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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
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Beeston indigniert die Brauen hochzog.
    »Sie würden Ihre Position verraten«, sagte Mallory geduldig, »und schon die erste Salve von denen würde sitzen. Geben Sie ihnen zwei Minuten, dann kriegen Sie sowieso Treffer. Ich habe allen Grund zu der Annahme, daß die Bedienung dieser Kanonen unheimlich genau zu schießen versteht.«
    »Die Marine nicht minder«, warf Ryan gelassen ein. »Auf der Sybaris hatten sie mit dem dritten Schuß zufällig eine Munitionskammer getroffen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, warum die so genau schießen, Hauptmann Mallory?« Beeston war noch keineswegs überzeugt.
    »Nach Radar«, erklärte Mallory kurz. »Haben zwei riesige Radarschirme über der Festung.«
    »Wir haben auf der Sirdar seit einem Monat auch Radar«, sagte Beeston steif. »Bilde mir ein, daß wir auch ein paar Treffer anbringen könnten, wenn –.«
    »Vorbeischießen könnten sie kaum«, bemerkte Miller breit. Sein trockener Ton war aufreizend. »Insel ist verdammt groß, junger Mann.«
    »Wer – wer sind Sie?« Beeston war erschüttert. »Was soll das heißen, zum Donnerwetter!«
    »Unteroffizier Miller.« Der Amerikaner blieb seelenruhig. »Muß aber schon ein sehr feines Gerät sein, wenn es eine Höhle in ein paar hundert Quadratmeilen Felsen herauspeilen kann.«
    Einen Augenblick blieb es still, dann murmelte Beeston etwas und entfernte sich.
    »Sie haben meinen AO gekränkt, Korporal«, sagte Ryan leise. »Der ist ganz scharf darauf, ordentlich 'reinzuballern, aber wir werden nicht gleich das Feuer eröffnen … Wie lange noch, bis wir von dem Kap da freikommen, Hauptmann?«
    »Kann's nicht genau sagen.« Er drehte sich um. »Was meinen Sie, Casey?«
    »In einer Minute, Sir, länger dauert's nicht.«
    Ryan nickte stumm. Auf der Brücke trat eine Stille ein, die durch das leise an den Bordwänden entlangrauschende Wasser und das einsame Pingen des Peilgeräts noch fühlbarer wurde. Der Himmel klarte weiter auf, der blaß leuchtende Mond mühte sich, aus einem aufreißenden Wolkenfeld ganz hervorzukommen. Keiner sprach, keiner bewegte sich. Mallory merkte, ohne hinzusehen, daß der gewaltige Andrea neben ihm stand und Miller, Brown und Louki sich hinter ihnen hielten. Inmitten der Berge Neuseelands geboren und an den Abhängen der Südalpen aufgewachsen, hatte Mallory, von Natur und in seinem ganzen bisherigen Leben ein Landmensch, sich noch nie so »zu Hause« und so am rechten Platz gefühlt wie hier. Er war mehr als glücklich – er war zufrieden. Mit Andrea und seinen neuen Freunden um sich, nach bester Erfüllung einer für unmöglich gehaltenen Aufgabe – mußte da der Mensch nicht zufrieden sein? Freilich kamen sie nicht alle heim – Andy Stevens kam nicht mit ihnen zurück – doch seltsamerweise vermochte er darüber nicht zu trauern, nur eine leise Melancholie befiel ihn … Und, als hätte er in seinen Gedanken gelesen, beugte sich Andrea jetzt näher zu ihm, ragte riesig in der Dunkelheit über ihn und murmelte: »Er müßte jetzt hier sein. Andy Stevens müßte bei uns sein. Daran denkst du doch jetzt, nicht wahr?«
    Mallory nickte lächelnd, ohne zu antworten.
    »Und eigentlich ist das kaum von Bedeutung, nicht wahr, Keith?«
    Nichts Unruhiges, kein Zweifel lag in Andreas Worten, er stellte nur die Tatsache fest.
    »Es ist durchaus nicht von Bedeutung.« Mitten in diesem Satz blickte Mallory jäh hoch. Dünn wie eine Lanze, grell rotgelb, stieß ein Flammenstrahl oben aus der Klippenwand der Festung. Sie hatten das Vorland schon umrundet, ohne darauf zu achten. Ein gewaltiges, mit schrillem Pfeifen gemischtes Donnern direkt über ihnen – Mallory verglich es im Geist mit einem Schnellzug, der brausend aus einem Tunnel kam – und dicht hinter dem Zerstörer schlug die mächtige Granate ins Wasser.
    Mallory kniff den Mund zusammen und ballte unbewußt die Fäuste. Leicht ließ sich jetzt beurteilen, wie sie die Sybaris vernichtet hatten.
    Er hörte, daß der Artillerieoffizier mit dem Kommandanten sprach, faßte aber kein Wort auf. Sie blickten ihn beide an, und er erwiderte ihren Blick, ohne sie zu sehen. Seine Gedanken schienen ganz von der Umgebung losgelöst. Was kam jetzt? Die zweite Granate? Oder erst, über das Meer weithin schallend, das Krachen des Abschusses der ersten? Oder vielleicht …? Er sah sich wieder in der dunklen, in den Fels gehauenen Munitionskammer, aber jetzt sah er dort unten Menschen, ahnungslos der Vernichtung geweihte Menschen, sah, wie die Flaschenzüge die
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