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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
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mußte! Aber warum fand er es nicht? Dreimal schon hatte er, am äußersten Ende seines Pendelbogens, die Bambusstange weit ausgestreckt, aber der Haken kratzte nur am nackten Gestein und fand keinen anderen Anhaltspunkt.
    Und dann, beim vierten Male, als er sich die Arme beinah ausreckte, spürte er, daß der Haken faßte! Im Nu riß er die Bambusstange zu sich, ergriff das Seil, noch bevor er wieder zurückpendelte, zerrte heftig an der Signalleine und brachte sich im Rückschwung allmählich wieder ins Gleichgewicht. Zwei Minuten später, zum Umfallen erschöpft, nachdem er die achtzehn Meter an dem nassen, schlüpfrigen Seil emporgeklettert war, kroch er wie ein Blinder über den Klippenrand und warf sich, schwer nach Atem ringend, am Geländer zu Boden.
    Rasch und ohne zu sprechen, bückte sich Miller, zog Mallory die doppelte Sicherungsschlinge über die Beine vom Körper, löste den Knoten, band das Ende an Browns Seil, riß mit einem kurzen Ruck daran und beobachtete, wie die verbundenen Seile in die Dunkelheit verschwanden. In zwei Minuten hatten sie die von Brown sachkundig befestigte schwere Batterie heraufgezogen, und nach weiteren zwei Minuten, diesmal mit der größten Vorsicht, auch den Leinenbeutel, der das Dynamit, die Zünder und Sprengkapseln enthielt. Er lag nun auf dem steinernen Boden neben der Batterie.
    Aller Lärm hatte aufgehört, auch das Hämmern gegen die Stahltür über dem Tunnel. Diese Stille war unheimlicher als der Lärm, sie schien Schlimmes zu verkünden. War die Tür schon aufgeschlagen, das Schloß zerschmettert, und lauerten die Deutschen bereits auf sie in dem finsteren Tunnel, die Maschinenpistolen im Anschlag, um sie zu zerfetzen? Doch jetzt war keine Zeit, darüber nachzudenken, keine Zeit zum Abwägen dieser oder jener Chancen. Die Zeit, Vorsicht zu üben, war abgelaufen, und es galt nicht mehr die Frage, ob sie am Leben bleiben oder sterben würden –.
    Seinen schweren Colt in Hüfthöhe haltend, kletterte Mallory über das Geländer, tappte geräuschlos an den großen Kanonen vorbei und durch den Gang. Ungefähr in der Mitte des Tunnels knipste er seine Stablampe an. Kein Mensch zu sehen, die Obertür am Ende noch geschlossen. Rasch kletterte er die Leiter hinauf und horchte oben. Er glaubte gedämpfte Stimmen zu hören und ein leises Zischen an der Außenseite der dicken Stahltür, doch das konnte eine Täuschung sein. Dicht unter die Tür gebückt, um genauer zu hören, legte er die Handfläche seiner Linken gegen die Stahlplatte, zog sie aber sofort mit einem gepreßten Schmerzensschrei zurück, denn die Tür war heiß, dicht oberhalb des Schlosses beinah rotglühend. Gerade war er wieder am Fuß der Leiter angekommen, als Miller torkelnd mit der Batterie dort erschien.
    »Die Tür ist heiß wie die Hölle. Wahrscheinlich brennen die –«
    »Etwas gehört?« fuhr Miller ins Wort.
    »Ein zischendes Geräusch –.«
    »Schweißbrenner«, sagte Miller kurz. »Sie werden das Schloß herausschneiden, doch das dauert eine Weile, die Tür ist aus Panzerstahl.«
    »Wäre doch viel einfacher, sie aufzusprengen, mit Gelignit – oder was nimmt man dazu?«
    »Quatsch!« sagte Miller. »So was darf man nicht mal denken, Boß! Sympathetische Detonation ist eine komische Sache, dabei kann leicht der ganze Laden hochgehen. Fassen Sie doch bitte hier mal mit an, Boß.«
    In Sekunden war Dusty Miller wieder ganz in seinem alten Element, er vergaß alle Gefahr von außen und den Rückweg an der steilen Klippe, der ihm noch drohte. Seine Aufgabe beanspruchte ihn vier Minuten. Während Mallory die Batterie unter den mit Planken abgedeckten Boden des Munitionsaufzugs schob, quetschte Miller sich zwischen die glänzenden Laufschienen, untersuchte die eine im Hintergrund mit der Taschenlampe und erkannte am Übergang vom glattgeschliffenen zum dunkleren Metall genau, wo das gefederte Führungsrad des Aufzugs zum Stillstand kam. Davon befriedigt, holte er eine Rolle schwarzes Isolierband aus der Tasche, wickelte es an der dunklen Kante zehn bis zwölfmal um die Schiene und trat vor den Aufzug, um sein Werk zu betrachten. Die Wicklung war ganz unsichtbar.
    Schnell befestigte er mit Klebband die Enden von zwei Drähten in Gummilitze an dem isolierten Streifen, einen an jeder Seite, und zwar so, daß nur ganz an der Spitze der nackte Stahlkern freiblieb, verband diese Enden mit zwei zehn Zentimeter langen Streifen ungeschützten Drahts, die er ebenfalls, unten und oben, an dem isolierten
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