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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin
Autoren: Iris Johansen
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Eve Duncan.
    Wie ein Mantra wiederholte er in Gedanken den Namen, hörte ihn beim Laufen im Rhythmus seines Herzschlags.
    Denkst du an mich, Eve? Du hättest mir das nicht antun sollen, weißt du das? Dafür wirst du bestraft werden.
    Die Vorstellung beflügelte ihn. Es gab so viele Möglichkeiten, sie zu verletzen. Er hatte ihr heute Abend einen herben Schlag versetzt, aber sie hatte sich nicht unterkriegen lassen. Er würde Zeit brauchen und sie ausspähen müssen, um herauszufinden, wie er sie in die Knie zwingen konnte. Aber er hatte keine Lust, so lange zu warten. Diese köstliche Befriedigung wollte er sofort.
    Also gut, was weiß ich über dich, Eve Duncan?
    Du bist ein ausgefuchstes Miststück, in den Slums von Atlanta aufgewachsen. Ach ja, du bist ein uneheliches Kind, genauso wie Bonnie. Als sie geboren wurde, hast du dein Leben komplett umgekrempelt. Du hast die Schule abgeschlossen und studiert. Was für ein leuchtendes Beispiel für all die anderen Straßenkinder. Aber all dein Ehrgeiz hat dir nichts genützt, oder? Deine Bonnie ist gestorben, und du konntest es nicht verhindern. Nimm jemandem sein Kind weg, und die Erde hört auf, sich zu drehen. Aber derjenige, der es nimmt, ist allmächtig. Es ist die ultimative Art, Gott zu spielen. Du warst hilflos. Und auch jetzt bist du wieder hilflos. Du weißt es nur noch nicht.
    Aber du wirst es bald wissen.

2
    T reten Sie hinter die Absperrung zurück«, raunzte der Polizist. »Wenn Sie sich für Spurensicherung interessieren, dann sehen Sie sich CSI oder Bones an.«
    »Tut mir leid, Sir«, sagte Miguel Vicente verständnisvoll. »Ich habe gehört, das Opfer soll ein Sheriff sein. Einer von Ihnen. Ich kann verstehen, dass Sie aufgebracht sind. Ich war beim Militär, da hält man auch so zusammen.«
    »Sie sehen eigentlich nicht so aus, als könnten Sie beim Militär gewesen sein. Sie sind doch nicht älter als neunzehn oder zwanzig.« Der Officer musterte Miguels schlanken Körper und dessen bandagierte Hände. »Irak?«
    »Nicht alle Kriege finden im Irak statt. Aber Freunde von mir sind neben mir im Kampf gefallen. Ich kann mir gut vorstellen, wie Ihnen zumute ist.«
    »Jim Jedroth war ein verdammt guter Polizist und ein großartiger Kerl. Wir kriegen den Perversen, der ihn getötet hat. Wir durchsuchen gerade den Wald.« Er wandte sich um und trat zu den Männern von der Spurensicherung, die die Umrisse der Leiche mit Kreide markierten. »Bleiben Sie hinter der Absperrung, junger Mann.«
    »Jawohl, Sir. Wie Sie wünschen.« Miguel bahnte sich seinen Weg durch die Menge, die sich hinter dem Absperrband drängelte. Sein Handy nahm er erst auf dem Weg zu seinem Mietwagen heraus, der ein Stückchen weiter die Straße hinunter geparkt war. Er zuckte vor Schmerzen zusammen, als er versuchte, Montalvos Telefonnummer ins Handy einzutippen. »Wir sind zu spät gekommen, Colonel«, informierte er Montalvo. »Wie es aussieht, ist Kistle entkommen.«
    Montalvo fluchte vor sich hin. »Bist du sicher?«
    »Wir haben einen toten Sheriff vor Kistles Wohnung und einen Deputy, der dem perversen Mörder Rache schwört. Er sagt, sie suchen jetzt im Wald nach ihm. Ich würde sagen, dass das ziemlich klare Hinweise sind. Ich werde noch mehr in Erfahrung bringen, aber ich wollte schon mal Bericht erstatten.«
    »Verdammt, ich hatte gedacht, wir könnten Kistle erwischen, um ihn Eve auf dem Silbertablett zu präsentieren. Wir waren so nahe dran.«
    »Die Polizei vor Ort offensichtlich auch. Er muss unter Verdacht gestanden haben.«
    »Aber wieso? Kistle ist teuflisch clever. Ich wette, die haben einen Hinweis bekommen, sonst hätten die ihn nicht beschattet.«
    »Joe Quinn?«
    »Wahrscheinlich. Wir wussten ja, dass er auf eigene Faust ermittelt. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass er eher am Ziel sein würde als wir.«
    »Und Sie wollten als Erster dran sein.«
    »Ich will immer als Erster dran sein.«
    »Vor allem, wenn es um Eve Duncan geht«, sagte Miguel leise.
    »Ich habe ihr ein Versprechen gegeben.«
    »Aber sie hat Ihnen gesagt, Sie sollen es vergessen. Könnte es sein, dass Sie als der große Held dastehen wollen? Also wenn ich mich so verhielte, würden Sie mir vorwerfen, heillos sentimental zu sein, Colonel.«
    »Ich halte meine Versprechen, du unverschämter Kerl. Halt dich gefälligst zurück.«
    »Ja, Sir.« Der harte Ton, der sich in Montalvos Stimme geschlichen hatte, sagte Miguel, dass er besser daran tat, das Thema zu wechseln. Schon als Junge hatte er in
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