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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal
Autoren: Christa S. Lotz
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Elisabeth war froh, als sie die Tore hinter sich gelassen hatten. Sie drehte ihren Kopf nach hinten, aber niemand folgte ihnen. Am frühen Nachmittag erreichten sie das Belagerungsheer in Breisach. Jakob half Elisabeth vom Pferd und lud sie ein, in seinem Zelt, das er allein bewohnte, zu kampieren. Die Soldaten waren, dank der Viehherden, die Jakob ausgehoben hatte, wieder etwas zu Kräften gekommen. Bernhard lag immer noch krank, diesmal in Neuenburg,darnieder, würde also nichts von Jakobs kleinem Abstecher nach Freiburg erfahren. Für Elisabeth begann nun eine glückliche Zeit, auch wenn die Umstände alles andere als günstig waren. Sie genoss es, immer in Jakobs Nähe zu sein. Sie kochte riesige Töpfe mit Rinderbrühe, briet Ochsen und Schweine am Spieß und freute sich, wenn die Männer herzhaft zugriffen. In den Nächten liebten Jakob und sie sich leidenschaftlich, immer bemüht, dabei nicht zu viele Geräusche von sich zu geben, um die Soldaten nicht unnötig aufzugeilen. Denn nur wenige hatten ihre Frauen und Kinder bei sich. Die Trosshuren hatten das Heer verlassen, weil sie nicht genügend versorgt worden waren. Oft schaute Elisabeth wehmütig zu den Häusern der Stadt hinauf, wo sich ihre Familie befand. Sie schüttelte sich, wenn sie daran dachte, wie es dort oben zugehen mochte. Es war klirrend kalt geworden in den letzten Tagen. Jakob hatte Elisabeth einen Fellmantel besorgt, damit sie sich vor der Kälte schützen konnte. Am 17. Dezember war es dann so weit. Jakob berichtete Elisabeth und den Soldaten, dass von Reinach sich endlich zu Unterhandlungen bereit erklärt habe, die ein Generalmajor Bernhards führte. In vierzehn Artikeln enthalte die Kapitulationsschrift vor allem folgende Punkte:
    Der Besatzung von Breisach sei ein ehrenvoller Abzug mit Waffen, zwei Kanonen und fliegenden Fahnen bis Offenburg oder Straßburg zugestanden; dagegen bürge von Reinach für die Übergabe eines Schlosses im Sundgau. Die österreichischen Beamten sollten nach zwei Monaten mit ihrer Habe abziehen und innerhalb dieser Frist Kleinode und Mobilarien an den Herzog abliefern. Geschütz, Munition und Baumaterialien sollten gleichfalls in der Stadt verbleiben. Der Stadt Breisach werde Sicherheit des Eigentums, freie Religionsübung und Erhaltung der Kirchen und Klöster zugesagt. Bis nach Vollzug würden wechselseitig Geiseln gestellt.
    Am Morgen des 19. Dezember 1638 erfolgte der Auszug aus der ehemals belagerten Festung. Es war ein klarer, windigerTag. Bernhard von Sachsen-Weimar, inzwischen von seinem Krankenlager aufgestanden, bildete mit seinem Heer eine lange Gasse vor der Stadt. Elisabeth und Jakob standen in der Menge und beobachteten das Geschehen. Vor Aufregung presste Elisabeth eine Faust vor ihren Mund. Jakob hatte beruhigend den Arm um sie gelegt. Zunächst sah Elisabeth Fahnen tragende Männer, die sich langsam durch das Stadttor schleppten. Es folgten weitere mit den Kanonen, dann erschienen Kutschen und Packwagen mit allem, was an Lebensmitteln, Pulver und Waffen übriggeblieben war. Laute Pfiffe und ein Aufheulen ertönten, als der Feldzeugmeister und Kommandant der Festung, Hans Heinrich von Reinach, erschien, hoch zu Pferd, feist, mit hochrotem Gesicht, Federhut, seidenem Wams und Stiefeln aus weichem Leder. Die Bärte der Männer waren gefroren.
    »Es sind also noch Pferde in der Festung am Leben geblieben«, raunte Jakob Elisabeth zu. Sie zitterte vor Erregung. Würde auch Agnes auftauchen, ihre Eltern und ihr Bruder? Als sich Hans Heinrich von Reinach dem Obersten von Weimar näherte, stieg er umständlich von seinem Pferd herunter. Er näherte sich Bernhard, ging langsam in die Knie, wie es ihm seine Leibesfülle erlaubte. Was tut er da?, dachte Elisabeth entsetzt. Von Reinach küsste den Stiefel von Bernhard. Dessen Miene war undurchdringlich. Von Reinach erhob sich wieder und blickte Bernhard fragend ins Gesicht. Bernhard wandte den Kopf ab. Er schien mit sich zu kämpfen. Eine ganze Weile lang herrschte ein unbehagliches Schweigen. Dann brach es aus Bernhard heraus. »Geh mir nur aus den Augen, du gottserbärmlicher Hundsfott! Sei froh, dass ich die Kapitulation überhaupt unterzeichnet habe! Vor zwei Tagen, noch auf dem Krankenlager, erreichte mich die Nachricht, dass meine gefangenen Krieger bei dir verreckt sind, elendig verreckt, weil du sie nicht versorgt hast. Und dann haben die Überlebenden ihre toten Kameraden gemetzelt und aufgegessen! Schäm dich bis in die tiefsten Tiefen deiner
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