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Piesberg in Flammen

Piesberg in Flammen

Titel: Piesberg in Flammen
Autoren: Heinrich-Stefan Noelke
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Im Januar 1998
    Vor dem Fenster fällt kalter Regen, und der Wind bläst durch das Laub. Es ist viel zu warm für Anfang Januar. Im Westen dringt ein gelbes, schmutziges Leuchten aus der Wolkendecke, das noch schwärzere Wolken verheißt. Es sollte schneien, nur tut es das nicht. Ende November war es kurz kalt, doch das war es schon mit dem Winter.
    Der Junge hat sich ein paar Kissen auf die niedrige Fensterbank gelegt und hockt an der klammen Scheibe. Er ist zwölf Jahre alt und klein gewachsen für sein Alter. Er starrt nach draußen in die beginnende Dunkelheit. Alles wird schon grau. Ab und zu fährt auf der Straße ein Auto vorbei, die Reifen schmatzen in der Nässe. Sie haben ihre Lichter eingeschaltet.
    Der Junge hat sich eine Wolldecke über den Kopf gezogen. Die Heizung läuft auf schwachen Touren. Einzig die rote Lampe neben seinem Bett spendet etwas Licht. Er weiß sich allein zu Haus. Die Mutter ist nicht da. Sie ist weggefahren. Der Junge hat Angst. Er spricht nicht mehr.
    Da geht die Tür auf, und ein Mädchen stürmt herein. Sie ist achtzehn Jahre alt. Ihr Haar ist blond, sie ist groß und schlank. Gut gebaut, ihr Körper hat sich schon voll entwickelt. Körbchengröße 75 C. Sie wird dafür bezahlt, dem Jungen Gesellschaft zu leisten.
    Â»Hallo«, sagt sie mit ernster Miene und wirft die Tür zu. »Tut mir leid, ich bin etwas spät.« Sie zieht die Schuhe aus und stellt sie ordentlich neben die Tür. Die Regenjacke hängt sie an einen Haken. Sie ist kaum nass geworden. Das Mädchen hat es nicht weit von zu Hause. »Ist deine Mutter nicht da?«
    Der Junge starrt sie an. Sein Gesicht hellt sich auf, er freut sich, nicht mehr allein zu sein, aber er sagt keinen Ton.
    Das Mädchen geht zu ihm und kniet sich auf den Boden. »Na?«, fragt sie.
    Er lächelt.
    Â»Wie geht es dir? Was möchtest du heute tun? Sollen wir im Regen spazieren gehen?«
    Der Junge schüttelt den Kopf. Sie nimmt ihn mitsamt der Decke in den Arm und drückt ihn ganz doll. Er macht sich lachend frei und läuft zu seinem Bett.
    Â»Was denn? Was möchtest du tun? Du kannst nicht den ganzen Tag am Fenster hocken.« Sie geht ihm nach und fasst ihn am Arm.
    Der Junge reagiert nicht gut auf diesen Griff. Er stößt sie weg und gibt einen groben Laut von sich. Ein schroffes Brummen. Das Mädchen lässt ihn los.
    Â»Schon gut«, sagt sie. »Was willst du denn tun?«
    Er beruhigt sich und streckt eine Hand unter den Decken hervor. Darin hält er eine Puppe aus Porzellan. Ein kleines Negerkind mit Bastrock.
    Â»Für mich?«, fragt das Mädchen und nimmt das Geschenk. »Wie süß. Wo hast du das her?« Sie betrachtet die Puppe. Sie hat einen gewissen Wert. »Hast du die gestohlen?«
    Der Junge lacht jetzt wieder.
    Â»Du sollst nicht stehlen«, sagt das Mädchen und stellt die Puppe auf die Kommode. »Das bringt dir nur Ärger ein. Ich will das nicht. Ich will nicht, dass du für mich stiehlst.«
    Schon wehrt der Junge sich wieder. Er wirkt nun sehr aufgebracht und schlägt nach ihr. Das Mädchen weicht ihm aus und setzt sich auf die Fensterbank. Es stehen noch ein Schrank im Zimmer und ein Stuhl. Der Junge springt auf, tritt gegen die Wand und heult. Schließlich hockt er sich in eine Ecke des Raumes.
    Â»Sprich doch mit mir«, bittet sie den Jungen. »Komm her.« Sie streckt ihm die Arme entgegen. »Ich wärme dich.«
    Er geht zu ihr und setzt sich neben sie. Sie wickelt sich und den Jungen in die Decke ein, nimmt seinen Kopf und küsst ihn auf die Haare.
    Â»Jetzt beruhige dich doch.«
    Er tut ihr den Gefallen und kuschelt sich ganz eng an sie. Er sucht die Wärme, den Kontakt. Sie legt die Arme um ihn und liebkost ihn erneut. Da gleitet er an ihr herab und drückt den Kopf zwischen ihre Brüste, dann in ihren Schoß. Sie trägt einen Rock und eine Strickjacke. Er hält sich fest an ihr und schnappt nach ihrem Duft wie ein Ertrinkender, der kurz an die Oberfläche kommt.
    Â»Langsam«, sagt sie ernst, und: »vorsichtig«. Aber sie stößt ihn nicht fort, sondern streichelt seinen Rücken und gibt beruhigende Laute von sich. »He« und »ruhig« und »schhhh«. Sie reibt seine Schultern mit kreisenden Bewegungen, zieht ihm das Hemd aus der Hose und streichelt seine nackte Haut. Dann drückt sie ihn wieder fest an sich.
    Der Junge beginnt, ihre
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