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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn
Autoren: Stross Charles
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Bark ankommt. Schließlich dauert es rund siebenhundert Jahre, um dorthin zu gelangen, und diese anderen Pionierschiffe haben erst vor kurzem auf interstellare Reisegeschwindigkeit beschleunigen können.
    Hier einige Anmerkungen zu Sternenschiffen: Wir haben sie gebaut, weil unsere Schöpfer uns sagten: »Das Sonnensystem ist so klein, dass wir uns darauf nicht beschränken dürfen.« (Was ja auch stimmt, sieht man mal davon ab, dass es darin acht große Planeten gibt, mehr als dreißig Zwergplaneten, einige Hundert Monde. Ganz zu schweigen von der unbedeutenden Tatsache, dass schon der eine Planet, den die Schöpfer umzuwandeln begannen, sie bis zu ihrem Aussterben mehr als auslastete.) Und so wurde vor mehreren Hundert Jahren eine riesige, von verschiedenen Regierungen betriebene Raumfahrtorganisation geschaffen, um Mittel und Wege zur Raumbesiedelung zu finden. Auch wenn unsere Schöpfer bis heute nicht wiederauferstanden sind und wir nach wir vor nicht recht wissen, wie man eine Biosphäre schafft, in der sie leben könnten, schickt man Sternenschiffe aus, um weit da draußen Städte zu bauen und sie mit Inneninstallationen auszustatten. Auf diese Weise treiben wir die Besiedlung und Eroberung der Galaxie als Platzhalter für unsere Schöpfer voran.
    So viel zu falsch gesetzten Prioritäten …
    Die Bark ist ein etwa zweitausend Meter langer und vierhundert Meter breiter Hohlzylinder voller Eis. Wenn die Zeit zum Aufbruch gekommen ist, werden die Solarkraftwerke in der Umlaufbahn des Merkur ihre tödlichen Strahlen auf die Antenne am Heck des Schiffes richten: Mikrowellen in der Stärke von rund zehntausend Gigawatt. Das entspricht in etwa einer stündlichen Nuklearexplosion, die Megatonnen von Energie freisetzt. Die Bark wird diese Energie dazu nutzen, einen Teil des Eises in ihrem Hohlzylinder sehr stark zu erhitzen, und das Schmelzwasser achtern in den Raum ablassen. Das hat zur Folge, dass sie nur langsam
beschleunigen und einen ganzen Monat dazu brauchen wird, sich aus Eris’ schwacher Gravitationssenke zu lösen. Allerdings wird sie stetig weiter beschleunigen, jahrelang, jahrzehntelang. Je mehr Eis schmilzt und sich in den Raum ergießt, desto mehr Tempo wird sie machen. Und wenn die Strahlenenergie des Starts schließlich verbraucht ist, wird sie zehn- oder zwanzigmal schneller durch den Raum sausen als die Ikarus . So schnell, dass sie das Sonnensystem in ein paar Wochen von einer Seite zur anderen durchqueren kann. Und danach wird sie mehrere Hundert Jahre durch den interstellaren Raum treiben …
    Zur Veranschaulichung Folgendes: Nehmen wir mal an, die Entfernung zwischen der Erde und der Sonne betrage einen Zentimeter. Nach diesem Maßstab umkreist Merkur die Sonne im Abstand von zwei Millimetern (so dass man meinen könnte, sie müsse ihn verschmoren), während Jupiter sechs Zentimeter davon entfernt ist. Wenn man die Arme ausstreckt und die Fingerspitzen aneinander legt, werden sie in etwa die Kreislaufbahn von Eris umfassen, die zu erreichen mich so viele Jahre gekostet hat. So weit alles klar?
    Nun ja, nach diesem Maßstab ist Proxima Centauri, der Stern, der uns am nächsten liegt, zweitausendfünfhundert Meter entfernt. Doch unser Ziel ist Tau Ceti, und das ist dreimal so weit.
    Wisst ihr noch, was ich über den langsamen Modus gesagt habe? Auf Sternenschiffen fährt die Mannschaft den Betriebsmodus um das Fünfzig- oder Hundertfache herunter, und trotzdem braucht sie nach subjektiver Zeitrechnung Jahre, um ans Reiseziel zu gelangen. Und was die Siedler betrifft …
    Wenn sich die Bark Tau Ceti nähert, wird sie ein M2P2-Segel einsetzen und den Solarwind für das Bremsmanöver nutzen. Das kann die Mannschaft nur mit Hilfe eines Fusionsreaktors bewerkstelligen. Deshalb die Megatonnen Eis an Bord – sie dienen als Arbeitsmedium für die Radiatoren der Fusionsanlage. Beim Abflug beträgt die Masse des Sternenschiffs etwa zwei Milliarden Tonnen, bei der Ankunft weniger als zehn Megatonnen. Und es befördert Zehntausende von Siedlern, mehrere Millionen Seelenchips
und Baupläne für höchst spezialisierte Experten, ganz zu schweigen von ein bis drei Produktionsanlagen für künstliche Intelligenzen. Denkt bei der Besiedelung des Raums bloß nicht an heroische Alleskönner, die – ausgerüstet mit Greifarmen und unbeirrbarer Entschlossenheit – aus grobem Felsgestein einen neuen Planeten hauen. Nein, man braucht Hunderttausende von Spezialisten dazu, eine Zivilisation zu schaffen und zu erhalten,
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