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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin
Autoren: Iris Johansen
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kenne ja nicht einmal Ihren Namen.«
    »Henry Kistle.«
    Kistle. Der Name des Mannes, den ihr Montalvo als einen der möglichen Mörder ihrer Tochter genannt hatte.
    »Doch, Sie kennen mich. Sie haben dieses Arschloch Jedroth auf mich angesetzt.«
    »Wo sind Sie?«
    »Es würde Ihnen nichts nützen, es zu wissen. Ich habe die Stadt soeben verlassen. Ich werde meilenweit weg sein, ehe Sie dazu kommen, jemanden anzurufen und mich suchen zu lassen. Ich weiß, wie lange so was dauert.«
    »Was … was wissen Sie über Bonnie?«
    »Dass sie sieben Jahre alt und ein hübsches Mädchen war. Haben Sie eine Ahnung, wie viele hübsche kleine Mädchen ich getötet habe, seit Ihre Bonnie gestorben ist? Aber sie dient mir immer als Inspiration. Sie war wie ein brennender Pfeil, der die Dunkelheit erleuchtet. Ich kann mich noch daran erinnern, wie –«
    »Halten Sie den Mund.« Sie konnte es nicht mehr ertragen. »Reden Sie nicht über sie.«
    »Fürs Erste habe ich auch nicht mehr zu sagen. Ich wollte mich nur mit Ihnen in Verbindung setzen. Ich brauchte irgendetwas, das mich wieder aufrichtet und in Schwung bringt.«
    »In Schwung?«
    »Darum geht es doch im Leben. Man muss auf der Höhe bleiben, für Spannung und Aufregung sorgen. Heute Nacht hatte ich schon einen kleinen Kitzel, aber es ist kein Vergleich zu dem, wie ich mich jetzt fühle. Es ist nicht ganz so gut wie beim Töten, aber vielleicht können Sie ja dafür sorgen, dass es beim nächsten Mal ganz außergewöhnlich wird.«
    »Welches nächste Mal?«
    Aber er hatte schon aufgelegt.
    Sie zitterte.
    Sie hatte rote Locken, und am letzten Tag, an dem Sie sie gesehen haben, trug sie ein Bugs-Bunny-T-Shirt.
    Kistle.
    Joe. Sie musste Joe anrufen.
    Ihre Hand zitterte, als sie seine Handynummer wählte. Nichts. Nur die Voicemail, die sich sofort einschaltete. Sein Handy musste ausgeschaltet sein.
    Sie legte auf. Verdammt, sie brauchte ihn. Wo zum Teufel steckte er nur?
    Jetzt bloß nicht durchdrehen. Er war Polizist. Es gab eine Menge Situationen, in denen er das Handy ausschalten würde. Also gut, sie musste allein damit zurechtkommen. Sie würde Joe erreichen, sobald er das Handy wieder eingeschaltet hatte.
    Sie war wie ein brennender Pfeil, der die Dunkelheit erleuchtet.
    Bonnie.
    Den Schmerz ausblenden. Sie musste versuchen, diesen Scheißkerl zu schnappen, bevor er außer Reichweite war.
    Sheriff James Jedroth. Kistle hatte Jedroths Handy benutzt, und Jedroth befand sich in Bloomburg, Illinois. Die Auskunft anrufen und die Nummer des Sheriff’s Department herausfinden. Handeln.
    Fünf Minuten später hatte sie das Sheriff’s Department erreicht und war dreimal durchgestellt worden, bis sie schließlich Deputy Charles Dodsworth an der Strippe hatte. »Es tut mir leid, Ma’am« – er hatte den leicht näselnden Tonfall des Mittelwestens –, »aber Sheriff Jedroth ist nicht im Dienst. Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«
    »Ich hatte schon befürchtet, dass er nicht im Dienst ist. Ich habe seinen Namen nur deshalb genannt, um jemanden an den Apparat zu bekommen, der verantwortlich ist.« Eindringlich fuhr sie fort: »Ich versuche, irgend jemanden zu erreichen. Ich habe heute Abend einen Anruf erhalten, der von Sheriff Jedroths Handy kam. Es war aber nicht der Sheriff. Es war Henry Kistle.«
    Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Kistle. Sind Sie sicher, dass das der Name war?«
    »Verdammt, natürlich bin ich sicher. Sie wissen, wer das ist, oder? Das höre ich doch an Ihrem Tonfall.«
    »Der Name ist mir bekannt«, erwiderte Dodsworth vorsichtig.
    »Dann heften Sie sich an seine Fersen. Er hat aus einem Auto heraus angerufen, er war auf der Flucht aus der Stadt. Er hat damit angegeben, dass Sie ihn nicht kriegen würden. Aber das war vor weniger als zehn Minuten. Offenbar stand er unter Beobachtung, sonst hätte er dem Sheriff nicht sein Handy abnehmen können. Würden Sie bitte die Verkehrspolizei verständigen, damit die ihn aufhält?«
    Schweigen. »Und er hatte wirklich Jims Handy?«
    »So stand es auf meinem Display.«
    »Mist.« Plötzlich war der Deputy kurz angebunden. »Ich melde mich wieder bei Ihnen.« Er legte auf.
    Gut. Dass er sie loswerden wollte, um etwas zu unternehmen, ermutigte sie. Zumindest gab es einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass Kistle abgefangen werden konnte. Beeilt euch, betete sie. Lasst ihn nicht entkommen.
    Sie versuchte noch einmal, Joe zu erreichen. Sein Telefon war immer noch ausgeschaltet. Sie hinterließ ihm eine Nachricht, er
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