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Die Katze riecht Lunte

Die Katze riecht Lunte

Titel: Die Katze riecht Lunte
Autoren: Rita Mae Brown
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der Versammlung gestern Abend«, hielt Tucker, die stets Folgsame, ihr vor.
    »Hihi.« Mrs Murphys Schnurrhaare schnellten nach vorn.
    Susan ging zu ihr und kraulte sie am Ohr. »Du warst der Hit auf dem Ausschuss.«
    »Apropos, war Archie nicht eine Nulpe?« Mrs Hogendobber, die über sechzig war, ihr genaues Alter jedoch verschwieg, benutzte gern Ausdrücke aus ihrer Jugend.
    Harry lachte. »Nulpe? Der war ein komplettes Arschloch.«
    »Seien Sie nicht so vulgär, Harry. Das ist das Problem mit euch jungen Leuten. Fluchen verrät einen Mangel an Fantasie.«
    »Sie haben recht.« Harry lächelte. »Sagen wir lieber, Archie war mit Schaum gekrönt.«
    »Mundschaum oder Meerschaum?« Susan küsste Murphy auf den Kopf.
    »Das hab ich gern«, schnurrte Murphy.
    »Wieso Meerschaum?«, fragte Mrs Hogendobber. »Was ist das eigentlich genau?«
    »Weiß ich nicht. Hat sich halt schön angehört.« Susan lachte über sich selbst.
    »Auf zum Lexikon, Mädels.« Miranda zeigte auf den alten Webster. Der blaue Leineneinband war blank gerieben, an den Ecken kam die Pappe durch.
    Susan setzte sich an den Tisch und blätterte. Die Orangenteilchen vor ihrer Nase riefen nach ihr. Sie langte noch einmal zu. »Meerschaum, Mineral von reinweißer Farbe. Wird zur Herstellung von Pfeifen verwendet.«
    »Man lernt nie aus«, staunte Miranda.
    Reverend Herbert Jones schritt zum Schalter, auf dessen anderer Seite sich die drei Damen befanden. »Ich rieche, rieche Orangenduft.«
    »Kommen Sie.« Harry hob die Trennklappe.
    Er nahm sich ein Orangenteilchen. Pewter aß eins, als niemand hinsah. Danach war die Katze so vollgefressen, dass sie sich nicht mehr rühren konnte. Die Menschen wunderten sich, dass Pewter gar nicht bettelte, bis Miranda die Orangenteilchen zählte.
    »Susan, haben Sie vier Stück gegessen?«
    »Drei.«
    »Ah-ha.« Miranda warf der Katze einen strengen, vorwurfsvollen Blick zu.
    Er blieb ohne jede Wirkung.
    »Diese ganze Wassergeschichte beunruhigt mich.« Herb leckte sich die Finger ab, dann fand er eine Serviette. »Ich weiß nicht, warum Archie sich so aufführt. Die alte Studie ist ihm seit Jahren bekannt.« Er hob plötzlich die Stimme. »Die diversen Naturschutzgruppen im Bezirk stecken dahinter. Allerdings gibt es dringlichere politische Anliegen.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel eine neue Grundschule in Greenwood.«
    »Ja, die ist wirklich wichtig«, stimmte Harry zu.
    »Dieser Fatzke, Sir H. Vane-Tempest – wenn der ein Ritter oder ein Lord oder dergleichen ist, dann bin ich Johannes der Täufer -« Herb zog eine Augenbraue hoch. »Der ist zu mir gekommen und hat mich abgekanzelt, weil ich zu viel Blech an meiner Feldmütze habe.«
    »Was?« Die drei Frauen starrten ihn an.
    »Ich Idiot habe mich breitschlagen lassen, bei diesem Reenactment mitzumachen. Also, Mädels« – er nannte sie immer Mädels, und es war zwecklos, darauf hinzuweisen, dass dies vielleicht nicht erwünscht war –, »ich bin nicht darauf versessen. Ich habe mich bereit erklärt, weil die Truppe noch nicht vollzählig war. Er will mich aber hundertprozentig perfekt haben. Er sagt, ein echter Soldat hätte nie so viel Blech an der Mütze, weil er dann bloß mehr zu putzen hätte.«
    »Was haben Sie denn alles an Ihrer Mütze?«, fragte Miranda.
    »VA 1st – die Bezeichnung meines Regiments –, und er hat gesagt, ich bräuchte einen Nackenschutz; das ist ein Stück weißes Leinen, das auf die Mütze geknöpft wird. Er sagte, es könnte heiß werden, und ein echter Soldat würde sich vor der Sonne schützen wollen. Ich sagte ihm, ich hätte schon genug Geld ausgegeben, und wenn ich nicht hundertprozentig perfekt sei, dann sei das eben Pech. Er hat geschnaubt vor Wut. Schließlich habe ich ihm gesagt, er sei ja nicht mal Amerikaner und, noch schwerwiegender, nicht aus Virginia, und er hätte einem hiesigen Urgewächs nicht vorzuschreiben, wie es sich anzuziehen hat. Mein Urgroßvater hat im Krieg gekämpft. Seiner dagegen hat in Saus und Braus in England gelebt. Er hat noch ein bisschen rumgestammelt und gesagt, die Nationalität hätte nichts damit zu tun. Es handele sich um lebendige Geschichte.« Er schüttelte den Kopf. »Der Mann weiß mit seinem Leben offenbar nichts Besseres anzufangen.«
    »Wie ist es bei Ned?«, wandte sich Harry an Susan. »Ist er auch so besessen?«
    »Angefangen hat er wie der Reverend.« Dabei lächelte sie Herb zu. »Jetzt kniet er sich richtig rein. Was glaubst du wohl, warum ich dabei
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