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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal
Autoren: Christa S. Lotz
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schrecken vor nichts zurück, auch nicht vor Vergewaltigung«, sein Gesicht überzog sich mit einer leichten Röte, »Brandstiftung und Mord. Sie sollen die Stuttgarter Geistlichen bis aufs Blut gequält haben. Jetzt seien sie auf dem Weg nach Tübingen und Herrenberg, hat mir der Stadtvogt gesagt.«
    »Um Jesu willen«, sagte seine Frau, die aschfahl geworden war. Elisabeth war es, als röche sie wieder den Brandgeruch.
    »Ich habe heute Nacht davon geträumt«, sagte sie mit gepresster Stimme. »Was sollen wir tun, Herr Vater, wie können wir uns schützen?«
    »Am besten geben wir ihnen alles, was wir haben«, warf Agnes ein. Alle starrten sie entsetzt an.
    »Das wäre eine große Sünde«, erwiderte der Vater. »Denn sie würden es nur versaufen, verfressen und zur Verbreitung ihrer papistischen Lehre verwenden. Wir sollten erst einmal abwarten, was geschieht.«
    »Sollen wir warten, bis sie hier einfallen wie ein SchwarmHornissen und uns alle massakrieren?«, rief die Mutter mit schriller Stimme. »Lasst uns hinauf ins Waldgebirge gehen, zu meiner Schwester in Neuweiler, da wären wir in Sicherheit!«
    »Das kommt gar nicht in Frage, Weib!«, knurrte der Vater. Sein Bart zitterte.
    »Die haben doch selbst nicht genug zum Leben, und außerdem wäre es feige, unsere Brüder und Schwestern hier im Stich zu lassen.«
    »Sie könnten doch mit uns gehen«, warf Elisabeth ein.
    »Und dem Feind die Stadt kampflos überlassen?«, fuhr ihr Vater auf. »Unser Haus hergeben, unser ganzes Leben hier?«
    »Wir könnten uns doch im Keller oder auf dem Dachboden verstecken«, meinte Lukas.
    »Da werden sie uns gewiss bald finden«, gab die Mutter zurück.
    »Ich werde gleich zum Superintendenten gehen und mich mit ihm besprechen«, sagte der Vater und erhob sich vom Tisch. »Ihr geht eurem Tagwerk nach, das ist Gottes Wille. Betet und kommt heute Abend in die Kirche, der Superintendent wird uns einiges zu sagen haben.«
    »Ach, wären wir doch in Ettlingen oder in Baden«, seufzte die Mutter. »Da würde der Markgraf seine schützende Hand über uns halten.«
    »Wir bleiben«, beschied der Vater und war gleich darauf zur Tür hinaus.
    »Schade, dass der Superintendent zur Zeit keinen Unterricht für euch drei abhält«, meinte die Mutter.
    »Er hat andere Sorgen, hat er gesagt«, erwiderte Elisabeth. »Aber ich kann mich nützlich machen, könnte auf den Markt zum Einkaufen gehen und später kochen.«
    »Was willst du denn heute kochen?«, fragte Agnes.
    »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt etwas herunterbringe«, wandte die Mutter ein.
    »Ja!«, ließ sich Elisabeths Bruder Lukas vernehmen. »Ich möchte mal wieder saure Leber haben!«
    »Mal schauen, was es auf dem Markt gibt«, sagte Elisabeth. Ihre Mutter händigte ihr einen Korb und einen Lederbeutel mit ein paar Gulden und Kreuzern aus.
    »Treib dich aber nicht zu lange in der Stadt herum, wer weiß, was passiert!«, mahnte die Mutter.
    »Ich bin groß genug mit meinen achtzehn Jahren!«, fuhr Elisabeth auf.
    »Die Jahre schützen dich nicht davor, von Männern belästigt zu werden«, gab die Mutter zurück. Zu Agnes gewandt, fügte sie hinzu: »Und du kannst die Stube fegen und die Wäsche waschen.«
    Agnes verzog maulend das Gesicht.
    »Warum darf ich nicht auf den Markt gehen? Warum darf immer Elisabeth rausgehen und ich nicht?«
    »Weil sie uns das Mittagessen kocht, darum. Außerdem ist sie zwei Jahre älter als du.«
    Elisabeth warf sich eine wollene Schecke über, griff nach dem Korb und trat hinaus auf den Platz. Es war immer noch düster und kalt, die Sonne schaffte es nicht, durch den Hochnebel zu dringen. Knechte und Mägde zersägten Buchen- und Tannenholz, das aus den Wäldern gebracht worden war. Hausfrauen mit schwarzen Hauben eilten geschäftig hin und her, um einzukaufen oder Birnen und Äpfel aus ihren Gärten zu holen, die sie einmachen oder für den Winter dörren würden. Elisabeth ging die wenigen Schritte zum Rathaus hinunter. Hier hatten die Bäcker und die Metzger ihre Bänke. Sie verkauften Brot, Dinnete , Mehlfladen mit Speck, Hutzelbrot und Brezeln. Die Metzger priesen Querrippe vom Rind, Schweinefüße, Lammhals, Bries, Leber und Lunge an. In einen Steinguttopf war Schmalz gefüllt, in einen anderen Butter. Elisabeth kaufte eine große Leber vom Rind, ein Töpfchen Schmalz, ein Viertelpfund Speck und Brot. Von einem der Bauern ließ sie sich Äpfel in den Korb füllen. Mit einer Kanne Milch beladen, trat sie den Rückweg zum Elternhaus an. In
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