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Traumfabrik Harvard

Titel: Traumfabrik Harvard
Autoren: Ulrich Schreiterer
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|9| Zu Beginn
    Traumfabrik Harvard
: Ohne Amerika wären die deutschen hochschulpolitischen Debatten der jüngsten Zeit ärmer und langweiliger. Seine Elite-Universitäten
     dienen gleichzeitig als Wunschmaschinen und als Projektionsfläche für schlimmste Szenarien. Der Name »Harvard« steht dafür
     wie kein anderer. Wissenschaftler schwärmen von den phantastischen Arbeitsbedingungen dort, von Spitzenleistungen in der Forschung
     und hochmotivierten Studenten. Politiker wetteifern um Pläne und Projekte, wenigstens eine Handvoll deutscher Universitäten
     auf gleiche Augenhöhe mit Harvard & Co zu bringen. Andere beruhigen, amerikanische Hochschulen seien im Durchschnitt doch
     viel schlechter als deutsche. Und wieder andere warnen in grellen Farben vor den schlimmen Folgen gnadenlosen Wettbewerbs,
     hoher Studiengebühren und der Diktatur des Marktes. So malt sich jeder sein eigenes Bild von »amerikanischen Verhältnissen«,
     mal rosarot, mal pechschwarz – wie es beliebt. Was Hollywood für den Film, ist Harvard für die Hochschulen: Goldstandard und
     Traumfabrik, und die produziert neben Glamour nun mal auch Horrorstreifen.
    Warum amerikanische Hochschulen so anders sind:
Diese Frage beinhaltet eigentlich gleich zwei – warum sind sie anders als das Bild, das von ihnen in Deutschland kursiert,
     und warum so anders als Hochschulen in Deutschland? Die Antwort auf den ersten Teil ist einfach: Weil es niemanden wirklich
     interessiert, wie die amerikanische Hochschulwelt aussieht und tickt. Der Anschein des Vergleichs genügt – jede(r) erfindet
     sich sein/ihr Amerika selber. Viele deutsche Geschichten und Ansichten über amerikanische Universitäten zeugen von geringer
     Sachkenntnis und Engstirnigkeit, manchmal von Besserwisserei oder sogar Arroganz gegenüber der Hochschulkultur auf der anderen
     Seite des Atlantik. Für die schwärmerischen Berichte deutscher Gastprofessoren aus dem
land of plenty
gilt das kaum weniger als für die Gelegenheitsdichtungen von Funktionären und Politikern, die auf der Suche nach dem heiligen
     Gral von einer Informationsreise |10| in die USA zurückkehren. Halbwahrheiten stehen hoch im Kurs, belastbare Informationen sind Mangelware. Man will seine Sicht
     der Welt bestätigt bekommen, aber scheut sich vor Entdeckungen.
    Das ist schade. Denn die bunt schillernde, hoch differenzierte und widersprüchliche US-Hochschulwelt bietet viel Stoff für
     Anmutungen und Ent-Täuschungen. Was sie im internationalen Vergleich so attraktiv und einzigartig macht, ist ein Ergebnis
     kultureller, wirtschaftlicher und sozialer Faktoren, die sich nicht einfach in andere Länder übertragen lassen. Harvard zu
     klonieren wird niemandem gelingen. Die von außen sichtbaren Unterschiede zwischen den akademischen Gefilden in Amerika und
     Deutschland beruhen auf anderen Spielregeln, Triebkäften, Arenen und Einstellungen. Kennzahlenvergleiche besagen nichts über
     die
hidden agenda
amerikanischer Hochschulen, ohne die man aber weder ihre Eigentümlichkeiten verstehen noch ihre Stärken und Schwächen angemessen
     beurteilen kann. Wer mehr als Binsenweisheiten aus dem Vergleich erfahren will, muss schon genauer hinschauen und sich ein
     Stück weit auf die Fremdheit der Neuen Welt einlassen.
    Genau dazu soll dieses Buch verlocken. Es will ein analytisches Panorama aufspannen, mit breiten Pinselstrichen und klaren
     Fluchtpunkten. Es ist weder auf Belehrungen noch Bekehrungen aus. Es liefert keine Patentrezepte für die beste aller Hochschul-Welten
     und ist auch kein Ratgeber für das Studium oder eine wissenschaftliche Karriere an einer amerikanischen Exzellenz-Universität.
     Stattdessen versteht es sich als eine informierte Annäherung an die nicht-trivialen, gleichermaßen faszinierenden wie anstößigen
     Besonderheiten der US-Hochschulen – geschrieben von einem »fremden Experten«, der nach 25 Berufsjahren in der deutschen Hochschulwelt
     seit 2003 an der Yale University in den USA arbeitet, der alternativen Traumfabrik zu Harvard.
    Die Reise umfasst sechs Stationen: Im ersten Kapitel begeben wir uns auf die Suche nach dem eigentümlichen Flair, den Besonderheiten
     der amerikanischen Hochschulwelt, kurz: den Leitmotiven und Regularien, die sie zusammenhalten. Im zweiten Kapitel folgen
     wir dem historischen Gestaltwandel des Systems und einiger seiner zentralen Institutionen, schildern die Herausbildung der
American university
als einer neuen, einzigartigen
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