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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin
Autoren: Iris Johansen
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die haben Straßensperren errichtet, aber er ist in den Clayborne Forest gefahren und hat seinen Wagen dort stehenlassen. Wir suchen nach ihm. Wir durchkämmen das ganze Gebiet. Wir werden ihn finden.«
    »Und Sheriff Jedroth?«
    »Er ist tot. Ich bin zu Kistles Wohnung gefahren, die von Jim überwacht wurde. Der Scheißkerl hat ihm ein Messer in den Rücken gerammt. Ich habe keine Ahnung, wie er das geschafft hat. Jim war gewieft, absolut erfahren. Er wäre –«, der Deputy räusperte sich, »er war ein guter Mann.«
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Eve sanft. »Es tut mir leid, Deputy.«
    »Ja, mir auch. Wir sind zusammen aufgewachsen.« Er holte tief Luft, bevor er fortfuhr. »Ich muss Ihnen einige Fragen stellen. Diese Telefonnummer ist dieselbe, über die der Sheriff Joe Quinn angerufen hat. Ich möchte mit ihm sprechen.«
    »Sie können ihn in ein paar Stunden persönlich sprechen. Er ist unterwegs zu Ihnen. Sie können ihn am Flughafen treffen. Es wird wohl nicht sehr viele Maschinen geben, die in Bloomburg landen.«
    »Und Sie sind Eve Duncan.«
    »Ja, das hatte ich Ihnen bereits gesagt. Ich lebe mit Joe Quinn zusammen.«
    »Und warum sollte Kistle –«
    »Hören Sie, Joe muss Sie oder Ihren Sheriff ausreichend darüber informiert haben, warum wir hinter Kistle her sind. Es tut mir leid, aber ich möchte im Moment nicht darüber sprechen. Wenn Sie noch irgendetwas brauchen, wenden Sie sich bitte an Joe. Auf Wiederhören, Deputy.« Sie legte auf und wandte sich wieder Jane zu. »Er ist ihnen entwischt. Sie glauben immer noch, sie könnten ihn fassen. Er steckt irgendwo in den Wäldern.« Sie ließ sich auf ihren Stuhl sinken. »Und Sheriff Jedroth wurde ermordet, hinterrücks erstochen, während er dabei war, Kistle zu überwachen.«
    »Du bist nicht einmal überrascht, oder? Es war ja ziemlich unwahrscheinlich, dass er das Handy des Sheriffs irgendwo gefunden hat.«
    »Nein, ich bin nicht sonderlich überrascht.« Eve trank einen Schluck Kaffee. »Kistle war unglaublich widerlich. Wenn du gehört hättest, was –« Sie verstummte. Sie konnte nicht darüber sprechen. Nicht jetzt. Sie stellte die Tasse ab und schob ihren Stuhl zurück. »Ich gehe draußen ein bisschen spazieren.«
    »Ich komme mit.«
    »Nein. Ich nehme mein Handy mit, für den Fall, dass Joe anruft, aber du musst hier am Telefon bleiben und mich anrufen, falls du irgendetwas über Kistle erfährst.«
    »Außerdem willst du allein sein.«
    Sie nickte entschlossen. »Nimm’s nicht persönlich. Ich bin froh, dass du hier bist. Ich brauche einfach nur –«
    »Herrgott noch mal, du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Nach all den Jahren, die wir uns kennen, solltest du das eigentlich wissen. Also, mach, dass du wegkommst. Ich halte die Stellung.« Sie stupste Toby mit dem Fuß an. »Und du gehst schön mit ihr, du Faulpelz. Wenn man Toby dabeihat, ist man ganz für sich und hat trotzdem Gesellschaft.«
    »Wenn man ihn dazu bringt, sich zu bewegen«, sagte Eve, als sie zur Tür ging. »Ich bleibe nicht lange weg, Jane.«
    »Ich weiß.«
    Toby rappelte sich auf, gähnte und trottete hinter Eve her.
    Eve atmete die kühle, klare Luft ein, als sie auf die Veranda trat. Es tat ihr gut. Sie konnte jetzt etwas gebrauchen, das sie stärkte. Sie wollte allein sein, und sie wollte Jane nicht noch mehr beunruhigen. Sie zitterte zwar nicht mehr, aber ihr Magen hatte sich verkrampft, als ob sie eine schreckliche Vorahnung hätte. Unsinn, schalt sie sich. Wenn Kistle Bonnie tatsächlich getötet hatte, konnte er ihr nichts Schlimmeres mehr antun. Zynisch verspottet zu werden war schmerzhaft, aber es war nichts gegen den Tod ihrer Tochter.
    Sie stieg die Stufen hinunter und machte sich auf den Weg um den See herum.
    Ein hübsches Kind.
    Wie ein brennender Pfeil.
    Bonnie.
    Sie blieb stehen, um die glitzernde Oberfläche des Sees zu betrachten. Sie lebte nun schon so viele Jahre mit Joe an diesem herrlichen, friedlichen See. Und immer wieder fand sie an seinen Ufern Ruhe und innere Kraft. Wie sehr es Bonnie gefallen hätte, hier am See zu spielen und herumzutollen. Sie hatte so viele Dinge verpasst.
     
    »Nicht so viele, Mama. «
    Eve blieb auf dem Uferweg stehen, als sie Bonnie entdeckte, die an der Eiche rechts vom Weg im Schneidersitz auf dem Boden saß. Sie trug ihr Bugs-Bunny-T-Shirt, und das Mondlicht fing sich in ihren roten Locken.
    »Natürlich hast du das« , sagte Eve. »Was weißt du schon? Du warst erst sieben, als du von mir
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