Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
mit Ausnahme der Mannschaft einer Seeräuberdschunke aus der Biasbucht, bei deren Fang er als sehr junger Offizier auf der Flottenstation in China mitgewirkt hatte. Er sah sie sich jetzt genauer an, wobei er weiter an seinem Bart zupfte. Es steckte doch mehr hinter ihrem ruppigen Äußeren. Er hätte keinen Wert darauf gelegt, etwa mit der Aufgabe betraut zu werden, diese Burschen in freier Wildbahn gefangenzunehmen. ›Gefährliche, äußerst gefährliche Leute‹, simulierte er. Und dabei ließ sich kaum erklären, inwiefern sie gefährlich waren. Sie standen da so ruhig, aber trotz ihrer Gelassenheit so ungeheuer wachsam, daß es ihm etwas ungemütlich wurde. Jensen hatte sie als seine »Henkersknecht« bezeichnet, und Kapitän Jensen verstand offenbar, seine Leute richtig auszuwählen …
    »Falls einer von den Herren unter Deck gehen will«, schlug er vor, »heißes Wasser ist massenhaft da, auch trockenes Zeug und – warme Kojen, die wir heute nacht sowieso nicht benutzen.«
    »Verbindlichen Dank, Sir«, sagte Mallory, und setzte zögernd hinzu: »Wir möchten gern noch den Abschluß sehen.«
    »Schön, dann bleiben Sie also auf der Brücke«, erwiderte Ryan heiter. Die Sirdar nahm wieder mehr Fahrt auf, das Deck klopfte unter ihren Füßen. »Natürlich auf Ihre eigene Gefahr.«
    »Wir sind untötbar«, sagte Miller breit, »uns stößt nichts zu.«
    Es regnete nicht mehr, sie konnten jetzt zwischen dem aufreißenden Gewölk die Sterne kühl funkeln sehen. Mallory blickte nach allen Seiten, er sah Maidos breit an Backbord liegen und den massigen Felsklotz Navarone an Steuerbord vorbeigleiten. Achteraus, in etwa dreihundert Meter Entfernung, sah er, noch unklar, zwei weitere Schiffe, hoch auflaufende Bugwellen weißlich vor den noch düsteren Silhouetten.
    »Keine Transporter, Sir?« fragte er.
    »Nein, keine.« Ryan empfand es ebenso peinlich wie angenehm, daß dieser Mann ihn mit »Sir« anredete. »Nur Zerstörer. Bei diesem Unternehmen heißt es zack, 'ran und 'runter von der Insel, da können wir heute nacht keine Trödler gebrauchen. Wir sind sowieso schon verspätet.«
    »Wie lange wird die Übernahme der Truppen dauern?«
    »Eine halbe Stunde.«
    »Was? Zwölfhundert Mann?« Das konnte Mallory nicht glauben.
    »Mehr noch«, seufzte Ryan. »Die halbe Einwohnerschaft möchte auch mit uns abhauen. Auch so würden wir es in einer halben Stunde schaffen, aber wahrscheinlich dauert's doch etwas länger, weil wir von der Ausrüstung soviel wie möglich mitnehmen wollen.«
    Mallory nickte. Er betrachtete den schlanken Leib des Zerstörers. »Wo wollen Sie die bloß alle unterbringen, Sir?«
    »Begreifliche Frage«, gab Ryan zu. »Die Londoner Untergrundbahn um fünf Uhr nachmittags wird äußerst gemütlich sein im Vergleich zu uns. Aber irgendwie verstauen wir schon alles.«
    Wieder nickte Mallory, der über das dunkle Meer nach Navarone blickte. Zwei Minuten noch, höchsten drei, dann mußte hinter dem Vorgebirge der Schlund der Felsfestung in Sicht kommen. Er fühlte eine Hand auf seinem Arm, drehte sich um und lächelte, denn neben ihm stand der kleine Grieche mit den traurigen Augen.
    »Nicht mehr lange, Louki«, sagte er gelassen.
    »Aber die Leute, Herr Major? Die Leute in der Stadt – wird denen nichts passieren?«
    »Nein, denen geschieht nichts. Miller hat mir erklärt, daß das Felsendach über der Höhle senkrecht in die Luft fliegen wird und fast die ganze Bescherung ins Hafenbecken fällt.«
    »Ja, aber die Boote?«
    »Hören Sie auf mit Ihren Sorgen! Es ist doch kein Mensch irgendwo an Bord – Sie wissen doch, daß nach Zapfenstreich jeder aus dem Hafen verschwinden muß.« Er drehte sich um, da ihn wieder jemand am Arm berührte.
    »Hauptmann Mallory, hier ist Oberleutnant Beeston, mein Artillerieoffizier.« Ryan sprach so kühl, daß Mallory den Eindruck hatte, er sei dem Artillerieoffizier nicht besonders gewogen. »Oberleutnant Beeston macht sich Sorgen.«
    »Allerdings macht er das!« Beeston sprach kalt, unpersönlich und ein wenig arrogant. »Wie ich höre, haben Sie dem Kommandanten geraten, bei Beschuß kein Gegenfeuer zu geben?«
    »Sie sprechen ja wie der Nachrichtenansager im Rundfunk«, sagte Mallory, »aber Sie haben recht gehört. Ich habe das gesagt. Sie können nämlich die Kanonen nur mit dem Scheinwerfer entdecken, und das wäre verhängnisvoll. Dasselbe gilt für Geschützfeuer.«
    »Muß bedauern, aber das verstehe ich nicht.« Man konnte fast im Dunkeln erkennen, daß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher