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Achtung Klappe

Achtung Klappe

Titel: Achtung Klappe
Autoren: Wolfgang Ecke
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Achtung Klappe

    Ich, Balduin Pfiff, bin der freundlichste, friedlichste, höflichste, entgegenkommendste, hilfsbereiteste und netteste Mensch, wenn man mich läßt!
    Jawohl, ich darf das von mir behaupten, denn schließlich kenne ich mich. Mit mir kann man Pferde, na ja, sagen wir mal Ponys, stehlen.
    Und wenn ich mich vor den Spiegel stelle, dann weiß ich, wer mir entgegenguckt: ein freundlicher, friedlicher, höflicher... hm, das hatte ich ja schon gesagt.
    Aber war es denn ein Wunder, wenn ich jetzt durcheinander war? Bei Jussuv, dem Bartzupfer, restlos durcheinander! In mir kochten gemeinsam mit dem Zorn die Wut, der Ärger und die Enttäuschung!
    Warum?
    Natürlich wegen Pinsel!
    Dabei hatte ich nur ein ganz kleines, harmloses Telefongesprächelchen geführt. Nicht länger als zehn, höchstens fünfundzwanzig Minuten.
    Als ich in die Küche zurückkam, waren sie weg — alle!
    Pinsel, diese rücksichtslose, egoistische vierbeinige Freßmaschine, hatte sie ohne Andacht und Respekt runtergeschlungen wie der Fisch den Wurm.
    Fast eine Stunde lang war ich mit der Vorbereitung dieser Köstlichkeit beschäftigt gewesen.
    Zwölf Tongolesische Fleischklößchen, bestehend aus einem Pfund Hackfleisch vom Lamm und neunzehn Gewürzen, fertig zum Braten, ruhten jetzt roh und nicht mehr herrlich duftend in seinem Hundemagen. Ich dagegen stand da und wußte nicht, wohin mit dem vielen Wasser, das mir, angesichts des bevorstehenden Genusses, im Munde zusammengelaufen war.
    Den Kopf auf den lang ausgestreckten Vorderpfoten, lümmelte er in seiner Ofenecke und schielte mich mehr neugierig als schuldbewußt mit dem linken Auge an. Das rechte hielt er unverschämterweise geschlossen.
    „Im Kühlschrank liegen Kalbsknorpel und Ochsenmaulsalat!“ schnauzte ich abwärts. „Das wußtest du doch, du verfressene Raupe! Hast du schon mal erlebt, daß ich deinen Ochsenmaulsalat oder deine Kalbsknorpel gefres... gegessen habe? Mußtest du auch gleich alle auf einmal vernichten? Hätten nicht ein bis zwei Fleischklößchen gereicht? Soll ich dir was sagen, Hund? Bei mir bist du unten durch! Mit der Liebe ist es aus und vorbei!! Von mir aus kannst du sehen, wo du bleibst!“

    Ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen, das würde ihn sicher treffen, dachte ich und gratulierte mir innerlich zu meiner Strafpredigt.
    Aber ich irrte!
    Pinsel stieß einen Grunzlaut des Behagens aus, schloß auch das linke Auge und kippte zur Seite.
    Mir verschlug es die Luft.
    „He“, fauchte ich, „noch rede ich mit dir, sieh mich gefälligst an!“
    Blobb-blobb-blobb murmelte sein Stummelschwänzchen leise auf den Teppich, während er mir ein letztes zufriedenes Blinzeln schenkte.
    „Wir reden weiter, wenn du wieder munter bist! Aber dann sollst du dein blaues Wunder erleben!“ drohte ich. Beim spinnebeinigen Bonifatius, irrte ich, oder hatte Pinsel eben wirklich die linke Oberlippe zum Lächeln verzogen?
    Ich ließ mich in meine Sofaecke fallen und überlegte, ob ich auf Grund dieses unerwarteten Ereignisses einen Diättag einlegen oder mit dem restlichen kalten Schweinebraten vorliebnehmen sollte.
    Ich könnte ein paar Gürkchen dazu essen, Toastbrot, eine Schale Salat, ein paar hartgekochte Eier eingerahmt von einer Handvoll Lachs. Das Ganze ließe sich noch mit einem Literchen eisgekühlter Buttermilch abrunden und wäre ein gewisser Ersatz... was heißt Ersatz, das wäre nicht nur Ersatz, das wäre ein Gedicht für sich. Ach, Balduin, nickte ich mir zu, was wäre ich ohne mich...
    Mit Gurke-, Salat-, Eier- und Lachsgeschmack auf der Zunge sprang ich auf, um den Marsch zum Kühlschrank anzutreten, doch: „Es kann der Brave nicht zur Küche streben, wenn fremde Finger auf der Klingel kleben!“
    Rrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr...
    Oh, wie ich diese Dreimeterfünfzigklingler haßte! Die Tür bleibt zu! beschloß ich. Meinetwegen konnte er oder sie klingeln, bis ihm oder ihr Hornhaut auf der Fingerkuppe wuchs.
    Hm, vielleicht klingelte er oder sie mit dem Stock?
    Rrrrrrrrrrrrrrrr... Rrrrrrrrrrrrrrrr... Rrrrrrrrrrrrrrrr...
    Ja, das klang in der Tat nach Stock! Ein menschlicher Finger würde doch viel mehr Rücksicht nehmen.
    Hatte ich es nötig, Stockklinglern zu öffnen?
    Ja, ich hatte es nötig! Schon allein, um ihm oder ihr meine Meinung zu sagen.
    Diese Art von aufdringlichem Klingeln glich einer unverschämten Zumutung! Schließlich war ich weder taub noch schwerhörig. Erst der Jammer mit den Tongolesischen Fleischklößchen und nun auch noch
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