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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal
Autoren: Christa S. Lotz
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Breisacher Bürger, die überlebt haben, in Gnaden auf. Zehn Ochsen habe ich ihnen geschenkt, die auf dem Marktplatz gebraten werden sollen. Dazu habe ich Mehl an die zwei einzigen überlebenden Bäcker gegeben, dass sie Brot backen für alle. Einen Teil meiner Männer schicke ich gleich los, um die Stadt zu säubern. Es ist jetzt meine Stadt, mein Besitz!« Seine Augen glänzten. Du kannst auch nicht aus deiner Haut, dachte Jakob.
    »Wirst du in meine Dienste treten, Jakob?« fragte Bernhard.
    »Nein«, antwortete Jakob. »Ich werde etwas anderes tun.«
    »Was denn?«, fuhr Bernhard auf. »Du hast doch nichts anderes gelernt als das Soldatenhandwerk.«
    »Ich werde mir schon was einfallen lassen.«
    Damit ließ er Bernhard stehen und lief aus dem Rittersaal, aus der Burg hinaus, in den Stall, sattelte Ferdl und ritt in die Stadt hinunter. Dort brannten inzwischen, wie von Bernhard angekündigt, große Feuer, über denen sich an Spießen Ochsen drehten.
    Jakob fand Elisabeth und ihre Familie bei einem der Feuer stehend.
    »Das ist der Offizier, der Agnes und mich in Calw gerettet hat«, sagte Elisabeth, nachdem sie Jakob mit einem Kuss begrüßt hatte.
    »Wir werden Euch auf ewig dankbar sein«, sagte Elisabeths Mutter und ergriff Jakobs Hand. »Aber wir kennen ihn schon, Elisabeth. Er ist mit Agnes hier gewesen.«
    »Das werden wir gewiss, ihm dankbar sein«, pflichtete der Vater bei. Sie saßen beieinander und erzählten.
    »Die Zustände waren so furchtbar«, sagte ihre Mutter undwischte sich über die Augen. »Aber wir konnten ja nicht klagen, Agnes hat uns jeden Tag etwas gebracht. Die Arme, und dann ist sie auch noch krank geworden!«
    »Es war nicht mit anzusehen, wie die Menschen rund um uns herum starben«, warf ihr Vater ein. »Ich habe Agnes immer gesagt, sie soll vorsichtig sein. Aber sie wollte nicht auf mich hören, hat sich gewiss auch mit anderen Männern eingelassen.« Er schluckte.
    Lukas machte eine Grimasse. »Agnes wird’s überstehen, die hat eine Pferdenatur«, meinte er. »Viel schlimmer war das, was ich gesehen habe. Die Leute haben sogar Kinder und Leichen gefressen. Auf dem Friedhof hatten sie Wachen aufgestellt.«
    Ihr Vater hob die Hand, als wolle er ihm eine Ohrfeige verpassen. »Das sind unbewiesene Gerüchte«, meinte er. »Du darfst so etwas nicht erzählen!«
    »Aber ich habe mit eigenen Augen eine Frau mit drei Kindern gesehen, die um ihren toten Vater herum saßen und ihm Stücke von Fleisch vom Leib rissen!«
    Elisabeth wurde es übel. »Dem Himmel sei Dank, dass ihr diese schreckliche Zeit überlebt habt. Ich bin Agnes so dankbar, dass sie das für euch getan hat. Hoffentlich wird sie wieder gesund.«
    »Ich werde jeden Tag für sie beten«, meinte die Mutter. »Auch dafür danken, dass sie uns das Leben gerettet hat. Wenn ich daran denke, was die Sachen gekostet haben«, setzte sie, wie um abzulenken, hinzu, »könnte ich es mir schon vorstellen, dass Menschen gegessen wurden. Ein Pfund Roggenbrot kostete vier Reichstaler, ein Ei einen Gulden. Mehr als zweitausend Häute von geschlachteten und gefallenen Tieren haben sie gekocht und jeweils für fünf Reichstaler verkauft. Hunde, Katzen und Mäuse waren Leckerbissen für die Reichen. Eine Ratte kostete einen Gulden, ein Viertel Hund sieben Gulden.«
    »Das meiste, vor allem Vieh und Getreide, hatte ja der Oberst in die Burg schaffen lassen«, sagte der Vater müde.
    Als die Ochsen durchgebraten und gebräunt waren, half Elisabeth, sie zu zerteilen und das Fleisch an die Umstehenden abzugeben. Manch einer hatte allerdings nicht so lange warten können und das halbrohe Fleisch herausgerissen. Die beiden Bäcker hatten duftendes Brot aus Weißmehl gebracht. Elisabeth war traurig über alles, was sie gehört hatte, fühlte sich jedoch in ihrem Element. Sie schaute Jakob tief in die Augen. Und erschrak, als ein Schatten in ihren Kreis trat. Es war der Kardinal.
    »Thomas!«, rief sie. »Wie kommst du denn hierher? Ich wähnte dich in Freiburg!«
    »Daher bin ich auch heute Morgen gekommen«, sagte er und lächelte. »Ich stand in der Menge, nicht weit von dir, und habe dich beobachtet.« Er stellte ein Felleisen neben sich ab.
    »Dann hast du auch Agnes gesehen?«
    »Ja, es hat mich nicht gewundert, dass sie mit dem Kommandanten gegangen ist.«
    Elisabeth holte Brot und weitere Stücke von dem Ochsen. »Was ist aus dem zweiten Mönch geworden?«, fragte sie den Kardinal.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete er. »Vielleicht ist er in
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