fiel Leander ein. »Melvine und du, Paul, ihr könntet in Stein ein neues Gasthaus aufmachen.«
    »Und ich werde eine Druckerei eröffnen, in der wir Lutherbibeln und andere verbotene Bücher drucken, nicht wahr, Thomas?« Jakob schaute den Kardinal grinsend an.
    »Nimm dein Weib und troll dich von dannen«, sagte der Kardinal, »meinen Segen habt ihr, wie ihr wisst.«
    Elisabeth blickte erstaunt auf den Kardinal.
    »Ich soll dich verlassen? Nie und nimmer!« Sie sah, wie Jakob zusammenzuckte.
    »Hast du dich etwa für ihn entschieden?«, fragte er mit stockender Stimme.
    »Ich habe mich entschieden, weiterhin seine Köchin zu sein«, sagte sie. »Weil es das ist, was mir in die Wiege gegeben wurde und was ich am Besten kann. Als Frau möchte ich dir angehören.«
    Während Jakob sie in die Arme riss und sie küsste, stellte sie sich vor, wie sie in dem hübschen, friedlichen Städtchen Stein an der Bootslände sitzen würden. Ein Fischer brachte Hechte, Zander und Forellen vom Bodensee, die sie gleich in der Küche vorbereiten würde, mit Rahm und Kräutern und Wein abgeschmeckt. Und der Kardinal würde sagen: »Das ist ein Gericht meiner Köchin Elisabeth, meine Herrschaften, aufgrund dessen ich mich in sie verliebt habe.«
    Elisabeth machte sich einen Augenblick lang aus Jakobs Armen frei.
    »Und ich«, sagte sie, während die Anspannung endgültig von ihr abfiel, »ich könnte in der Schweiz neue Rezepte erfinden, Kochbücher schreiben, sie drucken lassen und für alle kochen.«
    Der Raum war erfüllt vom Duft des Specks und der Birnensuppe. Durch das Fenster fiel ein Strahl der Wintersonne herein, die alles mit einem goldenen Schimmer überzog.

Nachwort
    Vor mehr als zehn Jahren fiel mir ein Buch von Peter Lahnstein in die Hände: »Schwäbisches Leben in alter Zeit« (List Verlag, 1988). Darin schildert ein Lehrer des Schriftstellers
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