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Don Camillo gibt nicht auf

Don Camillo gibt nicht auf

Titel: Don Camillo gibt nicht auf
Autoren: Giovannino Guareschi
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Koloß auf tönernen Füßen

    Muskatellertrauben trug nur ein einziger Rebstock. Er stand im Pfarrgarten - und Don Camillo hatte eine ausgesprochene Schwäche für Muskatellertrauben.
    Verständlich, daß er ärgerlich wurde, als er sah, wie sich irgendein Kerl mit Händen und Mund an seinen Muskatellertrauben zu schaffen machte.
    Eine ganze Weile blieb Don Camillo hinter den Jalousien des Küchenfensters stehen in der Hoffnung, das Gesicht des Übeltäters sehen zu können: berechtigt war seine Neugier, doppelt berechtigt, weil er fürchten mußte, den Traubenfrevler nicht rechtzeitig erreichen und packen zu können.
    Aber der Verbrecher fuhr fort, lediglich zwei völlig ausdruckslose Schultern zu zeigen, und da hielt es Don Camillo nicht länger auf seinem Beobachtungsposten; mit kleinen, vorsichtigen Schritten ging er in den Garten hinaus und begann gegen den Feind vorzurücken. Ein Traktor kam mit höllischem Lärm in die Nähe des Pfarrgartens, und das ermöglichte es Don Camillo, seine Operation glücklich zu beenden.
    «Verzeihung, störe ich?»
    Don Camillos Stimme ließ den Missetäter zusammenfahren. Langsam drehte er sich um: es war der Smilzo.
    Don Camillo schaute ihn sich lange an, dann rief er:
    «Was machst denn du hier?»
    «Ich bin zufällig vorbeigekommen, und da hab’ ich
    einen Moment haltgemacht, um mir ein paar abzuzupfen. Gehört das Zeug Euch?»
    «Die Tatsache, daß sich dieser Rebstock innerhalb des Pfarrgartens befindet, hätte dich das vermuten lassen können.»
    «Ich war ganz in Gedanken, da hab’ ich’s nicht gemerkt.»
    Don Camillo schüttelte ernst den Kopf.
    «Ich verstehe. Du mußt wirklich sehr in Gedanken gewesen sein, wenn du nicht einmal gemerkt hast, daß du über einen Maschenzaun steigst.»
    «Ich bin über keinen Maschenzaun gestiegen», stellte der Smilzo richtig und fuhr fort, die Beeren von der Traube in seiner Hand abzuzupfen.
    Es schien, als ginge ihn die Gegenwart Don Camillos überhaupt nichts an, so ruhig blieb er. Aber plötzlich war er unter den Weinstöcken verschwunden - wie vom Erdboden verschluckt.
    Der Smilzo war schnell: wie eine Eidechse huschte er durchs Gras, erreichte in wenigen Sekunden die Stelle, an der der Maschenzaun gut zwei Spannen weit vom Boden hochgezogen war - und schickte sich an hindurchzuschlüpfen .
    Unglückseligerweise war Don Camillo auf dem Quivive: er hatte sofort zur Verfolgung angesetzt und bekam gerade noch einen Fuß von Smilzo zu fassen. Energisch zog er daran, und der Übeltäter kehrte im Rückwärtsgang zurück.
    «Im Grunde hattest du recht», meinte Don Camillo, nachdem er den Smilzo zurechtgeschüttelt und wieder auf die Füße gestellt hatte. «Um hier hereinzukommen, mußtest du nicht über den Maschenzaun. Dafür wirst du es beim Hinausgehen müssen - die sowjetische Luftfahrt braucht Unterstützung!»
    «Hochwürden», erwiderte der Smilzo, dem die Vorstellung, an Nacken und Hosenboden gepackt und im Flug über den Eisernen Vorhang expediert zu werden, keineswegs behagte, «Ihr könnt doch so eine Nebensächlichkeit nicht politisch ausschlachten!»
    «Ach, das nennst du eine Nebensächlichkeit: Hausfriedensbruch mit Diebstahl?»
    «Lassen wir doch die Kirche im Dorf! Ich hab’ keinen Diebstahl begangen, sondern mir lediglich erlaubt, einen Vorschuß zu nehmen. Der Tag der Proletarischen Revolution steht vor der Tür, und da werden alle Entrechteten ihr Teil bekommen.»
    Inzwischen war Don Camillos Wut verraucht. «Smilzo», sagte er, «wenn die Sache so ist, dann nimm dir nur noch einen weiteren Vorschuß. Und wenn du außerdem noch einen Vorschuß auf Wein willst: Ich hab’ eine Flasche Bianco amabile im Brunnen kaltgestellt.»
    Es war ein Nachmittag Ende August, und kein Blättchen regte sich, nicht einmal wenn man drüberblies. Eine Hitze zum Krepieren. Don Camillo ging zum Brunnen, zog den Eimer mit der Flasche hoch und trat ins Haus.
    Der Smilzo folgte ihm, und als Don Camillo die Flasche entkorkt und die zwei Gläser gefüllt hatte, die bereits auf dem großen Küchentisch standen, fragte er:
    «Hochwürden, worauf wollt Ihr hinaus?»
    «Smilzo, das einzige, worauf ich hinauswill, ist, mich hinzusetzen und ein Glas kühlen Wein zu trinken. Wenn du auch darauf hinauswillst, dann setz dich hin und trink. An einem Augustnachmittag um drei macht man keine Politik.»
    Der Smilzo setzte sich hin und schüttete sein Glas Wein auf einen Zug hinunter.
    «Wenn er nicht vergiftet ist, ist er gut», bemerkte er.
    Don
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