Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
übermenschlichen Rucke Mann und Stein von der Mauer gerissen, beide verschwanden in der Tiefe.
    »Was war das?« frug es vom Garten her.
    Mit einem Sprunge stand der Pater im Gärtchen.
    »Er ist von der Mauer gestürzt.«
    »Mein Gott!« rief Holmers.
    »Leise!« gebot der Pater. »Jedenfalls hat man den Ruf gehört. Wir müssen schleunigst retiriren. Kommt!«
    Sie eilten in den Gang zurück, nahmen den Schmied und den Steuermann auf und schlüpften hinaus auf die Wendeltreppe. Der Pater verschloß die Thür.
    »Geht hinab zu den Zweien! Ich hole die Andern.«
    Er stieg die Wendeltreppe vollends empor und über die Plattform in das Gefängniß Magda’s. Diese hatte sich wieder erholt.
    »Wo ist der Prinz?« frug Kurt.
    »Todt!«
    »Todt? Ah! Wie?«
    »Er wollte über die Mauer entkommen, gerade an der Stelle, wo Sie ihn belauschten, und ist hinabgestürzt.«
    »Heiliger Himmel!« rief der junge Mann entsetzt.
    Auch des Paters Angesicht war blaß wie der Tod, aber er beherrschte sich.
    »Kommen Sie schnell! Man könnte etwas gehört haben und uns verfolgen. Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    »Aber Magda, und dieser feuchte, kalte und schmutzige Gang!« meinte besorgt der General.
    »Ich werde sie tragen. Vorwärts!« sprach Kurt.
    Er nahm das nicht widerstrebende Mädchen auf die Arme und schritt voran. Die Andern folgten. Der Pater ging zuletzt und verschloß die Bilderthür hinter sich. Sie gelangten bis in die Brunnenstube. Als sie dieselbe passirt hatten, gebot der Pater Halt. Er bat Holmers, ihm zu helfen. Beide rissen hinter sich die Steinplatten des Fußbodens auf und ließen sie in den Brunnen fallen.
    »So, nun sind wir sicher. Nun kann man uns nicht folgen,« meinte er, indem er die Thür zuwarf. »Jetzt laß mich wieder voran!«
    Als sie die Stelle erreichten, wo sich der Gang thellte, wandte sich der Pater an Kurt zurück:
    »Nehmen Sie Karavey und eine Laterne, und tragen Sie die Dame bis dahin, wo Kunz den Vogt bewacht. Wir bedürfen Ihrer nicht.«
    Die beiden Genannten folgten dieser Weisung. Die Uebrigen folgten dem Führer in den dunklen Gang hinein.
    Auch dieser führte eine Zeit lang eben fort, und verwandelte sich dann in eine Treppe, welche auf zwei Gänge mündete.
    »Warten Sie hier,« bat der Pater. »Gerade aus geht es in das Kloster der Mönche. Ich muß einmal rekognosziren, ob wir vor Störungen sicher sind. Holmers mag mich begleiten. Verbergen Sie die Laternen, und bleiben Sie im Finstern. Sollte Jemand von links herkommen, so halten Sie ihn fest. Dies ist der Gang, auf welchem die Herren Patres die frommen Schwestern besuchen.«
    Er verschwand mit Holmers in dem dunklen Stollen. Die Uebrigen mußten lange warten, bis er zurückkehrte. Er sagte ihnen, daß sie ungestört sein würden, und führte sie dann links in den Gang hinein.
    Dieser war breiter und bequemer gehalten als bisher, und von Zeit zu Zeit kam man an eine Nische, in welcher eine Bank stand.
    »Wozu diese Sitze?« erkundigte sich Walmy.
    »Hier pflegen die Patres von den Schwestern Abschied zu nehmen.«
    Nach längerem Wandern sahen sie am Boden ein mit Wasser halb gefülltes Holzgefäß stehen. Daneben lag eine Kette.
    »Wozu dies?« frug der General.
    »Warten Sie!«
    Er setzte seine Laterne auf den Boden nieder und verschwand in dem Gange. Nach vielleicht zehn Minuten kehrte er wieder.
    »Dort geht es nach dem Frauenkloster. Ich mußte mich auch da überzeugen, ob wir sicher sind.«
    »Sind wir es?«
    »Ja.«
    »Also dieser Wasserkübel und diese Kette?«
    »Wir stehen vor den geheimen Gefängnissen.«
    »Ah!«
    »Suchen Sie einmal nach den Thüren!«
    »Man sieht keine.«
    »Treten Sie hier weg, und passen Sie auf!«
    Er bückte sich und nahm einen kleinen Stein aus dem Fußboden. Es kam das Ende einer eisernen Stange zum Vorscheine. Er drückte dieselbe seitwärts, und sofort öffnete sich vor ihnen eine schmale Bohlenthür, welche an ihrer Außenseite mit einem täuschend nachgemachten Felsen bekleidet war. Ein fürchterlicher penetranter Geruch strömte ihnen aus dem Loche entgegen, welches hinter dieser Ilür lag. Als der Pater hineinleuchtete, erblickten sie eine in Lumpen gehüllte menschliche Gestalt, die an eine Kette gefesselt am Boden lag. Ein halb zerbrochener Wasserkrug stand neben dem Bündel faulen Strohes, welches als Lager diente.
    »O mein Gott!« rief der General. »Soll das ein Mensch sein?«
    Die Gestalt erhob sich von dem Boden. Zwei dunkle unheimliche Augen stierten aus einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher