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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin
Autoren: Corinna Neuendorf
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jeden Moment auf die Straße werfen.
    »Das ist eine sehr lange Geschichte.«
    »Ich bin bereit, sie mir anzuhören. Ich selbst bin nicht gerade ein Freund des Hauptmanns. Seine Leute haben einige Bauern von meinem Lehen grundlos der Rebellion verdächtigt und sie schwer misshandelt. Dass der Bischof ihm nach der Sache mit diesem Landsknecht nicht mehr vertraut hat, war eine tiefe Genugtuung für mich.«
    Konnte sie sich ihm wirklich anvertrauen? Melisande war unschlüssig. Doch dann war es, als würde ihr Vater ihr zuraunen: Erkenne, wer dein Vertrauen verdient hat.
    »Wenn Ihr mir bitte in die Werkstatt folgen wollt, dann ziehe ich Euch ins Vertrauen. Aber nur Euch.«
    Braunfels nickte seinen verwirrt dreinblickenden Begleitern zu, die sich daraufhin zurückzogen. Dann ging er mit Melisande in die Werkstatt.
    Drei Monate später blickte Melisande aufgeregt in die Menge. Wo war der Kaiser bloß? Nervös griff sie nach Bernhards Hand.
    »Bist du dir sicher, dass du das tun willst?«, fragte er in ihr Haar, damit die anderen es nicht hören konnten.
    »Es ist die einzige Möglichkeit«, entgegnete sie. »Wenn er erst einmal im Dom verschwunden ist, werden wir nie mehr an ihn herankommen.«
    Wie um sie zu warnen, versetzte ihr das Kind unter ihrem Herzen einen kurzen Tritt. Doch selbst das konnte Melisande nicht von ihrem Plan abbringen.
    Suchend blickte sie sich nach Braunfels um, entdeckte ihn jedoch nirgends. Allerdings zweifelte sie nicht daran, dass der Adlige ihr beistehen würde. Nur wäre es ihr lieber gewesen, wenn sie ihn hätte sehen können. Stattdessen entdeckte sie unter den Menschen auf der gegenüberliegenden Straßenseite Katharina Lohweihe. Der Putz an ihrem Körper konnte nicht übertünchen, dass die Ehe mit ihrem Gemahl alles andere als gut war. Dafür hätte Melisande die junge Frau beinahe bemitleidet, doch dann entdeckte sie, dass die Knöpfe am Gewand ihrer Widersacherin jene waren, die ihr Vater eigentlich für ihre Hochzeit geschnitten hatte. Der aufwallende Zorn vertrieb ihre Furcht im Nu. Am heutigen Tag werde ich meinen Eltern Gerechtigkeit verschaffen!
    »Was meinst du, wann kommt wohl der König?«, fragte Alina, die ebenfalls unruhig wirkte, obwohl abgemacht war, dass Melisande allein die Rede führte.
    »Sicher bald«, entgegnete Melisande. »Es kann nicht mehr lange dauern.«
    Auf einmal erklang in der Ferne eine Fanfare. Augenblicklich rückten die Menschen dichter zusammen, und Melisande verstärkte den Griff um Bernhards Hand. Am Raunen der Leute, das auf sie zubrandete wie die Wellen ans Ufer, erkannten sie, wie weit der König noch entfernt war.
    »Es wird gutgehen«, flüsterte Bernhard ihr zu, der ihre Unruhe spürte. »Gott ist auf unserer Seite.«
    Zunächst waren die Reiter nur kleine Punkte, doch als sie die Straße hinaufkamen, wurden sie immer größer. Ringsherum jubelten alle, und da die Augen der Schaulustigen auf Maximilian I. gerichtet waren, achtete niemand auf Melisande.
    Sobald sie das Pferd des Königs ausmachen konnte, stürmte sie vor. Indem sie die Unmutslaute der anderen ignorierte, lief sie auf die Straße und stellte sich dem Tross in den Weg. Die Leibwächter rissen ihre Pferde an den Zügeln.
    »Seid Ihr närrisch, Weib?«, fauchte einer. Bevor die Reiter Melisande von der Straße jagen konnten, trat von der anderen Seite Herrmann von Braunfels neben sie.
    Er hatte die Idee dazu gehabt, nachdem Melisande ihm von ihrem Schicksal berichtet hatte. Eigentlich hätte es keinen Anlass dafür gegeben, doch der Adlige hatte sich vom ersten Tag an für Alina interessiert. Stets fand er neue Vorwände, nach Udenheim zu kommen, um die Fortschritte bei seinem Auftrag zu begutachten.
    Von Alina wusste Melisande, dass auch sie von dem Adligen sehr angetan war, allerdings hatte die Vergangenheit sie gelehrt, vorsichtig zu sein.
    »Lasst die Frau!«, rief Braunfels. »Sie möchte dem König ein wichtiges Anliegen mitteilen!«
    »Das soll sie in der Kirche tun!«, polterte eine Stimme, doch da ritt der König auch schon auf sie zu.
    »Was gibt es hier für einen Tumult?«, fragte er.
    Braunfels verneigte sich tief und bedeutete Melisande und Bernhard, der sich zu ihnen gesellt hatte, es ihm nachzutun.
    »Euer Majestät, bitte verzeiht Euren Untertanen, dass sie Eure Prozession unterbrechen. Diese Frau hier steht unter dem Schutz derer von Braunfels. Ihr ist von einem Eurer Vasallen Unrecht getan worden, und sie bittet Euch, es rückgängig zu machen.«
    »So sprecht!«,
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