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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
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ausbrechen wollen und – sehen Sie doch, Sir, sehen Sie – da laufen sie schon!« Brown tanzte beinah in seiner freudigen Erregung, er vergaß vollkommen die Schmerzen in dem verwundeten Bein. »Er hat's geschafft, Sir, er hat's geschafft!«
    Tatsächlich! Mallory sah, daß die deutsche Patrouille ihre geschützte Position in dem Hause rechts von ihnen verlassen hatte und in breiter Kette über den Platz lief. Ihre schweren Stiefel klapperten hart auf den Kopfsteinen, sie stolperten und fielen auf dem glitschigen unebenen Pflaster. Und auf den Dächern der gegenüberliegenden Häuser sah Mallory die Strahlen von Taschenlampen hin- und herhuschen, und undeutliche Gestalten, die sich tief gebückt nach der Stelle vorpirschten, wo Andrea gewesen war, als er das große Zyklopenauge des Scheinwerfers zerschoß.
    »Die rücken von allen Seiten auf ihn los«, sagte Mallory ganz ruhig, doch er hatte die Fäuste geballt, daß ihm die Nägel in die Handflächen schnitten. Ein paar Sekunden stand er wie angewurzelt, dann bückte er sich und nahm eine Maschinenpistole vom Boden. »Er hat gar keine Chance, ich werde ihm helfen.« Jäh machte er kehrt und mußte ebenso schnell wieder stehenbleiben: Miller verbaute ihm den Weg aus der Tür.
    »Andrea hat ausdrücklich gesagt, wir sollten ihn allein lassen, er würde sich schon durchschlagen.« Miller sprach ganz gelassen und sehr respektvoll. »Keiner sollte ihm zu Hilfe kommen, unter gar keinen Umständen.«
    »Versuchen Sie nicht, mich zurückzuhalten, Dusty«, sagte Mallory betont ruhig, fast mechanisch. Er nahm kaum wahr, daß Miller vor ihm stand, denn er wußte nur eins: daß er sofort zu Andrea eilen mußte, um ihm zu helfen, so gut er konnte. Sie waren ja zu lange Kameraden gewesen, er schuldete dem lächelnden Riesen zu viel, um ihn so leicht in den Tod gehen zu lassen. Wie oft schon war Andrea ihm zu Hilfe gekommen, und mehr als einmal, wenn alle Hoffnung verloren schien … Er stemmte die Hand gegen Millers Brust.
    »Sie würden ihm nur im Wege sein, Boß«, sagte Miller eindringlich. »Und das hatten Sie doch selbst gesagt, als –.«
    Mallory stieß ihn zur Seite, schritt zur Tür und erhob die Faust, als sich zwei Hände um seinen Oberarm schlossen. Im rechten Augenblick besann er sich noch, er blickte in Loukis tiefbesorgtes Gesicht.
    »Der Amerikaner hat recht«, sagte Louki energisch, »Sie dürfen nicht hingehen. Andrea hat gesagt, Sie würden uns in den Hafen führen.«
    »Geht allein dahin«, entgegnete Mallory schroff. »Ihr kennt ja den Weg und den weiteren Plan.«
    »Sie wollen also einfach uns alle –?«
    »Die ganze Welt lasse ich zum Teufel gehen, wenn ich ihm nur helfen kann!« Mallory meinte das ernst. »Andrea würde mich nie im Stich lassen.«
    »Aber Sie ihn«, sagte Louki ruhig. »Ist es nicht so, Major Mallory?«
    »Was soll das heißen?«
    »Indem Sie nicht das tun, was er wünscht. Er kann verwundet werden, auch getötet, und wenn Sie ihm beistehen wollen und auch erschossen werden, dann wäre alles umsonst. Er würde vergeblich sterben. Möchten Sie so Ihrem Freund seine Kameradschaft vergelten?«
    »All right, all right, ich sehe es ein«, sagte Mallory gereizt.
    »So hätte Andrea es sich gewünscht«, murmelte Louki. »Jedes andere Verhalten wäre –.«
    »Sparen Sie sich die Belehrungen! Gut, meine Herren, wir wollen aufbrechen.« Er hatte sein Gleichgewicht wieder, seine leichte ruhige Art, nachdem er den urmenschlichen Trieb, loszustürzen und dem Freund zu helfen, überwunden hatte. »Wir nehmen die Höhenstraße: über die Dächer. Jeder greift mal in den Küchenherd da und schmiert sich Asche über Gesicht und Hände, aber so, daß nichts Weißes mehr am Körper zu sehen ist. Und: es wird nicht gesprochen!«
    Der fünf Minuten dauernde Weg bis zur Hafenmauer hinab – den sie auf leisesten Sohlen machten, während Mallory auch den kleinsten Flüsterversuch streng unterband – wurde ohne Zwischenfall geschafft. Sie sahen nicht nur keinen Soldaten, sondern überhaupt niemand. Die Einwohner von Navarone richteten sich klugerweise nach dem Ausgehverbot, die Straßen waren ganz menschenleer. Andrea hatte die Verfolger mehr als erfolgreich abgezogen. Mallory begann zu fürchten, daß die Deutschen ihn gefangen haben könnten, doch gerade, als sie am Hafen ankamen, hörte er wieder schießen, diesmal erheblich weiter entfernt, im äußersten Nordwesten der Stadt, im Rücken der Festung!
    Er stand auf der niedrigen Hafenmauer und
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