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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich
Autoren: James Barclay
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aber Atreska ist zu neu. Ich würde mein Leben darauf verwetten, dass es dort einen Bürgerkrieg geben wird. Vier Jahre, das ist eine viel zu kurze Zeit. Wir werden noch ein ganzes Jahrzehnt lang nicht stark genug sein, um das Königreich anzugreifen. Sie wird der Bürgerschaft das Herz aus dem Leibe reißen. Roberto … du weißt, dass ich recht habe.«
    »Dann musst du selbst mit ihr sprechen, Paul«, erwiderte Del Aglios scharf. »Ich habe keinen großen Einfluss auf meine Mutter, und du bist viel zu oft unterwegs. Wenn sie auf dich nicht hört, dann hört sie auf niemanden.«
    Jhered blies die Backen auf und schüttelte den Kopf. »Tsard. Sie hält uns für mächtiger, als wir es sind. Da könnte sie auch gleich Sirrane angreifen …« Er hielt inne, auf einmal wurde ihm siedend heiß. »Gott behüte uns alle. Sirrane wird nicht schweigend zusehen, wenn wir Omari und Tsard gleichzeitig angehen. Ich nehme doch an, sie hat bereits Diplomaten geschickt?«
    »Der Marschallverteidiger Vasselis leitet die Abordnung«, bestätigte Roberto.
    »Gut«, sagte Jhered. »Wenigstens haben wir damit die größten Erfolgsaussichten. Angesichts dieser Gefahren können wir jede Unterstützung brauchen.«
    »Ich weiß«, sagte Roberto. »Rede mit meiner Mutter. Es gibt noch andere, kleinere und verwundbare Gegner, die wir vorher angehen sollten.«
    »Das werde ich tun, junger Del Aglios. Sobald ich kann.«
    Jhered kehrte zu seinem Levium an der Basilika zurück. Schon jetzt hatte er das Gefühl, dass ihm die Zeit zwischen den Fingern zerrann.

 
3

     
    838. Zyklus Gottes, 40. Tag des Dusasauf
    5. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    E ine dicke Reifschicht überzog die Wege im Garten des Solastro-Palasts. Ein unpassender Name war es, da die Jahreszeit der Ernte und der Sonne der schneidenden Kälte eines besonders bitteren Dusas gewichen war. Der im Dreiländereck von Estorea, Phaskar und Neratharn erbaute Palast war der Sitz der Konkordanz außerhalb von Estorr und ein Symbol für deren Größe und Stärke.
    Herine Del Aglios, Advokatin der Estoreanischen Konkordanz, wanderte so beschwingt, wie sie es wagte, über den trügerischen Boden. Paul Jhered und Arvan Vasselis, die sie in die Mitte genommen hatten, boten sich als willkommene Stützen an. Wo Herines kniehohe Pelzstiefel ausglitten, zertraten die mit Metall verstärkten Stiefel der Männer den Reif. Alle drei hatten sich in dicke Wollmäntel im Grün der Konkordanz gehüllt, die mit dem weißen und goldenen Pelz der tundarranischen Berglöwen abgesetzt waren.
    Der Himmel war schiefergrau und verhieß ausgiebige Schneefälle. Herine schauderte. Am dunklen Abend wäre der kurze Weg von der Primatkammer bis zum Kreuzgang des Palasts außerordentlich unangenehm gewesen. Jhered schien sich über ihr Unbehagen zu amüsieren. Sie blickte zu seinem Gesicht hoch. In den eisblauen Augen funkelte eine kaum verhohlene Belustigung. In den Haaren seiner großen Nase und den dicken Augenbrauen hingen Eiskristalle.
    »Du willst mir sicher gleich erzählen, dass man in Tundarra immer noch ärmellose Hemden unter der Toga trägt«, sagte sie, während sie sich mit ihrer behandschuhten Hand an seinem Arm festhielt.
    Jhered lachte. »Nicht ganz«, sagte er. »Ich wollte nur daran erinnern, wie empfindlich der durchschnittliche Estoreaner ist. Was übrigens auch für die Caradukier gilt.«
    Vasselis, der auf der anderen Seite ging, schnaubte. »Im Eis würde ich mit bloßer Brust länger überleben als du, Jhered. Der Süden meines Landes ist so öde wie eine Gebirgsspitze in dem deinen, sobald der Dusas beginnt.«
    »Hört euch doch nur an, wie ihr redet, ihr zwei«, sagte Herine kopfschüttelnd. »Ihr führt euch auf wie die Schuljungen. Macht das ja nicht in der Primatkammer. Neben allem anderen sollen nicht auch noch eure Ernennungen infrage gestellt werden.«
    »Aber du wirst doch auf sie hören, Herine?«, fragte Jhered. »Ihre Bitten, vorsichtig zu sein und langsam vorzugehen, sind mehr als dummes Geblök.«
    Herine stieß zwei Dampfwölkchen aus ihren Nasenlöchern aus. »Ja, und wie die Schafe auf den Feldern hören wir sie Tag für Tag, ohne dass sich die Geräusche ändern.« Sie lenkte ein wenig ein. »Aber ja, ich werde zuhören, und natürlich werde ich tun, was ich kann. Meine Pläne werde ich allerdings nicht ändern. Die Zukunft der Konkordanz muss gesichert sein.«
    »Das wünschen wir alle«, stimmte Vasselis zu. »Nun ja, fast alle.«
    Wieder kicherte Jhered. »Höre ich da
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