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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin
Autoren: Corinna Neuendorf
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herumkommandieren zu lassen. Und ich will auch keinem anderen Meister dienen.«
    »Dann willst du Speyer also verlassen?«
    »Ja, und zwar genau in die Richtung, in die auch du gehen wirst. Ich nehme an, du wirst in deine Heimatstadt zurückkehren.«
    »Nach Udenheim«, entgegnete sie nickend. »Obwohl ich nicht weiß, was mich dort erwartet. Der Zunftmeister wird unsere Werkstatt sicher längst neu besetzt haben.«
    »Das geht nicht so einfach. Es sei denn, Euer Haus und die Werkstatt gehören der Zunft.«
    »Beides war Eigentum meines Vaters.«
    »Dann haben wir immerhin ein Dach über dem Kopf. Und mit ein wenig Glück können wir das Geschäft wieder aufleben lassen.«
    »Aber dazu benötigen wir eine Genehmigung seitens der Zunft«, wandte Melisande ein.
    »Darum mach dir jetzt mal keine Sorgen.« Er küsste sie erst auf die Stirn und dann auf den Mund.
    Melisande spürte die gleiche Leidenschaft in ihrem Inneren wie neulich, als sie Trost bei Bernhard gesucht hatte. Doch im selben Moment regte sich Alina, und das Begehren war verflogen.
    »Wo bin ich?«, fragte das Mädchen und rieb sich die Augen.
    »Bei mir«, antwortete Melisande lächelnd. »In Sicherheit.«
    Als die Sonne am Mittag ihren höchsten Stand erreicht hatte, verließen sie das Haus von Petrus. Der alte Mann wünschte ihnen viel Glück, und sie dankten ihm herzlich für die Gastfreundschaft.
    Alina war noch immer etwas wacklig auf den Beinen, aber der Glanz in ihren Augen schien allmählich zurückzukehren. Natürlich hatte sie sofort bemerkt, was zwischen Melisande und Bernhard war. »Dabei hast du doch niemals heiraten wollen, Schwester«, sagte sie nur.
    »Wir sind nicht verheiratet«, entgegnete Melisande errötend.
    »Aber ihr werdet es bald sein. Und dann wirst du Vaters Hochzeitsknöpfe tragen.«
    Melisande biss sich auf die Lippen. Dass die Knöpfe verloren waren, wollte sie Alina nicht gestehen. Ich werde einfach neue anfertigen, beschloss sie.
    Da bog Bernhard um die Ecke. »Ich habe ein Pferd für uns aufgetrieben und Grete erzählt, was passiert ist. Sie schickt dir die besten Segenswünsche mit auf den Weg.«
    »Vielleicht sollte ich mich noch selbst von ihr verabschieden«, überlegte Melisande.
    Bernhard schüttelte den Kopf. »Das ist keine gute Idee. Marga ist bereits im Haus, und wie es aussieht, will sie sich dort einnisten. Du solltest ihr besser nicht unter die Augen treten.«
    Melisande nickte niedergeschlagen.
    »Erinnerst du dich daran, was ich dir neulich Nacht gesagt habe?« Bernhard blickte kurz zu Alina, die sie interessiert musterte, dann zwinkerte er Melisande verschwörerisch zu.
    »Dass die Zeit kommen würde, da unsere Sorgen vergehen?«, fragte das Mädchen zögerlich.
    »Genau. Ich glaube, diese Zeit bricht jetzt an.«
    Melisande war sich nicht ganz sicher. Sie hatte Alina zwar befreit, doch die Ehre ihrer Familie war noch nicht wiederhergestellt. Ungewiss war auch, was in der Zwischenzeit mit der Werkstatt geschehen war. Außerdem waren die Mörder ihrer Eltern noch immer nicht gefasst. Das alles dämpfte die Freude über ihren Triumph.
    »Und um das Schicksal gnädig zu stimmen, möchte ich dich um deine Hand bitten.« Bernhard kniete vor Melisande nieder.
    Hinter ihm klatschte Alina vergnügt in die Hände. Melisande blickte ihn nur überrascht an.
    »Willst du meine Frau werden?«
    »Ja«, presste Melisande hervor. »Ich habe aber keine Brautknöpfe mehr.«
    »Melisande Bruckner, ich nehme dich auch ohne Brautknöpfe am Gewand.« Bernhard erhob sich, umschloss sie mit beiden Armen und küsste sie leidenschaftlich.
    Joß Fritz zog sich die Gugel über den Kopf und beobachtete, wie Melisande, Alina und Bernhard das Haus seines alten Freundes verließen. Nur zu gern hätte er noch ein paar Worte mit ihnen gewechselt, doch das war zu gefährlich. Lux Rapp und seine Leute waren noch immer da draußen unterwegs. Gestern hätten sie ihn beinahe gefasst, allein der Tumult im Hurenhaus hatte ihn davor bewahrt. Aber er hatte die Flüche der Männer noch allzu deutlich in den Ohren. Dank des Verräters wussten sie jetzt alle, wie er aussah, und jeden Atemzug, den er länger in dieser Stadt weilte, wuchs die Gefahr.
    Nun konnte er endlich gehen. Allerdings wollte er es nicht tun, ohne sichergestellt zu haben, dass Melisande Bruckner und ihre Schwester in Sicherheit waren.
    »Möge Gott dich vor weiterer Unbill bewahren, Mädchen«, murmelte er leise vor sich hin. »Und möge er geben, dass deine Familie eines Tages
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