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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
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betrachtete, nach einem Blick auf seine Begleiter, die ölig dunkle Wasserfläche. Durch den dichten Regen konnte er, rechts und links, als verschwommene Flecke, ein paar mit dem Heck in der Mauer festgemachte Kajiken unterscheiden, doch über sie hinaus weiter gar nichts.
    »Na, ich glaube, viel nasser als wir schon sind, können wir nicht werden«, sagte er, und fragte Louki, der ihm eben etwas über Andrea sagen wollte: »Können Sie sie auch bestimmt bei dieser Dunkelheit finden?«
    »Sie« war die Barkasse des Kommandanten, ein elf Meter langes Zehntonnenboot, das ständig an einer Boje etwa dreißig Meter vom Ufer festgemacht war. Der Maschinist, der es auch zu bewachen hatte, schlief, nach Loukis Auskunft, an Bord.
    »Bin sogar schon da«, rühmte sich der kleine Mann. »Auch wenn Sie mir die Augen zubinden, kann ich –«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Mallory hastig, »mir genügt Ihr Wort. Leihen Sie mir bitte Ihre Mütze, Casey.« Er zwängte seine Pistole in Browns Mütze, zog sie fest über den Kopf, ließ sich sacht ins Wasser gleiten und schwamm neben Louki hinaus.
    »Der Maschinist«, flüsterte ihm Louki zu, »ich glaube, der ist wach, Herr Major.«
    »Das glaube ich auch«, gab Mallory gepreßt zurück. Wieder hörten sie das kurze Geknatter leichter Maschinenpistolen, und den stärkeren peitschenden Knall einer Mauser. »Alle Leute in Navarone werden wach sein, soweit sie nicht taub oder tot sind. Bleiben Sie hinter mir, sobald wir das Boot in Sicht haben, und kommen Sie nach, wenn ich rufe.«
    Zehn, fünfzehn Sekunden vergingen, dann berührte Louki Mallory am Arm.
    »Ich sehe sie«, flüsterte Mallory. Die unklare Silhouette des Schiffes lag kaum noch fünfzehn Meter vor ihnen. Leise, unhörbar mit den Beinen und Armen das Wasser teilend, näherte er sich, bis er schattenhaft auf dem Achterdeck, dicht hinter dem Luk zum Maschinenraum, einen Mann stehen sah, der unbeweglich nach der Festung und der Oberstadt blickte. Er umschwamm das Heck der Barkasse und kam an der anderen Seite, im Rücken des Soldaten, höher aus dem Wasser. Nahm vorsichtig seine Mütze ab, zog seine Pistole heraus und hielt sich mit der Linken an dem niederen Dollbord fest. Er wußte, daß er auf zwei Meter sein Ziel nicht verfehlen konnte, durfte aber den Mann nicht niederschießen – jetzt noch nicht. Die Reling, auf diesem Schiff nur eine Verzierung, war knapp einen halben Meter hoch, doch das Aufklatschen eines über Bord fallenden Körpers hätte fast mit Gewißheit die Wachen in den Bereitschaftsstellungen an der Hafeneinfahrt alarmiert.
    »Wenn Sie sich bewegen, lege ich Sie um«, sagte er halblaut auf deutsch. Der Mann erstarrte. Er hatte einen Karabiner in den Händen.
    »Gewehr ablegen! Nicht umdrehen.« Der Soldat gehorchte. In Sekunden war Mallory aus dem Wasser und an Deck, Augen und Pistole auf den Rücken des Deutschen geheftet. Leise trat er einen Schritt vor, drehte den Revolver um, schlug zu, fing den Getroffenen auf und legte ihn, ehe er über Bord fallen konnte, möglichst geräuschlos auf die Planken. Drei Minuten später waren auch Brown und Miller sicher an Bord.
    Mallory folgte dem hinkenden Brown in den Maschinenraum, sah zu, wie er seine abgeblendete Stablampe anknipste und den großen, ölglänzenden Dieselmotor mit den sechs Zylindern in einer Reihe fachmännisch studierte.
    »Das nenne ich eine Maschine!« sagte Brown fast ehrfürchtig. »So etwas Schönes. Läuft mit jeder beliebigen Zahl von Zylindern. Ich kenne diesen Typ, Sir.«
    »Habe ich nie bezweifelt. Können Sie sie auch starten, Casey?«
    »Moment, muß nur eben mal Umschau halten, Sir.« Brown besaß die ganze gemächliche Ruhe des geborenen Maschinisten. Langsam und systematisch suchte er mit der Lampe den tadellos sauberen Maschinenraum ab, stellte die Benzinleitung an und sagte zu Mallory:
    »Hat Doppelsteuerung. Können auch von oben anlassen.«
    Ebenso pedantisch genau untersuchte er die Ruderanlage, während Mallory ungeduldig wartete. Der Regen ließ jetzt nach, nicht viel, aber genug, um die Landspitzen beiderseits der Hafeneinfahrt einigermaßen erkennen zu können. Zum zehnten Male fragte sich Mallory, ob die Wachen dort schon alarmiert sein mochten, um einen Ausbruchsversuch zu Wasser zu verhindern. Wahrscheinlich nicht, denn bei dem Spektakel, den Andrea in der Stadt entfesselte, mußten die Deutschen wohl annehmen, daß ihnen eine Flucht von der Insel überhaupt nicht möglich sei … Er beugte sich vor und berührte
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